Neue Empfehlungen über die derzeit besten Behandlungsoptionen favorisieren gezielte Therapien bei bestimmten genetischen Veränderungen von Tumorzellen
Krems (Österreich), 21. September 2023: Expertinnen und Experten aus Österreich haben jetzt neue Empfehlungen über die derzeit besten Therapieoptionen für fortgeschrittenen oder metastasierenden Gallenwegskrebs veröffentlicht. Der neue Konsensus favorisiert dabei personalisierte Zweitlinientherapien, die auf spezielle genetische Veränderungen der Tumorzellen ausgerichtet sind. Für Erstlinientherapien wird unter bestimmten Umständen die Ergänzung der Standard-Chemotherapie mit modernen Immuntherapeutika (Checkpoint-Inhibitoren) empfohlen. Diese Empfehlungen erfolgen im Lichte neuer Therapieoptionen und Studienergebnisse, die in den letzten Jahren verfügbar wurden.
Ein lokal fortgeschrittenes oder metastasierendes Gallenwegskarzinom ist eine aggressive Krebsart, deren erfolgreiche Behandlung eine große Herausforderung darstellt. Seit über zehn Jahren ist die chemotherapeutische Kombinationstherapie mit Cisplatin und Gemcitabin der Standard für die Erstlinientherapie. Die kombinierte Anwendung beider Chemotherapeutika wurde etabliert, nachdem im Jahr 2010 eine Studie den deutlichen Mortalitätsrückgang (-36%) gegenüber einer Behandlung mit ausschließlich Gemcitabin belegte. Neuere Ergebnisse und Studien wurden nun von Expertinnen und Experten mehrerer österreichischer medizinischer Hochschulen und Kliniken evaluiert und ein Konsensus zu den sich daraus ergebenden besten Behandlungsoptionen veröffentlicht. Erstautor des Konsensuspapers ist Dr. Hossein Taghizadeh, PhD, MSc von der Karl Landsteiner Privatuniversität für Gesundheitswissenschaften (KL Krems).
Molekulare Testung: gleich zu Beginn!
„Eine wichtige Empfehlung, die wir aussprechen“, erklärt Dr. Hossein Taghizadeh, PhD, MSc an der Klinischen Abteilung für Innere Medizin 1 des Universitätsklinikums St. Pölten, einem der Lehr- und Forschungsstandorte der KL Krems, „ist die frühzeitige genetische Analyse des zu behandelnden Tumors. Sollten bestimmte genetische Veränderungen vorliegen, so kann bei Versagen der Erstlinientherapie umgehend eine moderne und personalisierte Zweitlinientherapie begonnen werden.“ Tatsächlich gibt es bereits heute einige Krebsmedikamente, die Krebszellen mit bestimmten genetischen Abnormalitäten gezielt bekämpfen. Für das Gallenwegskarzinom umfassen diese Veränderungen u.a. diese Gene: IDH1, FGFR2, BRAFV600E, HER2, und KRASG12C.
Das Gremium empfiehlt, bei Vorliegen dieser genetischen Variationen bei der Zweitlinientherapie auf gezielte Krebstherapeutika zu setzen und diese den unspezifischen Chemotherapeutika vorzuziehen. Jene wiederum sollten jedoch weiterhin dann eingesetzt werden, wenn keine der o.g. Veränderungen nachzuweisen sind.
Immunochemotherapie in der Erstlinie
Für die Erstlinientherapie haben die Expertinnen und Experten insbesondere die Ergebnisse der klinischen Phase III der sogenannten TOPAZ-1 Studie evaluiert. In dieser wurde die Ergänzung der Standard-Erstlinientherapie (Cisplatin + Gemcitabin) mit einem als Durvalumab bezeichneten Immuntherapeutikum (einem monoklonalen Antikörper der als ein Checkpoint-Inhibitor agiert) beurteilt. Diese Therapieform wird nun für jene Betroffenen empfohlen, deren physischer Zustand und Wohlbefinden gut ist (ECOG 0 -1) und bei denen keine Unverträglichkeit von Immuntherapeutika wie dem anti-PD-L1-Antikörper bekannt ist. Weitere Empfehlungen für die Erstlinientherapie umfassen die Verabreichung von Durvalumab als Einzeltherapeutikum, wenn zuvor eine Stabilisierung mit der Kombinationstherapie (Cisplatin + Gemcitabin + Durvalumab) erzielt werden konnte.
„Wir sind der Meinung,“ zieht Dr. Taghizadeh, PhD, MSc ein Resümee aus der Abstimmung mit seinen Kolleginnen und Kollegen, „dass zielgerichtete Therapien im Bereich der Onkologie bereits große Möglichkeiten bieten und deren Potenzial zukünftig immer weiterwachsen wird. Wir sind froh, dass es für das Gallenwegskarzinom bereits nachweislich erfolgreiche Therapien dieser Art gibt und dass die Bereitschaft in den Kliniken existiert, die notwendigen genetischen Analysen durchzuführen.“ Das nun in Frontiers in Oncology veröffentlichte Konsensuspaper zur Behandlung von fortgeschrittenem oder metastasierendem Gallenwegskarzinom wurde dabei unter Einbeziehung von Expertinnen und Experten der wesentlichen Behandlungszentren Österreichs erstellt u.a. der KL Krems, der Medizinischen Universitäten Wien, Innsbruck, Graz, des Klinikum Klagenfurt, des Landesklinikums Wiener Neustadt, der Klinik Favoriten, des Ordensklinikums Linz, der Paracelsus Medizinischen Privatuniversität, des Landeskrankenhaus Feldkirchen und des Krankenhaus St. Vincent Zams.
Originalpublikation: Systemic treatment of patients with locally advanced or metastatic cholangiocarcinoma – an Austrian expert consensus statement. H. Taghizadeh, A. Djanani, W. Eisterer, A. Gerger, B. Gruenberger, T. Gruenberger, H. Rumpold, L. Weiss, T. Winder,E. Wöll & G. W. Prager. 2023, Front. Oncol. 13:1225154. doi: 10.3389/fonc.2023.1225154
Karl Landsteiner Privatuniversität für Gesundheitswissenschaften (Stand 2023)
An der Karl Landsteiner Privatuniversität für Gesundheitswissenschaften (KL) in Krems ist die umfassende Betrachtungsweise von Gesundheit und Krankheit eine grundlegende Zielsetzung für Forschung und Lehre. Die KL stellt mit ihrem europaweit anerkannten Bachelor-Mastersystem eine flexible Bildungseinrichtung dar, die auf die Bedürfnisse der Studierenden, die Anforderungen des Arbeitsmarkts ebenso, wie auf die Herausforderungen der Wissenschaft abgestimmt ist. In den Studienrichtungen Medizin und Psychologie studieren aktuell rund 700 Studierende. Die drei Universitätskliniken in Krems, St. Pölten und Tulln sowie die Partnerinnen Ionentherapie- und Forschungszentrum MedAustron in Wiener Neustadt und das Psychosomatische Zentrum Waldviertel in Eggenburg gewährleisten eine klinische Lehre und Forschung auf höchstem Qualitätsniveau. In der Forschung konzentriert sich die KL auf interdisziplinäre Felder mit hoher gesundheitspolitischer Relevanz – u.a. der Medizintechnik, der molekularen Onkologie, der mentalen Gesundheit und den Neurowissenschaften sowie dem Thema Wasserqualität und den damit verbundenen gesundheitlichen Aspekten. Die KL wurde 2013 gegründet und von der Österreichischen Agentur für Qualitätssicherung und Akkreditierung (AQ Austria) akkreditiert.