Der historisch sinnvolle Ansatz einer gemeinsamen Wirtschafts- und Währungsunion, der durch den Vertrag von Maastricht begründet wurde, läuft Gefahr durch nationale Interessen auseinander zu fallen, so Gerfried I. Bohlen, Vorstandsvorsitzender der Energiegenossenschaft Rhein-Ruhr eG aus Dinslaken. Mit den Stabilitätskriterien der EU wurden Maßnahmen zur Kontrolle geschaffen, damit nationale Volkswirtschaften sich erfolgreich weiterentwickeln. Ein Auseinanderbrechen der EU wäre nach Ansicht auch der meisten Experten sowohl unter (geo-)politischen wie unter wirtschaftlichen Aspekten ein echter Rückschritt. Zudem soll der Euro als Währung erhalten bleiben.
Die Wahlbeteiligung bei den letzten Europawahlen lag bei 43,1 %. Gegenüber der ersten Europawahl mit 63 % waren das 19,9 % Europabefürworter weniger. So haben fast 20% der EU-Bürgerinnen und -Bürger der EU den Rücken gekehrt. Insgesamt haben mehr als die Hälfte der abstimmungsberechtigten Bürgerinnen und Bürger dem europäischen Parlament ihre Stimme verweigert. Bei der sich stetig verschärfenden Krise der Europäischen Union kann seriös bilanziert werden, dass die Wahlbeteiligung bei der 2019 stattfindenden Europawahl unter die 40 % Marke fallen kann. Den wesentlichen Grund der Abkehr von diesem historischen Projekt durch die Menschen sieht Bohlen darin, dass die Organe der EU nicht für die Gesamtheit der Menschen in dieser EU tätig sind, sondern sich auf ihre nationalen politischen und wirtschaftlichen Interessen konzentrieren. Das spüren die Menschen nicht nur, sie werden auch mit den Auswirkungen des Versagens der EU konfrontiert.
Das Dauerthema der EU-Kommission, die „Vergemeinschaftung von Schulden“ in Europa, bei der Staatsanleihen mehrerer Eurozonen-Staaten in einer Verbriefung (also in einem „Produkt“) gebündelt werden, ist zurzeit nicht durchsetzbar. Dieses Produkt sollte dann von privaten Investoren gekauft werden. Wobei diese dann die Risiken und mögliche Verluste tragen.
Andererseits gibt es eine Vergemeinschaftung zur Duldung von Spekulationsgewinnen zu Lasten der Energieverbraucher, so Bohlen. Tatsächlich nutzen Börsenspekulanten nach dem Ausstieg des US-Präsidenten Donald Trump aus dem Iran-Atomabkommen den gestiegenen Ölpreis, um an der Strombörse auf steigende Preise zu wetten. Daher liegt heute der Strompreis um 1,63 ct/kWh höher als 2016 zum gleichen Monatszeitraum. Bei einem bundesweiten Stromverbrauch von 525 Terawattstunden (Stand 2016) sind dies hochgerechnet fürs ganze Jahr 2018 „148.546.807.000 Euro“, die zu Lasten der Endverbraucher gehen. Selbstverständlich muss man die 148 Mrd. Euro gewichtet betrachten. So zahlen Industrie und Gewerbe auf Grund ihres Verbrauchs einen höheren Anteil als Privatverbraucher.
Nach der Grundrechte-Charta setzt sich die EU für einen offenen, wettbewerbsorientierten Energie-Binnenmarkt ein. Durch die Öffnung der Energiemärkte für den Wettbewerb sollten die Energiekosten gesenkt sowie die Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Industrie auf den Weltmärkten gestärkt werden. Für den Verbraucher sollten sich Kostenersparnisse ergeben. Über den europäischen Ansatz bei der Energiepreisfindung im Strom und Gas, mit dem Mehrverbrauch bei zum Beispiel französischen Klimaanlagen die Energiepreise auch für deutsche Verbraucher zu erhöhen, tut sich die Europäische Union keinen Gefallen. In Deutschland zahlt kein Verbraucher mehr, wenn sein Nachbar sich die Haare föhnt. Gerade bei den praktischen nachvollziehbaren Erfahrungen der Menschen im Umgang mit ihren Energiepreisen werden Europaskeptiker zu Europagegnern. Da muss die EU-Kommission unbedingt gegensteuern, so Bohlen.