Mehrwertsteuersenkung im Beherbergungsgewerbe ohne nachhaltigen volkswirtschaftlichen Effekt
Im Rahmen des „Wachstumsbeschleunigungsgesetzes“ plant die Bundesregierung die Absenkung der Mehrwertsteuer fuer Beherbergungsdienstleistungen. Waehrend von der Hotellerie das Vorhaben begruesst wird, regt sich Widerstand von Seiten der Laender, aber auch innerhalb der Koalition dagegen. Dazu erklaert der tourismuspolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion Hans-Joachim Hacker:
Die SPD hat wiederholt erklaert, dass eine Gesamtueberpruefung der Ermaessigungstatbestaende bei Mehrwertsteuerermaessigungen notwendig ist. Insofern ist eine herausgegriffene Einzelmassnahme nicht sinnvoll. Richtig waere es gewesen, ein Gesamtpaket vorzulegen, bei dem insbesondere arbeitsintensive Dienstleistungen steuerlich entlastet und soziale Aspekte beruecksichtigt werden.
Die Mehrwertsteuersenkung fuer die Beherbergungsdienstleistungen ist aber nicht nur deshalb abzulehnen, weil sie unsystematisch erfolgt. Sie hat auch eine Reihe negativer Auswirkungen, ohne dass positive Effekte erzielt werden.
1. Die Absenkung der Mehrwertsteuer wird bei den wenigsten Gaesten ankommen. Nach eigenen Branchenangaben wuerden nur etwa 20 Prozent der Hotels die Steuersenkung auch an die Kundinnen und Kunden weitergeben. In den anderen europaeischen Laendern mit niedrigerer Mehrwertsteuer sind die Uebernachtungspreise auch nicht guenstiger. Wettbewerbsnachteile gegenueber den anderen europaeischen Laendern gibt es also nicht. Frankreich hat zum 1. Juli 2009 die Mehrwertsteuer in der Gastronomie von
19,6 auf 5,5 Prozent gesenkt. Die Preise sind allerdings nicht deutlich gefallen, es wurde auch nicht zusaetzlich Personal eingestellt.
2. Stichwort Soziale Gerechtigkeit: Alleinerziehende Muetter zahlen weiter 19 Prozent Mehrwertsteuer fuer Babywindeln, fuer Uebernachtungen von Bankmanagern wird der Mehrwertsteuersatz dagegen um 12 Prozentpunkte abgesenkt.
3. Die Einnahmeausfaelle belasten – nach Schaetzungen von Laendern – den Bund, die Laender und die Gemeinden in Hoehe von etwa drei bis vier Milliarden Euro, die anderen wichtigen Politikbereichen nicht zur Verfuegung stehen. Den Entlastungen bei den Hoteliers stehen Belastungen gegenueber, wenn weniger Geld fuer Bildung und Kinderbetreuung zur Verfuegung steht.
4. Die geplante Mehrwertsteuersenkung fuer Beherbergungsdienstleistungen fuehrt zur Ungleichbehandlung gegenueber den Gaststaettenwirten, die ebenso auf eine Senkung gehofft haben. Im Uebrigen muessen kuenftig bei Hotelrechnungen die Kosten fuer Essen (Fruehstueck etc.) aus dem Gesamtbetrag herausgerechnet werden, da dafuer weiterhin der normale Steuersatz in Hoehe von 19 Prozent gilt.
Die geplante Mehrwertsteuersenkung fuer die Hotels verstaerkt das Durcheinander im Steuerrecht, fuehrt zu keinen Entlastungen fuer Gaeste und damit auch zu keinen Anreizen zu mehr Reisen und Uebernachtungen, aber zu Belastungen bei Bund, Laendern und Gemeinden.
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