Revolution der Wasserqualitätsanalyse: Mit DNA/RNA-Diagnostik ins 21. Jh.

Aktuelle Erhebungen zeigen großes Potenzial & Bedarf für molekulargenetische Methoden bei Nachweis und Charakterisierung fäkaler Verschmutzungsquellen in Wasser. Karl Landsteiner Privatuniversität für Gesundheitswissenschaften maßgeblich beteiligt.

Krems (Österreich), 19. März 2024: Eine globale Auswertung von über 1.100 Publikationen der letzten 30 Jahre belegt den erfolgreichen Einsatz von DNA/RNA-Analytik zur Realisierung wissenschaftlicher Studien über hygienische Wasserqualität und -sicherheit anhand mikrobiologischer Fäkalindikatoren und intestinaler Krankheitserreger. Dementsprechend definiert das internationale Team der umfangreichen Metastudie diesen wichtigen Themenbereich als die neue Wissenschaftsdisziplin „Genetic Faecal Pollution Diagnostics (GFPD)“. Diese umfasst Methoden wie DNA/RNA-PCR Analytik und -sequenzierung. Die Bedeutung dieser neuen Disziplin wird auch durch eine derzeit weltweit laufende Umfrage zur Nutzung von GFPD in der täglichen Praxis der Wasserwirtschaft von Behörden, Organisationen und Instituten unterstrichen. Die Ergebnisse dieser beiden Arbeiten werden in den nächsten Monaten auf mehreren internationalen Konferenzen eine zentrale Rolle spielen und helfen, das enorme Potenzial moderner molekulargenetischer Methoden noch mehr in den Dienst der Wasseranalyse und -hygiene zu stellen.

Seit über 100 Jahren werden mikrobiologische Fäkalverschmutzungen von Wasser auf die gleiche Weise untersucht: Bakterienkulturen werden angelegt. Diese standardisierte und weltweit eingesetzte Methodik kann nach 1-2 Tagen Mikroorganismen der Darmflora nachweisen, die eine Fäkalverunreinigung belegen. Der Einsatz molekulargenetischer Methoden in der Wasserhygiene erlaubt nun eine wesentliche Erweiterung der wissenschaftlichen Möglichkeiten in der Gefährdungs- und Risikoanalyse fäkaler mikrobiologischer Verschmutzungen von Wasser und -ressourcen. Ein internationales Team um Univ.-Prof. Andreas Farnleitner von der Karl Landsteiner Privatuniversität für Gesundheitswissenschaften (KL Krems) und der TU Wien setzt sich nun für die stärkere Nutzung dieser Möglichkeiten zur hygienischen Beurteilung fäkaler mikrobiologischer Verunreinigungen ein und hat diesem Engagement mit einer weltweit beachteten Studie und weiteren Aktivitäten Nachdruck verliehen. 

Alles im Fluss

„Der Einfluss moderner molekularbiologischer Technologien ist natürlich auch in der Wasseranalytik spürbar“, sagt Univ.-Prof. Farnleitner, der an der KL Krems und an der TU Wien das ICC Water & Health* leitet. „Doch in welchem Umfang das für den Bereich des wissenschaftlichen Nachweises und Charakterisierung fäkaler mikrobiologischer Verschmutzungen bereits der Fall ist, war bisher unbekannt. Gemeinsam mit einem globalen Team haben wir daher mehr als 1.100 Studien aus den letzten 30 Jahren analysiert und genau das erhoben.“

Die in FEMS Microbiology Reviews veröffentlichte Studie zeigt, dass GFPD bereits umfassend und vielgestaltig in wissenschaftlichen Untersuchungen eingesetzt wird. „Tatsächlich kann man sagen“, so Univ.-Prof. Farnleitner, „dass GFPD die Identifikation und Herkunftsbestimmung fäkaler Verschmutzung in Wasserressourcen bereits revolutioniert hat und auch bei der Risikoanalyse (d.h. Ermittlung von Infektions- und Erkrankungswahrscheinlichkeiten durch die Wassernutzung) neue Maßstäbe setzt.“ Obwohl die Studie verdeutlicht, dass GFPD bereits in den 1990er Jahren erste methodische „Gehversuche“ tätigte, steigt der Einsatz seit den Nullerjahren so richtig stark an und wächst mit großer Dynamik weiter.

Das Potenzial der GFPD erläutert Univ.-Prof. Farnleitner exemplarisch: „Sie erlaubt erstmals die praktikable Unterscheidung tierischer von menschlichen fäkalen Verunreinigungen, ein methodischer Quantensprung für ein zielgerichtetes Sicherheitsmanagement von Wasserressourcen.“ Tatsächlich wurden bereits in 649 der 1.123 untersuchten Arbeiten Methoden der GFPD zur Charakterisierung und Identifikation der Quelle fäkaler Verschmutzungen eingesetzt. Das belegt die Akzeptanz und den breiten Einsatz eindrücklich. Überaus großes Anwendungspotenzial – auch durch die Technologie des Biobankings (d.h. Langzeitlagerung von DNA/RNA-Rückstellproben bei –80°C) gefördert – sieht das Forschungsteam in der Möglichkeit der „anlassbezogenen“ Ergänzung von kultivierungsbasierten Standarduntersuchung.

Weltweiter Einsatz

Univ.-Prof. Farnleitner und sein Team vom ICC Water & Health* gehen in der Erhebung des weltweiten Einsatzes von GFPD im Bereich der Wasserhygiene nun sogar noch einen Schritt weiter: Gemeinsam mit der IWA (International Water Assoziation) Health-Related Water Microbiology Specialist Group und dem Global Water Pathogens Project haben sie im Dezember 2023 eine weltweite Umfrage gestartet. Diese erhebt – abseits wissenschaftlicher Studien und Publikationen – den aktuellen Einsatz genetischer Methoden („PCR und DNA/RNA-Sequenzierung“) für mikrobiologische Wasserqualitätstests im praktischen Alltag der Wasserwirtschaft. Angesprochen werden darin Institute, (Regulierungs-)Behörden und andere Organisationen, die im Bereich der Wasserhygiene tätig sind. Dazu Univ.-Prof. Farnleitner: „Bei gesetzlich vorgeschriebenen Wasseruntersuchungen ist derzeit noch viel Luft nach oben, was den Einsatz von GFPD betrifft. Es fehlen auch noch einfache Grundlagen wie z.B. die ausreichende Definition der praktischen Einsatztauglichkeit und weltweiter Standards.“

Begleitet wird diese Umfrage, deren Datenerfassungsphase diesen Monat endet, von einer Reihe nationalerund internationaler Konferenzen und Workshops. International hoch sichtbar wird dabei ein von Univ.-Prof. Farnleitner geleiteter Workshop bei der IWA-Weltwasserkonferenz in Toronto, Kanada, im August 2024 sein (Titel: Use of genetic methods for microbial water quality testing: a global, water industry-wide survey). Bei der IWA Water Micro in den Niederlanden (2025) wiederum wird die Umfrage offiziell mit einem weiteren Workshop beendet und deren Ergebnisse anschließend für die internationale Fachgemeinschaft publiziert.

Bilder auf Anfrage verfügbar. 

Originalpublikation: Have genetic targets for faecal pollution diagnostics and source tracking revolutionized water quality analysis yet? K.Demeter, R. Linke, E. Ballesté, G. Reischer, R. E. Mayer, J. Vierheilig, C. Kolm, M. E. Stevenson, J. Derx, Alexander K.T. Kirschner, R. Sommer, O.C. Shanks, A. R. Blanch, J. B. Rose, W. Ahmed, A. H. Farnleitner. FEMS Microbiology Reviews , 2023, 47 , 1–36. 

https://kris.kl.ac.at/en/publications/have-genetic-targets-for-faecal-pollution-diagnostics-and-source-

Karl Landsteiner Privatuniversität für Gesundheitswissenschaften (Stand 03/2024)

Die Karl Landsteiner Privatuniversität für Gesundheitswissenschaften (KL Krems) ist eine europaweit anerkannte Bildungs- und Forschungseinrichtung am Campus Krems. Die KL Krems bietet eine moderne, bedarfsorientierte Aus- und Weiterbildung in der Medizin und Psychologie sowie ein PhD-Programm im Bereich Mental Health and Neuroscience an. Das flexible Bildungsangebot ist auf die Bedürfnisse der Studierenden, die Anforderungen des Arbeitsmarkts sowie auf die Herausforderungen der Wissenschaft abgestimmt. Die drei Universitätskliniken in Krems, St. Pölten und Tulln sowie das Ionentherapie- und Forschungszentrum MedAustron in Wiener Neustadt gewährleisten eine klinische Lehre und Forschung auf höchstem Qualitätsniveau. In der Forschung konzentriert sich die KL auf interdisziplinäre Felder mit hoher gesundheitspolitischer Relevanz – u.a. der Biomechanik, der molekularen Onkologie, der mentalen Gesundheit und den Neurowissenschaften sowie dem Thema Wasserqualität und den damit verbundenen gesundheitlichen Aspekten. Die KL wurde 2013 gegründet und von der Österreichischen Agentur für Qualitätssicherung und Akkreditierung (AQ Austria) akkreditiert.

*Das ICC Water & Health (Deutsch: Interuniversitäre Kooperationszentrum Wasser und Gesundheit) ist eine Kooperation der Technischen Universität Wien, der Medizinischen Universität Wien und der Karl Landsteiner Privatuniversität für Gesundheitswissenschaften (www.waterandhealth.at). Das ICC W&H versteht sich als international sichtbar agierende wissenschaftliche Plattform und kompetenter Partner in Fragen der Wasserqualität und deren Auswirkung auf die menschliche Gesundheit. Das ICC W&H widmet sich der Entwicklung innovativer Konzepte zur Beurteilung der Wasserqualität, neuer mikrobiologischer und molekularbiologischer Methoden, der Wirksamkeitsprüfung physikalischer und chemischer Aufbereitungsmethoden sowie numerischer Modelle zur Abschätzung des Infektions- und Krankheitsrisikos bei der Wassernutzung. Die gewonnenen Erkenntnisse werden zur Ableitung effektiver und nachhaltiger Managementmaßnahmen zum Schutz der Gesundheit verwendet. Das ICC wurde dank kompetitiver Forschungsförderungsmittel durch das Bundesministerium für Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft (BMWFW) nachhaltig etabliert. Im Jahr 2017 wurde das ICC Water & Health um die Karl Landsteiner Privatuniversität für Gesundheitswissenschaften (KL) erweitert.

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