Etablierter Einzelhandel läuft Gefahr, überrollt zu werden – Fast 200 Milliarden Euro im Topf – Trunk mahnt Mut zum Handeln an
Bamberg, 02. Mai 2018. 40 Prozent der Verbraucher in Deutschland planen, in den nächsten zwölf Monaten Lebensmittel online zu kaufen, so eine Umfrage der Wirtschaftprüfungsgesellschaft PwC. Zugleich zweifeln viele potenzielle Kunden die Lebensmittel-Kompetenz von Amazon an. „Höchste Zeit, dass die etablierten Mitspieler entschlossen und konzertiert handeln“, so Logistik-Experte und E-Commerce-Kenner Heribert Trunk. „Stattdessen sieht es aus, als ob die nächste Branche in Deutschland den Online-Zug verpennt.“
Der Markt ist gigantisch: Annähernd 200 Milliarden Euro werden in Deutschland jedes Jahr mit Lebensmitteln umgesetzt. Und obwohl der Online-Einkauf inzwischen auch hierzulande zum Alltag gehört – die Lebensmittelbranche ist von der Abwanderung ihrer Kunden in digitale Kanäle bislang weitestgehend verschont. Lediglich 1,1 Prozent der Umsätze im Food-Markt wurden in 2017 über digitale Kanäle erzielt, wie der Hauptverband der Deutschen Einzelhandels HDE in seinem Online-Monitor 2018 feststellt.
Doch der Markt wächst schneller als der E-Commerce insgesamt, wenn auch noch auf relativ niedrigem Niveau: 2017 wuchs Food online um 17,5 Prozent, während der übrige Einzelhandel in Deutschland auf 10,3 Prozent Online-Wachstum kam. Und 15 Prozent der von PwC Anfang des Jahres befragten Konsumenten kaufen schon heute mehr als die Hälfte ihrer Lebensmittel online. Tendenz steigend.
Vertrauensvorschuss für etablierte Händler
Die gute Nachricht: Lebensmittelkauf ist offenbar mehr als der Kauf anderer Produkte Vertrauenssache. Denn gut als jeder Dritte (35 Prozent laut PwC) gibt an, er würde frische Lebensmittel, wenn online, dann bevorzugt im Webshop seines stationären Einzelhändlers kaufen. Weitere 25 Prozent nennen ihren bevorzugten Discounter als potenzielle Online-Quelle.
Und während neue Player wie Picnic auf den Markt drängen, legt die Nürnberger Marktforschungsagentur Mafowerk dar, viele von ihr befragte Verbraucher zweifelten die grundsätzliche Kompetenz von Amazon an, was die Themen „Lebensmittel“ und „Frische“ angeht.
„Hoffen auf bessere Zeiten aus dem Nichts“
„Statt diesen Vertrauensvorschuss zu nutzen, hofft der Einzelhandel offenbar immer noch auf bessere Zeiten aus dem Nichts“, kommentiert Logistik-Experte und E-Commerce-Kenner Heribert Trunk trocken.
Dabei sei die Erfolgsformel klar, wie Umfragen seit Jahren bestätigen: „Der Kunde kauft dort, wo er ein gutes Sortiment zu einem guten Preis findet – und seine Waren schnell und bequem geliefert bekommt.“ Wettbewerbsfähigkeit im E-Commerce sei also untrennbar mit einer guten Logistik verknüpft. „Für den Lebensmittelhandel, wo es um frische Produkte geht, gilt das noch mehr als für andere Branchen.“
In Sachen Sortiment seien die etablierten Handelshäuser ohne Zweifel exzellent aufgestellt, und ihre Preise seien in aller Regel marktgerecht und wettbewerbsfähig. „Allerdings gibt es schon hier einen klaren Zusammenhang mit der Logistik. Denn wenn künftig die großen Zustelldienste für ein bis an die Haustür zugestelltes Paket 50 Cent oder mehr verlangen wollen, wie inzwischen kolportiert wird, dann macht das das Onlinegeschäft nicht eben einfacher.“
Die Lösung liegt beim Logistiker
Die Lösung liege beim Logistiker. „Er muss extrem leistungsfähig und schnell sein, muss IT genauso beherrschen sein wie Konfektionierung, Transport und begleitende Dienstleistungen. Und elegante, wirtschaftliche Lösungen für die letzte Meile bieten“, erklärt Heribert Trunk. Das sei nicht nur möglich, daran führe letztlich kein Weg vorbei.
Woran es allerdings immer noch mangele, sei die Einsicht der etablierten Händler, „dass Abwarten keine Option ist. Die Digitalisierung entwickelt sich exponentiell, und wir sind längst am Beginn der Steilkurve angelangt. Dabei ist alles bereits da: Konzepte, Kompetenz, Know-how. Was fehlt ist Mut und Entschlossenheit. Und der Wille zum gemeinsamen Handeln.“
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