Wer krank ist, muss keine Arbeitsleistung erbringen, wenn er seine Krankheit durch ein Attest belegen kann. So verfahren in Deutschland alle Arbeitgeber mit ihren Arbeitnehmern. Doch wie ist der Fall gelagert, wenn ein Arbeitnehmer von seinem Vorgesetzten während der Zeit der Krankschreibung zu einem Personalgespräch gebeten wird? Diese Frage wurde im Winter 2016 vom Bundesarbeitsgericht entschieden.
Zum Personalgespräch während der Krankschreibung gebeten
Ein arbeitsunfähiger Arbeitnehmer wurde von seinem Vorgesetzten zu einem Personalgespräch gebeten, um seine weiteren beruflichen Einsatzmöglichkeiten zu besprechen. Doch der Arbeitnehmer sagte seinem Chef mit dem Hinweis ab, dass er aufgrund seiner Arbeitsunfähigkeit nicht zu dem Personalgespräch erscheinen werde.
Daraufhin bekam der Arbeitnehmer von seinem Vorgesetzten eine erneute Einladung zu einem Personalgespräch zugeschickt, in der zudem die Rede davon war, dass der Arbeitnehmer ein Nichterscheinen zu diesem Termin durch eine ärztliche Krankschreibung entschuldigen lassen müsse. Auch zu diesem erneut anberaumten Termin erschien der Arbeitnehmer mit Hinweis auf seine Krankschreibung nicht. Aufgrund dieses Verhaltens wurde der Arbeitnehmer abgemahnt, woraufhin er sich anschließend vor Gericht gegen diese Abmahnung wehrte.
Die Arbeitsrecht – Entscheidung des BAG
Grundsätzlich stellt das BAG zwar klar, dass der Arbeitgeber das Recht hat, Gespräche anzuberaumen, in denen es um die Erbringung der Arbeitsleistung des Arbeitnehmers geht, allerdings nicht während einer bescheinigten Krankschreibung. Denn bei einer Krankschreibung ist der Arbeitnehmer nicht verpflichtet im Betrieb zu erscheinen und muss daher auch nicht an einem Personalgespräch teilnehmen.
Besteht jedoch ein berechtigtes Interesse des Arbeitgebers daran, ein Gespräch mit dem Arbeitnehmer im Hinblick auf die weitere Beschäftigung nach Ende der Krankheit zu führen, kann ein solches Gespräch auch geführt werden, während der Arbeitnehmer krank ist. Allerdings kann der Arbeitnehmer nicht dazu gezwungen werden, zum Zwecke dieses Gesprächs im Betrieb zu erscheinen.
Anderes gilt nur, wenn ein persönliches Erscheinen zum Personalgespräch im Betrieb auch während einer Krankschreibung unverzichtbar für den Arbeitgeber ist und der Arbeitnehmer zudem gesundheitlich dazu in der Lage ist, persönlich im Betrieb zu erscheinen. Telefonate hingegen sind zumeist auch dann dem Arbeitnehmer zuzumuten, wenn er krank ist.
Arbeitsrecht – Urteil – Abmahnung erfolgte zu Unrecht
Der Arbeitnehmer erhielt zu Unrecht deshalb eine Abmahnung, weil er mehrfach, gerechtfertigt durch seine Krankschreibung, nicht zum anberaumten Personalgespräch erschienen ist. Da die Unverzichtbarkeit des Erscheinens zum Personalgespräch von Seiten der Unternehmensleitung nicht nachgewiesen werden konnte, gilt die Abmahnung als unrechtmäßig.
Wer krank ist, muss gemäß geltendem Arbeitsrecht in der Regel nicht zu einem Personalgespräch erscheinen. Eine qualifizierte Krankschreibung muss zudem laut Arbeitsrecht auch nicht als Entschuldigung für das Fernbleiben beigebracht werden.
Giuseppe M. Landucci
Rechtsanwalt für Arbeitsrecht
Fachanwalt für Familienrecht
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