Vier Jahre Hartz IV: „Das machen die Herren selbst, dass Ihnen das Volk Feind ist“ (überliefert aus den Bauernkriegen)
Bericht vom heutigen Gespräch zwischen der ARGE Bochum und den Beratungsstellen
Vorbemerkung:
Das Gespräch war überschattet von unserer Pressemitteilung (1) über einen NRZ-Artikel mit Zitaten des ARGE-Geschäftsführers Torsten Withake, nach dem Withake KünstlerInnen mit Hartz IV-Ergänzung möglichen Betrug unterstellte. Das Misstrauen in der BeraterInnenszene ist ebenso gross wie bei den Betroffenen selbst – dies um so mehr, als ein grosser Teil der BeraterInnen selbst Hartz IV-betroffen ist und immer wieder selbst mit Ärgernissen konfrontiert ist – immer wieder ein guter Motivationsschub für eine gute Beratungsarbeit. Und ein Nährboden für die Vermutung, dass es neben den bekannt werdenden Unregelmässigkeiten eine hohe Dunkelziffer gibt.
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Seitens der ARGE wird eingestanden, dass es gehäuft in einzelnen Teams zu sachlichen Fehlern und persönlichem Fehlverhalten kommt – Betroffene raten schon mal gerne, ob Nord oder West gemeint ist. Wenn aber bereits die Behördenleitung öffentlich Selbständige als „Betrüger“ verunglimpft, die ja keinen Cent mehr oder weniger haben wollen, als ihnen mit dem Regelsatz von 351 Euro gesetzlich zusteht, kann man sich vorstellen, wie der „einfache Sachbearbeiter“ mit seinen „Kunden“ spricht, wenn kein Journalist daneben sitzt.“
Die Unabhängige Sozialberatung verlangt eine umgehende öffentliche und grundsätzliche Entschuldigung des Geschäftsführers, nicht nur in dieser Angelegenheit, sondern auch in Bezug auf das Drängen in Dumpinglöhne und das Verhängen von unberechtigten Sanktionen.
In diesen und anderen Fällen fordern wir auch eine Wiedergutmachung und Entschädigung über den entstandenen materiellen Schaden hinaus.
Zum Gespräch ARGE- Beratungsstellen haben wir ein umfangreiches Papier mitgebracht – neben einer „Einschätzung der Lage“ nach vier Jahren Hartz IV enthält es eine Liste von 13 Forderungen. Hier nur einige exemplarische:
Das leidige Thema Heizkosten:
In der Zeit vor Februar 2008 hat die ARGE in einer Vielzahl von Fällen die Betroffenen um einen Teil der Heizkosten geprellt. Die ARGE muss ihrer rechtlichen Pflicht nachkommen und diese Schäden von sich aus korrigieren. Andernfalls wir die Rechtsaufsicht bemühen werden.
Wir fordern: Alle Bescheide der Vergangenheit müssen überprüft werden. Der Schaden muss ausgeglichen werden.
Wohngemeinschaften schlecht behandelt
In der Vergangenheit wurden Wohngemeinschaften platzmässig behandelt wie Bedarfsgemeinschaften. Das war nicht rechtens, sagt das Bundessozialgericht. Wir fordern Überprüfung aller zurückliegenden Bescheide und Wiedergutmachung, hier einschliesslich des immateriellen Schadens durch unerträglich enge Wohnverhältnisse!
Versicherungspauschale (30 Euro): in der Vergangenheit liess die ARGE den Abzug bei verschiedenem Einkommen nur bei Nachweis einer Versicherung zu . Das BSG sieht das anders. Wir fordern: Überprüfung aller zurückliegenden Bescheide und Wiedergutmachung!
Dumpinglöhne: Wir fordern, dass alle Träger überprüft werden, insbesonders aber das Verhältnis zu jenem Träger, der versucht hatte, eine von ihnen abhängige Betroffene in ein Dumpinglohnverhältnis zu pressen. Zu prüfen wären hier auch strafrechtliche Konsequenzen.
(1) www.bo-alternativ.de/2009/03/23/der-arge-chef-und-der-betrug/
13 Forderungen an die ARGE Bochum (23. März 2009)
Zwar haben wir auf unsere letzte Themenliste (s. www.bo-alternativ.de/2008/09/24/arge-bo-kundenservice-lernen-vom-4-sterne-hotel/ ) keine Antwort, geschweige denn Taten zu sehen bekommen, zuvor auch höchstens eine hingeschluderte und Missachtung ausdrückende „Erledigungsliste“. Trotzdem wollen wir an dieser Stelle die ARGE Bochum mit unseren Forderungen konfrontieren. Diese Aufstellung wird auch an die Politik und weitere interessierte Kreise weitergeleitet, in der Hoffnung, dass sich möglicherweise gemeinsam etwas erreichen lässt.
1. In keinem Bereich der Sozialgesetzgebung wird derart schäbig mit den Menschen umgegangen wie im Rechtsgebiet SGB II.
Das liegt nicht nur an den Härten des Gesetzes selbst, sondern auch an seiner Umsetzung.
In anderen Bereichen (Kranken-, Rentenversicherung …) haben es die Ratsuchenden zu tun mit gut und in die Tiefe ihres Fachbereiches ausgebildeten „Sofas“(keinesfalls Schlafmöbel, wie mancheR meinen könnte, sondern Sozialversicherungsfachangestellte). Die kommunale Verwaltungsausbildung ist hingegen sehr in die Breite angelegt.
Im SGB II-Bereich kann der Eindruck entstehen, Geschäftsführung, Trägerschaft und Bundesregierung seien der Meinung, bei der SGB II – Sachbearbeitung handele es sich um eine einfache anzulernende Hilfsarbeitertätigkeit. Verwaltungsangestellte mit teils fraglicher Grundqualifikation werden von KW-Stellen irgendwelcher Ämter – zunächst irgendwo zwischengeparkt – an die ARGE verschoben. Wir konnten unlängst selbst erleben, wie ein ARGE-Mitarbeiter gesetzeswidrig die Entgegennahme eines Antrages ablehnte, und – darob belehrt und nach seiner diesbezüglichen Qualifikation befragt – antwortete, er sei zuvor „Fahrer bei der Stadt Bochum“ gewesen.
Notwendig sind hier Kenntnisse aus allen zwölf Bereichen des Sozialgesetzbuches. In Anbetracht der komplizierten und äusserst komplexen Materie, zudem noch verwoben mit BaföG, BAB, Arbeits-, Unterhalts-, Miet-, Renten-, Krankenversicherungs- usw. … Recht, ist die Schulung minimalistisch. Wiederholte Gesetzesänderungen, etwa eintausend Seiten fachliche Hinweise der BA, (einschl. Arbeitshilfen, HEGAS, WDBFI-Einträge).- das ist nicht zu schaffen, da bleibt den SBs nur noch Simplifizierung und Verrohung.
Wir halten das für eine grobe Missachtung der Mitarbeitenden der ARGE und ihres beruflichen Stolzes wie auch der Betroffenen und ihrer existentiellen Anliegen.
Die Personaldecke ist knapp. Nachgeschobenes Personal füllt nur die Lücken der durch Krankenstand oder Schwangerschaft oder sonst wie Ausgeschiedenen und der Weggewechselten. Aus Gründen der „Statistik“ liegt dabei der Schwerpunkt auf der Vermittlung, die materielle Sicherung läuft „nebenbei“.
Vier Jahre nach der Einführung des SGB II sind die Arbeitsbedingungen noch immer katastrophal, was sich nach innen u. a. in den Krankenständen widerspiegelt und nach außen u. a. in den Widerspruchsquoten sichtbar wird.
Sehr pflichtbewusste MitarbeiterInnen schieben (private) Überstunden und landen irgendwann im Burnout, weniger Pflichtbewusste stumpfen ab, werden zu Mittelklasse-SBs, die lernen, nur das zu wissen, was man ihnen sagt, keine Fragen zu stellen und alles in der Reihenfolge zu machen, in der es von ihnen verlangt wird. Also Neuanträge, Fortzahler, Listen … – und irgendwann den Rest, wenn Untätigkeitsklagen oder Stromabsperrungen oder fristlose Mietvertragskündigungen vor der Tür stehen.
Die qualitative und quantitative personelle Schwäche führt zu vielen rechtlichen Fehlern. Es findet auch keine Gleichbehandlung der Betroffenen (entsprechend ihren Ungleichheiten) statt. Die angebotenen Massnahmen sind häufig passgenau daneben. Es bleibt allein Druck und Sanktion – in Zeiten eines zunehmend selektiven und prekären Arbeitsmarktes ein Unding.
Überlastete SachbearbeiterInnen sind nicht in der Lage, ihr Qualifikationspotential auszuschöpfen. Auch die Qualität des Umgangs mit den Betroffenen muss naturgemäss darunter leiden. § 17 SGB I regelt die Qualität der Tätigkeit von Sozialleistungsträgern und ist zu beachten
Wir fordern:
Es muss ausreichend und gut qualifiziertes Personal bereit gehalten werden; der Netto-Fallzahlenschlüssel als Grundlage für die Personalbemessung muss den tatsächlichen Anforderungen entsprechen; die zur Verfügung gestellten Arbeitsmittel für die Leistungserbringung müssen dringend verbessert werden.
Die Arbeit in den ARGEn verträgt sich nicht mit prekärer Beschäftigung wie Leiharbeit und befristeten Arbeitsverträgen.
2. Auf gleicher Augenhöhe – von oben herab
Auch mit der Kranken- oder Rentenversicherung gibt es schon mal Streit. Das kann auch bis zur Sozialgerichtsbarkeit gehen. Trotzdem bleibt das Verhältnis korrekt – auf gleicher Augenhöhe. Schliesslich wissen die „Sofas“ der KV oder RV, das sie selbst möglicherweise einmal in die gleiche Lage kommen können wie das Mitglied vor ihnen, mit dem sie sich im Streit befinden.
Ähnlich ist es beim Finanzamt. Vor 40 Jahren noch mit Schrecken betrachtet, sind die KollegInnen dort heute durchaus beliebte RatgeberInnen und Hilfen. Auch sie wissen sich gelegentlich in der gleichen Situation wie der/die SteuerbürgerIn vor ihnen. Kommt es zu Problemen, sogar zu Vorwürfen strafbaren Handelns, werden die Menschen trotzdem cool und verständnisvoll behandelt, selbst wenn sie Zumwinkel heissen.
In der Sozialhilfe ist das anders. Die Menschen auf der Herrschaftsseite des Schreibtisches wissen in aller Regel, dass sie von Gottes Gnaden dagegen gefeit sind, jemals derart tief zu sinken. Gerne machen sie ihre persönliche Sicht der Welt zum Maß aller Dinge: „Früher (im Mittelalter?) haben doch auch mehrere Generationen in einem Haushalt gelebt“ oder: „Sehen sie doch mal, wie die Menschen in Japan wohnen“ usw. – unerträglich ist das!
Wie ÄrztInnen und JuristInnen fühlen sie sich wie kleine Götter oder Göttinnen, die über Leben und Tod entscheiden können. Bestenfalls ist hier Gnade zu erwarten.
Mehr haben die bittstellenden Menschen auch nicht verdient, schliesslich gibt es unter ihnen 30 – 40 % gefühlte BetrügerInnen, und ebenso viele gefühlte AusländerInnen. Und am schlimmsten die „Bedarfsgemeinschaften“! Da würde, so ARGE-Mitarbeitende, nur betrogen. Dabei gibt es keine alternative Lebensweise, die so weit verbreitet ist, wie die geschiedene Ehe. Wer das hinter sich hat, will nichts mehr wissen von „Einstehen“ und „Verflechtung“. JedeR hat das Recht, sich gegen Unrecht zu wehren, und sei es nur vermeintliches Unrecht. Selbst dann ist der Begriff „Betrug“ unangebracht.
Zum Leidwesen der ARGE-Mitarbeitenden gibt es da diese „Unterstützer-Szene“, dazu die AnwältInnen, für die ARGE-Mitarbeitende schon mal beleidigende Worte finden (und im WDR-TV-Interview (1) übel verleumden), die Sozialgerichte aller Klassen kommen kaum besser davon.
Wir fordern: Schluss mit dieser Arroganz und Ignoranz!
3. Aufgabe der ARGE ist die Grundsicherung Erwerbsfähiger. Ein bedeutender Garant individuellen wie gesellschaftlichen Lebens in dieser Krisenzeit. Aber sie verkehrt diese Aufgabe ins Gegenteil. Sie schürt Angst und eine grundlegende Unsicherheit. „Zur ARGE kommen“ – das ist in der Vorstellung der Menschen das Schlimmste, was ihnen passieren kann. Das kommt noch vor einem Blitzeinschlag! „Guantanamo wird aufgelöst – die kommen jetzt zur ARGE“ heisst es. Und: „Hartz IV ist offener Strafvollzug“ (Prof. Götz Werner, Gründer und Inhaber der dm-Dogeriemärkte). 20 % der Menschen waren schon mal „auf Hartz IV“, 30 % weitere kennen jemanden …, sechzig % befürchten zu Recht, mindestens ein mal im Leben auch da zu landen. Angst regiert das Land. Keiner riskiert mehr etwas, kein Kind, kein Haus, nicht mal Laminat, wenn Zwangsumzug droht.
Die heutige Zeit ist gekennzeichnet durch zunehmende soziale Desintegration, individuelle Prekarisierung und Verunsicherung sowohl der Einzelnen wie auch der gesamten Gesellschaft.
Wir fordern, dass die ARGE sich ihrer Aufgabe stellt, integrierend zu wirken und eine grundlegende Sicherheit zu vermitteln.
4. AGHs in Entgeltvariante (u. ggf. weitere „Modelle“) sind zwar sozialversicherungspflichtig, allerdings unter Ausschluss der Arbeitslosenversicherung. Damit besteht die Möglichkeit, sie auch länger als ein Jahr laufen zu lassen. Das öffnet einem grauen Arbeitsmarkt mit Dumpinglöhnen Tür und Tor. Wir fordern die Abkehr von dieser Richtung und den Ersatz aller Arten von AGHs durch voll sozialversicherungspflichtige dauerhafte tarifentlohnte Tätigkeit.
5. Jugendliche – „Die ARGE Bochum will’ s wissen“ – wir auch!
Die „Kampagne“ der ARGE „Die ARGE Bochum will’ s wissen“ – „Anschreiben an jugendliche Kundinnen und Kunden“ halten wir für eine Diskriminierung von Jugendlichen im Bezug von SGB II-Leistungen. Hierbei handelt es sich um eine genuine Aufgabe der Arbeitsagentur, die auch über die hierfür notwendigen Qualifikationen, Erfahrungen, Möglichkeiten verfügt.
Im April 2007 erhielten wir von Herrn Steinrötter eine schriftliche Bestätigung, das von einer Vorladung von Jugendlichen Ü 15 abzusehen, ist, wenn eine zeitnahe Schulbescheinigung vorliegt. Das scheint im Hause nicht allen bekannt zu sein.
Wir fordern, die Diskriminierung von Jugendlichen im Bezug von SGB II-Leistungen zu unterlassen und des Weiteren hier auf die Anwendung des § 7 Abs. 4a SGB II (Residenzpflicht) zu verzichten.
6. Wir fordern zum wiederholten Male, die „Fussfesseln“ (Erlaubnispflicht für „Ortsabwesenheit“) in Eingliederungsvereinbarungen zu entfernen und es bei einem Hinweis mit der gesetzeskonformen Formulierung („ … ausserhalb .. des .. orts- und zeitnahen Bereiches ..“) zu belassen.
7. Durch eine Geschäftanweisung der BA sollen Betroffene an der Inanspruchnahme des Rechtswegs behindert werden. In Anbetracht der systembedingt grossen Fehlermöglichkeiten fordern wir dagegen eine systematische Unterstützung aller Betroffenen bei der Nutzung des Rechtswegs.
7. Die ARGE hat in der Vergangenheit systematisch Recht gebrochen, z.T., wissentlich und vorsätzlich. Gegen bestehendes Recht und gesicherte Rechtsprechung. Wir fordern: Schluss mit rechtswidriger Praxis! Wiedergutmachung für in der Vergangenheit angerichteten Schaden!
Hier eine Auswahl:
a.) natürlich die Heizkosten. Lt. einer Statistik der BA werden in Bochum sogar heute noch nur 86 % der Kosten übernommen. Wir fragen: wo bleibt der Rest? Sind es jene, bei denen zwar die neuen höheren Abschläge übernommen werden, aber nicht die Nachzahlung – immer wieder Menschen, die der deutschen Sprache weniger mächtig sind und sich das möglicherweise gefallen lassen? Sind es jene, deren Wohnung zwar grösser, aber nach der „Produktmethode“ angemessen ist, die für den „überschiessenden“ Wohnraum die Nebenkosten aus der Regelleistung zahlen sollen? Das wäre rechtswidrig. Oder wo steckt die Differenz?
Nach dem Getöse der ARGE vom 13.8. 2007 (2), wonach die „ … Praxis der Ermittlung der als im Sinne des Gesetzes angemessenen Heizkosten der ARGE Bochum rechtssicher …“ sei (alle Welt wusste es bereits besser) kam das kalte Erwachen durch Intervention der städtischen Rechtsdezernentin. Allmählich wird dem (mit Ausnahmen – s.o.) entsprochen. Angekündigt war eine Erklärung, wie mit dem Unrecht der Vergangenheit umzugehen sei. Wir warten bis heute –Nachbarstädte haben längst gehandelt.
Wir fordern: Alle Bescheide der Vergangenheit müssen überprüft werden. Der Schaden muss ausgeglichen werden.
b.) Dumpinglöhne: Wir fordern, dass alle Träger überprüft werden. Das Verhältnis zu „Jugend in Arbeit“ ist dringend zu überprüfen , ebenso das Vertragsverhältnis zu allen anderen Trägern. Im Raum steht die Veruntreuung öffentlicher Gelder und die Förderung von Lohn-Dumping. Den Betroffenen ist ein Ausgleich für den entstandenen immateriellen Schaden zu gewähren.
c.) Schluss mit den Sanktionen. Das ist ein Instrument, das nur schadet, nicht hilft. In vielen Fällen werden Sanktionen vom Gericht wieder annulliert. Wir fordern eine Wiedergutmachung für den erlittenen immateriellen Schaden.
Sanktionen grösser als 30 % sind keinesfalls zulässig. Ggf. ist mit Sachleistungen auf 70 % aufzustocken. Wird davon abgewichen, ist das ausgeübte Ermessen gerichtlich überprüfbar darzulegen. (So will es die Rechtsprechung und das Gesetz). Werden Sachleistungen erbracht, muss die Haushaltsenergie in der tatsächlich anfallenden Höhe übernommen werden, der Anteil in der Regelleistung ist massiv unterdeckend. (So will es die BA).
d.) Lex Sch. Nr. 1: Versicherungspauschale nur bei Nachweis einer Versicherung. Das BSG sieht das anders. Wir fordern: Überprüfung aller zurückliegenden Bescheide und Wiedergutmachung!
e.) Lex Sch. Nr. 2: Wohngemeinschaften werden platzmässsig behandelt wie Bedarfsgemeinschaften , es gibt nur 10 qm zusätzlich. Das BSG sieht das anders. Wir fordern Überprüfung aller zurückliegenden Bescheide und Wiedergutmachung, hier einschliesslich des immateriellen Schadens durch unerträglich enge Wohnverhältnisse!
f.) Wir erleben immer wieder, dass die Annahme von Anträgen rechtswidrig verweigert wird. Wir fordern: Schluss mit dem Instrument der „Zugangssteuerung“.
g.) Beim Thema „Übungsleiterpauschale“ als nicht anrechenbare zweckbestimmte Einnahme kommt es wiederholt zu kreativen Versuchen von SBs mit unterschiedlicher Begründung, diese Regelung zu unterlaufen.
h.) Bei Darlehenstilgungen/Überzahlungsrückforderungen (gemeint: nicht nach § 43 SGB II aufrechenbare) sind maximal 10 % der RL zulässig, sind Kinder in der BG soll es weniger sein. Die ARGE nimmt gerne bis zum Doppelten, das ist nicht zulässig.
i). In der Vergangenheit hat A2LL für untermonatliche Aufstockung einen zu geringen Freibetrag berechnet. Diesbezügliche Bescheide der Vergangenheit gehören überprüft und korrigiert.
j.) Thema „Selbständige“: auch hier schlägt die ARGE Bochum jetzt voll zu: reine Fixkosten, die unabhängig vom Umsatz zwingend anfallen, werden nicht anerkannt. Es kommt z.T. zu einer Unterdeckung von mehreren hundert Euro monatlich, das Weiterbestehen der Selbständigkeit ist bedroht. Auf Widerspruch und weitere Schreiben wird nicht reagiert.
Es ist anzuerkennen, dass bei Selbständigen die sozialrechtliche Einkommensermittlung nicht gleich sein kann der steuerrechtlichen. Fraglich ist, ob die Formulierung der ALG II-V in Einklang ist mit den Vorschriften des SGB II, ganz zu schweigen von verfassungsrechtlichen Bedenken. Beim Begriff „notwendige Ausgaben“, zudem von Ihren ahnungslosen MitarbeiterInnen kurios angewandt, stehen Ihnen Klagen ohne Ende ins Haus. Die werden wir sehr gut mit hervorragender Sachkenntnis vorbereiten.
Völlig unverständlich ist, dass bei der Formulierung des Formulars „EKS“ und der „Arbeitshilfe zur Ermittlung des Einkommens Selbständiger … “ durch die BA nicht externer Sachverstand hinzugezogen wurde. Der intern genutzte Sachverstand beruht auf lange zurückliegender anderweitiger Berufstätigkeit. Die Informationslage war (zunächst) dort nicht auf dem aktuellen Stand. Wie im gesamten SGB II-Bereich kam es auch hier zur Kreation neuer Begrifflichkeiten, die nicht kompatibel waren und sind mit anderen Rechtsgebieten, z.B. dem Steuerrecht. Die „Arbeitshilfe …“ bietet in sich die Gefahr schwerer Missverständnisse. Es kam und kommt dadurch zu Doppelanrechnungen von Einnahmen und weiteren aus sozialrechtlicher Sicht unnötigen Konflikten.
Der Anteil der (nebenberuflich) Selbständigen hat eine zunehmende Tendenz. Das ist zu begrüssen, da in Anbetracht der wirtschaftlichen Entwicklung für viele Mensche allein hier eine Möglichkeit besteht zu einer sinnvollen Lebensgestaltung und einem kleinen Zusatzeinkommen. Der durch die ARGE verursachte Stress bindet viel Zeit und Kreativität und zerstört Lebensenergien (das gilt nicht nur für Selbständige). Eine erste Beurteilung des EKS sollte ggf. gemeinsam mit dem pAp und einem externen Coach/Betriebswirt erfolgen.
k.) Kindergeld – Kinderzuschlag – Wohngeld: Hier wurde und wird regelmässig nicht bereites Einkommen angerechnet. Ja, wo sind wir denn? Da kann man sich doch nur an den Kopf packen!
§ 23 Abs. 1 SGB II bietet die Möglichkeit, hier durch ein Darlehen zu überbrücken. Davon sollte auch in anderen Fällen der Überbrückung Gebrauch gemacht werden. Für Studierende mit BaföG-Lücken wäre nach gerichtlicher Feststellung die Härteformel des § 7 Abs. 5 Satz 2 SGB II anzuwenden.
l.) Das „Bochumer Modell“ („Sofortangebot“) formuliert unzulässigerweise eine nicht spezifizierte und nicht auf die Persönlichkeit begründete Zuweisung in eine AGH (1-Euro-Job). Daran wird trotz deutlicher Hinweise unsererseits festgehalten.
Die Massenaktion „Beauftragung Dritter …“ missachtet diesbezügliche gesetzliche Vorschriften, insbesondere den Datenschutz. Auf Verlangen löschen Träger allerdings unrechtmässig in ihrem System gespeicherte Daten – ein Unding, dass das nicht grundsätzlich abgestellt wird!
m.) Formulare auf www.arge-bochum.de: ein Teil dort ist überholt und grottenfalsch. Schlaue Menschen sind immer auf dem aktuellen Stand und verlinken einfach mit:
www.arbeitsagentur.de/nn_26642/Navigation/zentral/Formulare/Buerger/Arbeitslosengeld-II/Arbeitslosengeld-II-Nav.html
(Dieser Hinweis kostet normalerweise 180 Euros und erspart ein Vielfaches davon!)
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Konsequenz:
Wir fordern einen massiven Ausbau der professionellen und finanzierten unabhängigen Sozialberatung in Bochum – in allen Bereichen der Sozialgesetzgebung besteht ein grosser und durch die wirtschaftliche Entwicklung zunehmender Beratungsbedarf. Die oben erwähnte Desintegration und Verunsicherung birgt die Gefahr des individuellen Kontrollverlusts mit der Gefahr, sich und andere zu schädigen. Der oben geforderte Umgang der Ämter mit den Betroffenen „auf gleicher Augenhöhe“ und eine solidarische Begleitung durch Beratungsstellen kann dem entgegenwirken.
Links:
(1) www.wdr.de/mediathek/html/regional/2008/08/08/aks_03.xml
Unabhängige Sozialberatung; Ecke Schmechtingstr./Josefstr. 2, U 35 Feldsieper Str., Ausgang Süd,
44809 Bochum – Tel.: 0234-460 169; Fax: 0234-460 113; Sozialberatung@sz-bochum.de
Hilfestunden: Dienstag, 16.00 – 18.00 Uhr, Donnerstag, 11.00 – 13.0 Uhr
Dipl. rer. soc. Norbert Hermann – Politik- und Sozialberatung
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