AG Angelegenheiten der Europaeischen Union
CSU im europapolitischen Abseits
Zu der Forderung der CSU-Landesgruppe im Deutschen Bundestag auf ihrer Klausurtagung in Wildbad Kreuth nach einem sofortigen Ende der Beitrittsverhandlungen mit der Tuerkei und einem generellen EU-Beitrittsstopp erklaert der zustaendige Berichterstatter der SPD-Bundestagsfraktion Dietmar Nietan:
Mit ihrer juengsten Forderung nach einem generellen Stopp aller Beitrittsgespraeche der Europaeischen Union und einem sofortigen Abbruch der Verhandlungen mit der Tuerkei stellt sich die CSU-Landesgruppe nun kollektiv ins europapolitische Abseits, in dem sich Teile ihrer Bundestagsabgeordneten bereits haeuslich eingenistet haben.
Der Beitritt zur Europaeischen Union folgt klaren Spielregeln, die auf den Kopenhagener Kriterien basieren und von allen Kandidaten ausnahmslos einzuhalten sind. Diese Kriterien liegen sowohl den in Kuerze abgeschlossenen Verhandlungen mit dem Beitrittskandidaten Kroatien zugrunde wie auch mit den seit vielen Jahren als Beitrittskandidaten beschlossenen Staaten Mazedonien (seit 2005) und Tuerkei (seit 1999). Gerade die in vielen Teilen positiv ausgefallene Bilanz des juengsten Fortschrittsberichts der Europaeischen Kommission zur Tuerkei belegt nachhaltig, dass die glaubhafte Perspektive auf eine Mitgliedschaft in der EU dazu beitraegt, notwendige Reformschritte in den betroffenen Kandidatenlaendern herbeizufuehren. Ein Vertrauensentzug zum jetzigen Zeitpunkt waere nicht nur hoechst unverstaendlich, sondern wuerde sich auch absolut kontraproduktiv auswirken.
Es ist somit purer Populismus, wenn seitens der CSU wieder einmal so getan wird, als wuerde innerhalb der EU unter Hochdruck daran gearbeitet werden, im Hauruck-Verfahren weitere Nachbarstaaten aufzunehmen. Es gibt keinen Beitrittsautomatismus, weder fuer die Tuerkei noch fuer die Staaten des westlichen Balkans. Der CSU-Forderung zufolge wuerde im Uebrigen auch einem Beitritt Islands, Norwegens oder jedes anderen Staates ein Riegel vorgeschoben werden. Aus eigener, strategischer Perspektive aber muss die EU ein Interesse daran haben, ihren Einfluss in Europa – sowohl im Mittelmeerraum als auch auf dem westlichen Balkan – auszuweiten und zu vertiefen.
Nicht uebereilt, sondern gut vorbereitet.
Die Gutsherrenart der CSU gegenueber unseren europaeischen Nachbarn mag dem herzoglichem Geist ihres Tagungsortes in Wildbad Kreuth entsprechen, von politischer Weitsicht zeugt sie nicht.
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