Na und, ich habe es eben nicht geschafft

Fehler machen wir nicht – wir geben Sie zumindest nicht zu. Vom Erfolg geschwängert sitzt jeder Handgriff, jeder Stein passt nahtlos auf den anderen. Mal ehrlich – wem geht diese geschönte Welt nicht auch gegen den Strich? Die meisten Menschen sind es leid im permanenten Rechtfertigungsdruck alles auf Richtig zu verbiegen? Na, dann lieber aus Fehlern lernen – und sich einfach nach oben irren!
Über die Kunst sich nach oben zu irren
Stellen Sie sich einmal vor, Sie müssten heute sagen, dass Sie sich geirrt und dadurch etwas nicht geschafft haben. Klingt doch ganz leicht, so für sich gesehen – aber wie fühlt es sich an? Wer heute zugibt einen Fehler gemacht, sich geirrt oder etwas nicht erreicht zu haben, fühlt sich als Verlierer. Dafür haben unzählige Motivationsgurus gesorgt, die Menschen in zwei Kategorien aufgeteilt haben – den Gewinner und den Verlierer – und haben dabei auch nicht versäumt dies mit der direkten Frage: „Und wozu willst du gehören?“ zu verbinden. Was daraus wurde, scheint permanent in unseren Köpfen zu kreisen.

Wer Gewinner sein will…

…muss 110% Leistung bringen (erklären Sie das einem Mathematiker)
…darf keine Fehler machen
…darf keine Schwächen zeigen

…was dann in Glaubensbekundungen mündet wie: „Du schaffst alles was du willst, wenn du nur daran glaubst“ oder „Sei kein Hamster, sei ein Adler“ etc. Dass ließe sich beliebig lang fortsetzen, aber mal Butter bei die Fische: „Wie angesteckt sind wir schon?“

Der Vorteil mit Niederlagen offen umzugehen
Wer erinnert sich nicht an den missglückten Test(Elchtest) der Mercedes A-Klasse. Anfänglich versuchte der Konzern noch zu beschwichtigen und das Ergebnis schönzureden und hatte auch sofort eine Lösung parat (den Einbau des ESP). Doch die Resonanz blieb negativ und so folgte eine ganze Anzeigenserie, angefangen mit der Botschaft: „Wir wollen die Diskussion um die Sicherheit der A-Klasse beenden. Endgültig“. Darauf folgte „Der Weg zum Goldenen Lenkrad war für die A-Klasse kein Zuckerschlecken“ und „A-Klasse hat Elchtest sicher bestanden. Wir haben dazugelernt“. Der große Durchbruch kam aber durch die Anzeigen mit dem Tennis-Idol Boris Becker. Die Botschaften lauteten: „Stark ist, wer keine Fehler macht. Stärker, wer aus seinen Fehlern lernt“. Und: „Ich habe aus meinen Rückschlägen oft mehr gelernt als aus meinen Erfolgen. – Die A-Klasse ist wieder da“.

Irren ist normal
Der Irrtum gehört zur Wissens- und Erfahrungserweiterung und dass ist nicht erst seit heute bekannt, wie große Persönlichkeiten beweisen. Maurice Levy, CEO des Werbekonzerns Publicis Groupe, sagte erst sich selbst „Ich habe mich geirrt“, dann seinem Aufsichtsrat und später der Öffentlichkeit – und meinte es auch so. Die Agentur ist heute die viertgrößte der Welt. Oder nehmen Sie Sir Peter Ustinov: „Ein schöner Tag, ich habe mich geirrt“ oder Jim Kilts, der ehemalige Chef von Gillette „Ich lag oft daneben, war aber nie unsicher“, oder Bezos (Eigentümer von Amazone) „Langfristig denken, damit leben von anderen missverstanden zu werden und der Wille neue Dinge zu versuchen, auch wenn das Risiko hoch ist, dass sie nicht funktionieren.“ Beispielsweise der grandios gescheiterte Versuch, Ebay mit eigenen Auktionen Paroli zu bieten. Oder aber der überteuerte Aufkauf von Anteilen des Tiernahrungsversenders Pets.com ebenso wie die Übernahme von Lebensmittel-Lieferdiensten wie Kozmo […].
Amazone war schon totgesagt und für viele keinen Pfifferling mehr wert, doch genau dieser Herr Bezos zeigte allen, dass Fehler machen zum Erfolg gehört wie die Kartoffeln in deine Kartoffelsuppe.

Irren Sie sich und werden erfolgreich
Es ist sinnvoll sich mit seinen Irrtümern und Fehleinschätzungen auseinanderzusetzen statt sie schönzureden oder zu vertuschen. Das ist befreiend und schafft Selbstsicherheit im Umgang mit der eigenen Entwicklung. Wer hat nicht schon die Sinnsprüche „Wo gehobelt wird fallen Späne“ oder „Wer arbeitet macht auch Fehler“ gehört – wenn man das mal ins Gegenteil formuliert. Fehler machen, sich irren oder einfach mal mit seiner Idee falsch liegen gehört zum Erfolg und ist eine ganz natürliche Angelegenheit. Nun soll man es natürlich nicht dabei belassen und so ist doch die wichtigste Frage nicht „Wie vermeide ich Fehler und Irrtümer?“ sondern „Wie gehe ich damit richtig um?“

Gerade wenn man das Gefühl hat, es ist etwas nicht gelungen bzw. man ist mit der momentanen Lage und Situation unzufrieden, hat man den Wunsch mit jemanden zu sprechen. Natürlich wäre es jetzt vermessen dazu aufzufordern, Fehler laut in die Öffentlichkeit zu posaunen, zumal, wie schon festgestellt, wir in einer Gesellschaft leben, die dies bisher als Makel ansieht.

Was aber ist überhaupt ein Fehler oder Irrtum?
Ein Fehler oder Irrtum ist, wenn ein Ereignis, eine Erfahrung oder Reaktion anders wahrgenommen wird oder verläuft, als man ursprünglich geplant oder erhofft hat. Auch das Deutsche Institut für Normung (DIN) definiert Fehler nun als einen „Merkmalswert, der die vorgegebenen Forderungen nicht erfüllt“ und als „Nichterfüllung einer Forderung“.

Das Tagebuch des Erfolgs
Die größte Enttäuschung also ist , wenn wir selbst eine Forderung aufgestellt haben, die dann nicht erfüllt wird. Genau aus diesem Grund beginnt die Auseinandersetzung immer da, wo die Forderung (der Wunsch) formuliert wird. Aber einfach nur: „Sorry, ich hab ’n Fehler gemacht – shit happens“ reicht natürlich nicht. Man sollte schon der Sache auf den Grund gehen – schließlich will man ja lernen und vorankommen. Was hindert uns als daran es mal aufzuschreiben und überprüfen was funktioniert hat und was nicht. Was stand im Weg, welche Blockaden und Hindernisse haben die Umsetzung verhindert? Inwieweit mussten die eigenen Erwartungen zurücksteckt werden.? Aber auch, was ist gelungen, was waren die Erfolgserlebnisse. Bewährtes bewahren und Nichtbewährtes eliminieren. Machen Sie es für sich alleine und führen Sie eine Art Interview mit vier fiktiven Experten (der Vordenker, der Kritiker, der Macher und der Mentor) , wobei die systematischen Fragestellungen der Experten helfen, sich Schritt für Schritt mit sich selbst und der zu lösenden Aufgabe auseinanderzusetzen.

Das erinnert an das Tagebuch schreiben – da hat man auch alles ganz offen und ehrlich reingeschrieben. Natürlich wollte man verhindern, dass jemand anderes diese Einträge zu lesen bekommt. Dass erklärt auch, warum Tagebücher immer gut versteckt waren und warum viele Tagebücher Schlösser hatten. Nun sind wir erwachsen und brauchen es nicht mehr zu verstecken und auch kein Schloss – aber wer hat überhaupt eines?

Jeder kann sich das zu eigen machen, aufzuschreiben und festzuhalten, wie einst Schliemann, der abends im Zelt, nur beleuchtet von einer Petroleumlampe seine Erkenntnisse und Erlebnisse festhielt. Oder man nimmt David Livingstone, der mitten im Dschungel an einem Lagerfeuer seine Notizen machte, um nur zwei zu nennen. Das Bemerkenswerte an diesen Menschen war, dass sie nicht nur ihre Forschungsergebnisse niederschrieben, sondern sie haben auch ihre Denkweisen, Gefühle, Konflikte, Erfolge und ihre Misserfolge kommentiert. So können wir heute nachvollziehen, wie aus Fehlern und Misserfolgen letztendlich der Erfolg kam. Und warum? Weil die Gründlichkeit der Aufzeichnungen selbst nach Jahrzehnten diese Schlussfolgerung zulässt. Eine faszinierende Vorstellung!

Irren Sie sich empor
Mercedes hatte damals Glück und Mut zugleich, denn dass die Anzeigen mit Boris Becker so viel Erfolg hatte ist vor allem darauf zurückzuführen, dass die meisten seine Entwicklung miterlebt haben. Der junge Tennisneuling, genannt: Das Bobbele! Wir erinnern uns an sein Hadern und Toben, wenn er zurücklag oder verloren hatte, an die fast peinlichen Interviews, die er unsicher und stotternd von sich gab und das Gespött vieler auf sich zog. Doch wir haben auch einen Boris erlebt, der in aller Öffentlichkeit Atemübungen beim Sprechen machte und mehr und mehr an Selbstsicherheit gewann, einer, der nie einen Hehl daraus machte aus Fehlern zu lernen. Heute redet er humorvoll, sympathisch und oft mit einem Augenzwinkern offen über seine Fehler und Schwächen. Das sind die Gründe, warum die Anzeige für den Elchtest so erfolgreich waren, der Sender der Botschaft war einfach glaubwürdig.

Nicht nur dass das Vertrauen wieder hergestellt wurde, der Elch aus Stoff ist für den A-Klasse- Mercedes das, was für die Oldies von VW und Opel der Wackeldackel ist – einfach Kult.

Lesetipp
Oliver Groß
Spurwechsel – Jetzt mach ich es

Broschiert: 165 Seiten
Verlag: Businessvillage; Auflage: 1., Aufl. (Sept 2009)
Sprache: Deutsch
ISBN-10: 3938358890
ISBN-13: 978-3938358894
http://amazon.de/dp/3938358890

Über den Autoren

Oliver Groß

Jahrgang 1959, Rhetor und Autor, führt die Vorträge und Diskurse durch.
Nach einer Handwerksausbildung mit Meisterprüfung war er Mitglied der Geschäftsleitung mit Personalverantwortung eines mittelständischen Unternehmens. Er studierte die Psychologie und Philosophie, mit den Schwerpunkten Kommunikation und positive Werteorientierung. Sein Lebensmotto lautet: „Ich verbinde, was andere trennen“.

Sein Tun orientiert sich an der „positiven Werteorientierung“ und deren direkter Auswirkung auf den Lebens- und Unternehmensführung sowie der praktischen Umsetzung. Es hat ihm viel Anerkennung und Respekt in Wissenschaft, Wirtschaft und Politik eingebracht.

Er ist ein Gesprächspartner, der nah am Leben ist und den Menschen mit Verständnis für ihre unterschiedlichen Alltagssituationen, in Beruf und Privatleben, begegnet. Sein Sinn für Humor und seine Sichtweisen des Lebens sind inspirierend und vermitteln ein tiefes Gefühl von Vertrautheit und Wärme.

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