Das Kapitalanlagegesetzbuch (KAGB ) trägt einen irreführenden und täuschenden Namen, so Dr. Horst Werner ( http://www.finanzierung-ohne-bank.de/ ) bzw. eine fehlerhafte Bezeichnung, denn es ist nur ein Gesetz über alle Formen von Fonds, die lediglich eine Sparte von Kapitalanlagen darstellen. Das KAGB regelt somit nicht alle übrigen Formen von Kapitalanlagen, wie z.B. Aktien- oder Anleihe-Emissionen, Options-Emissionen, Genussschein-Emissionen etc.. Das KAGB wurde 2013 als neues einheitliches „Fondsgesetzbuch“ zur Umsetzung mehrerer EU-Richtlinien verabschiedet und ist seit dem 22. Juli 2013 in Kraft. Dadurch erhielt die gesamte Fondsbranche in Deutschland für die bereits bisher BaFin-lizensierten sogen. Investmentfonds mit insolvenzgeschütztem Sondervermögen ( früher bezeichnet als Kapitalanlagegesellschaften ) und für die bisherigen freien Fonds ein einheitlich geltendes Fondsgesetz als Ersatz für das alte Investmentgesetz.
Der Fondsbegriff des KAGB wird durch das sogen. „Investmentvermögen“ im § 1 KAGB materiell bestimmt. Unter dem Fondsbegriff ist nunmehr „jeder Organismus ( typisches Juristendeutsch ) für gemeinsame Anlagen zu verstehen, der von einer Anzahl von Anlegern Kapital einsammelt, um es gemäß einer festgelegten Anlagestrategie zum Nutzen dieser Anleger anzulegen bzw. zu investieren“. Operativ tätige Unternehmen mit einer offenen Investitionsstrategie außerhalb des Finanzsektors, deren Hauptzweck nicht das Geldeinsammeln am Kapitalmarkt ist, sind somit keine Fonds im Sinne des KAGB und bilden deshalb auch kein Fonds- bzw. Investmentvermögen. Sie sind vom KAGB ausgenommen und bedürfen keiner BaFin-Erlaubnis.
Durch die Neuregelung wurden nun alle Fonds, ob Publikumsfonds oder Spezialfonds, Wertpapierfonds oder Privatfonds einem einheitlichen Regelwerk unterstellt. Vor der letzten Lesung im Bundestag hatte der Finanzausschuss noch mehrere Änderungen am Entwurf des KAGB vorgenommen. Die Novellierung der Kapitalanlage-Vorschriften geht zurück auf die Umsetzung einer entsprechenden EU-Richtlinie – der sogen. AIFM-Richtlinie – zur europäischen Vereinheitlichung des gesamten Fonds- und Vertriebswesens. Ferner wurden die Regelungen des Europäischen Parlaments und des EU-Rates zur Koordinierung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften betreffend gemeinsame Anlagen in Wertpapieren – die sogen. OGAW-Richtlinie – in das neue Kapitalanlagegesetzbuch integriert.
Durch das KAGB wird z.B. das bisherige „Investmentgesetz“ abgelöst und insbesondere werden auch die gesetzlichen Regeln für private, außerbörsliche Fonds vom freien Kapitalmarkt, also für die klassischen geschlossenen Fonds wie die Immobilien-, Film- oder Schifffonds gesetzlich mit Zulassungsauflagen durch die Bankenaufsicht neu geregelt. Im Kapitalanlagegesetzbuch wird die Kommanditgesellschaft erstmals als neue Investmentfonds-Rechtsform zugelassen und dem klassischen Fondskonstrukt am freien Kapitalmarkt – der Fonds GmbH & Co KG – Rechnung getragen. Damit werden auch alle privaten Fondsgesellschaften unter die Kontrolle der BaFin und die Zulassungsgenehmigung durch die Bankenaufsicht gestellt. Das ist eine substantiell, qualitative Änderung, die viele als „Paradigmenwechsel“ bezeichnen. Jetzt sind nicht nur die klassischen Investmentfonds, die in börsennotierte Finanzinstrumente investieren, als OGAW-Fonds ( Organismen für gemeinsame Anlagen in Wertpapiere ) geregelt, sondern auch die (privaten) Fonds, die in nicht wertpapierverbriefte Vermögensanlagen als Sachwerte ( wie Immobilien, Schiffe, erneuerbare Energieanlagen, Windparks etc. ) investieren, als sogen. AIF-Fonds gesetzlich geregelt und unter die staatliche Aufsicht der BaFin gestellt. Insgesamt waren Änderungen von 24 Gesetzen ( z.B. des Investmentsteuergesetzes ) erforderlich und Folgeänderungen in 21 weiteren Gesetzen aufgrund des KAGB enthalten. Viele Änderungen sind lediglich eine Anpassung an die neue Terminologie des Kapitalanlagegesetzbuchs.
Das erst vor einigen Jahren neu beschlossene Investmentgesetz über die BaFin-lizensierten Investmentgesellschaften ( Vorläufer war das Gesetz über die Kapitalanlagegesellschaften KAGG ) wird von dem KAGB vollständig ersetzt; viele Bestimmungen werden dort weitestgehend übernommen. Das Kapitalanlagegesetz gilt künftig für jede Art von Fonds, also auch für die Alternativen Investmentfonds (AIF – dazu zählen insbesondere die bislang unregulierten geschlossenen Fonds mit Investitionen in reine Sachwertanlagen oder in nichtbörsennotierte Unternehmensbeteiligungen).
Ein BaFin-zulassungsfreies Unternehmen, welches vom KAGB ausgenommen ist, muss mit seinem Unternehmensgegenstand auf eine aktive, operative Geschäftstätigkeit ausgerichtet sein und darf nicht in dem passiven Halten von Vermögenswerten – gepoolt durch Anlegergelder – bestehen. Ein auf Umsatztätigkeit – durch Dienstleistungen, Produktion oder Handel durch An- und Verkauf ( Warenumschlag ) – angelegtes Unternehmen unterfällt nicht dem neuen Fondsgesetzbuch KAGB. Dementsprechend kann ein Immobilien-Bestandsunternehmen, wenn es sich überwiegend über Anlegerkapital refinanziert, einen zulassungsbedürftigen AIF-Fonds darstellen, auch wenn keine KG-Anteile ausgegeben werden. Dagegen stellt ein Immobilienunternehmen, in dem geplant, projektiert, gebaut und An- und Verkauf von Immobilien betrieben wird auch dann ein BaFin-zulassungsfreies „operativ tätiges Unternehmen“ dar, selbst wenn es sich in der Rechtsform einer GmbH & Co KG befindet und Kommanditanteile am Kapitalmarkt zur Finanzierung der Investitionen platziert. Das Vorliegen einer bestimmten Rechtsform ist für das Bejahen eines Fonds-Organismus nicht erforderlich. Es ist ohne Bedeutung, in welchem Rechtsstatut das Investment- oder Fondsvermögen geführt wird; in welcher Vertragsform oder Satzungsform oder irgendeiner anderen Rechtsform errichtet ist und welche Rechtsstruktur das Fondsvermögen hat. Daraus folgt, dass alle denkbaren Rechtsformen (z.B. Kapitalgesellschaften, Personengesellschaften oder Gesellschaften bürgerlichen Rechts) vom Begriff des Fonds-Organismus erfasst sein können, auch wenn die GbR nach KAGB nicht zulässig ist. Es kommt also nicht auf die “äußere” Rechtsstruktur, sondern auf die satzungsmäßige und tatsächlich durchgeführte Tätigkeitsstruktur an, ob ein KAGB-Fonds oder ob ein KAGB-freies operativ tätiges Unternehmen vorliegt ( siehe ausführlich zum Anwendungsbereich des KAGB und zum Begriff des “Investmentvermögens” das Auslegungsschreiben der BaFin ).
Ferner ist unbedeutend, in welcher Rechts- oder Anlageform der Anleger an dem Unternehmensvermögen beteiligt ist. Die Beteiligung des Anlegers kann gesellschaftsrechtlich, mitgliedschaftlich oder schuldrechtlicher Natur sein. Folglich ist jede Art der Beteiligung des Anlegers denkbar (z.B. stille Beteiligung, Genussrecht oder Schuldverschreibung). Ein Bestandshalter-Immobilienunternehmen, das sich überwiegend über stille Beteiligungen oder Genussrechte am Beteiligungsmarkt finanziert, unterfällt somit dem Fondsbegriff des neuen KAGB. Wird das Fondsvolumen unter Euro 100 Mio. Liegen, ist aufgrund der Bereichsausnahmen keine BaFin-Zulassungspflicht gegeben ; vielmehr reicht eine bloße Anzeige und Registrierung des Fonds bei der BaFin aus. Die BaFin-Anzeige ist nicht erforderlich, wenn Dritte über eine öffentliche Platzierung keine Gewinnbeteiligungen eingeräumt bekommen ( also keine stillen Beteiligungen oder Genussrechte oder KG-Anteile ausgegeben werden ). Dann liegen keine „gemeinsamen Anlagen“ und keine Gewinnpoolung vor, so dass eine welches Fonds-Merkmal fehlt.
Ob bei größeren AIF-Fonds die jeweilige Rechtsform ( grundsätzlich ausgeschlossen ist die Rechtsform der GbR ) auch genehmigungsfähig ist, ist eine andere Frage. Liegt ein Investmentvermögen vor, sieht das KAGB grundsätzlich nur bestimmte Rechtsformen vor, in denen dieses ohne jede Nachschusspflicht aufgelegt werden darf. Weitere Informationen erteilt Dr. Horst Werner unter dr.werner@finanzierung-ohne-bank.de .