Das Sharing-Modell lebt bis jetzt vom Prinzip Hoffnung
Sind E-Scooter Sharing Anbieter wie Bird, Lime etc. eigentlich profitabel? Gute Frage. Das Geschäftsmodell beider Unternehmen war von Anfang an das Gleiche: E-Scooter ohne eigene Dockingstation werden in Städten entgeltlich zum Verleih angeboten. Von Beginn an versuchten sie schnell zu wachsen und aggressiv neue Märkte zu erobern.
Ebenso preislich agierten Lime und Bird praktisch im Gleichschritt: Pro Fahrt verlangten sie 1 US-Dollar für das Freischalten und 15 Cent pro Minute. (In Europa sind die Preise dieselben, eben nur in Euro). Am Anfang schien dieses Modell auch zu funktionieren. Angesichts der zu erwarteten Fixosten und der variablen Kosten blieb unterm Strich ein kleiner Profit über.
Unerwartete Probleme für Bird, Lime & Co
Relativ schnell tauchten aber vermehrt Probleme auf, mit denen die Unternehmen in dem Ausmaß wohl nicht gerechnet hatten: Roller wurden gestohlen, kaputt gemacht und achtlos auf Straßen oder Gehwegen zurückgelassen.
Das wiederum rief die Kommunen auf den Plan, die einerseits die neuen Fortbewegungsmittel zwar begrüßten, andererseits aber auch keine Schwierigkeiten haben und – nur zu verständlich – keine Verantwortung übernehmen wollten. Die Städte reagierten daher mit einer breiten Palette an Genehmigungsgebühren und Steuern.
Unabhängig davon versuchten Bird, Lime etc ihr Einheitsmodell über jeden neuen Markt überzustülpen, ohne eventuell auf örtliche Gegebenheiten oder Unterschiede einzugehen. Die Herausforderungen, denen sie begegnet sind, sind nicht überraschend. Ihr Modell funktionierte ganz einfach nicht überall so, wie erwartet.
Mikromobilität ist ein praktisches und nützliches Konzept mit einem enormen Potenzial. Dieses Potential kann jedoch nur dann auch voll ausgeschöpft werden, wenn das E-Scooter Sharing auch sorgfältig auf die einzelnen Märkte abgestimmt wird. Mit anderen Worten, eine Einheitsgröße passt letztlich nicht für alle.
Bird reagiert mit massivem Preisanstieg
Dass eine Anpassung erforderlich ist, hat Bird Anfang April nunmehr auch indirekt bestätigt. Das Unternehmen hat sich nämlich dazu entschlossen hat, auf Marktfaktoren zu reagieren:
„Genauso wie bei Taxis, Big Macs oder bei einer Tasse Kaffee variieren unsere Preise jetzt je nach Stadt“, sagte das Unternehmen in einer Erklärung.
Dementsprechend hat Bird nunmehr damit begonnen, die Preise zu erhöhen. In Detroit hat das kalifornische Unternehmen etwa den Preis pro Minute von früher 15 Cent auf 33 Cent angehoben. In Baltimore kostet eine Fahrminute nunmehr 29 Cent. In Raleigh, North Carolina, verrechnet Bird neben 1 US-Dollar für das Freischalten noch zusätzlich 2 US-Dollar Transportgebühr.
Werden Sharing-Anbieter jetzt profitabel?
Mit dieser Anhebung der Preise erhöhen sich die Chancen, dass E-Scooter Sharing auch nachhaltig betrieben werden kann. Eines ist jedenfalls klar: Wenn ein Gigant wie Bird mit einer Unternehmensbewertung von 1 Milliarde US Dollar es für notwendig hält, die Preise anzuheben, werden die anderen Anbieter bestimmt auch bald nachziehen. Es wird sich zeigen, ob die Kunden diesen Preisanstieg auch mitmachen. Früher oder später wird es ohnehin zu einer Marktbereinigung unter den Sharing-Anbietern kommen.
Grundsätzlich geht der Trend weltweit in Richtung einer Sharing Economy. Man siehe Spotify, Netflix, Car-Sharing etc. Es darf daher nicht verwundern, dass auch in diesem Bereich step by step die Preise nach oben gehen. Wenn sich die städtische Bevölkerung auf der ganzen Welt vom privaten Fahrzeugbesitz weg zu billigeren, multimodalen Verkehrslösungen entwickelt, wird auch die Bereitschaft, mehr für Transit- und First-and-Last-Mile-Mobilitätsdienste zu investieren, wahrscheinlich zunehmen.
Wer wirtschaftlich denkt, greift zum eigenen E-Scooter
Andererseits rentiert sich ein eigener E-Scooter bereits jetzt nach 2 bis 3 Monaten regelmäßiger Nutzung. In Zukunft wird diese Rechnung noch eindeutiger zu Gunsten eines eigenen E-Scooters ausschlagen. Wer wirtschaftlich denkt, wird sich dann wohl eher für den Kauf eines Elektro-Scooters anstatt dauernder Miete entscheiden.
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