PINKWART-Interview für das ?Handelsblatt?

Berlin (pressrelations) –

PINKWART-Interview für das „Handelsblatt“

Berlin. Der stellvertretende FDP-Bundesvorsitzende, FDP-Landesvorsitzende und stellvertretende Ministerpräsident von Nordrhein-Westfalen, PROF. DR. ANDREAS PINKWART, gab dem „Handelsblatt“ (Donnerstag-Ausgabe) das folgende Interview. Die Fragen stellte THOMAS SIGMUND.
Frage: Die Union kritisiert die FDP, sie sei in der Regierung noch nicht in der Realität angekommen. Hat Ihr Koalitionspartner Recht, wenn er sagt, dass sie die Grundrechenarten nicht beherrschen?

PINKWART: Wenn die Union für sich beansprucht, immer in der Realität gewesen zu sein und die Grundrechenarten zu beherrschen, dann soll sie ihren Wählern auch erklären, warum sie jetzt etwas anderes sagt als vor der Wahl, obwohl sich die Faktenlage nicht geändert hat. CDU und CSU haben vor der Wahl Steuerentlastungen zwischen 15 und 28 Mrd. Euro versprochen. Mit der FDP haben sie sich dann auf 24 Mrd. Euro geeinigt.

Frage: Was folgern Sie daraus?

PINKWART: Teile der Union wollen sich nach und nach von ihren Wahlversprechen absetzen. Mich erinnert das an das Wahlversprechen der SPD aus dem Bundestagswahlkampf 2005, die Mehrwertsteuer nicht zu erhöhen. Nach der Wahl hat die SPD bekanntlich die größte Steuererhöhung in der Geschichte der Bundesrepublik mit beschlossen.

Frage: Was war das aus Ihrer Sicht?

PINKWART: Eine eindeutige Wählertäuschung, wie wir heute wissen. Ich kann die Union nur davor warnen, in die gleiche Richtung zu laufen. Das gilt übrigens auch für die Debatte um den Ausstieg aus der Atomenergie. Unsere Wähler hatten da andere Vorstellungen.

Frage: Kritisch hat sich auch ihr Koalitionspartner, der nordrhein-westfälische Ministerpräsident und CDU-Vize Jürgen Rüttgers geäußert.

PINKWART: 2005 ist die schwarz-gelbe Koalition in Nordrhein?Westfalen mit dem Motto „Geht nicht, gibt?s nicht“ angetreten und war damit sehr erfolgreich. In den letzten fünf Jahren haben wir das bewiesen. Gegen viele Widerstände, etwa bei den Steinkohlesubventionen oder der Haushaltskonsolidierung. CDU-Finanzminister Helmut Linssen hatte in der FDP immer einen verlässlichen Partner, wenn es darum ging, neue Prioritäten für Bildung zu setzen und gleichzeitig den Haushalt zu sanieren. Da hat sich keiner beschwert, wenn wir den Reformmotor anwarfen und die Kritik auf uns zogen.

Frage: Die Union argumentiert aber, sie wolle jetzt erst einmal die Steuerschätzung abwarten.

PINKWART: Die Haushaltslage war vor der Wahl bereits bekannt. Die finanzielle Lage wird sich auch nach der Steuerschätzung im Mai nicht wesentlich ändern. FDP und Union sind auch nicht angetreten, um Politik auf Grundlage einer einzigen Steuerschätzung zu machen. Wir sind angetreten, um eine grundlegende Steuerreform umzusetzen und den Haushalt strukturell wie durch mehr Wachstum wieder ins Lot zu bringen.

Frage: Woher soll das Geld kommen?

PINKWART: Wenn es um die Rettung von Banken oder Konzernen wie etwa Opel geht, ist irgendwie immer Geld da. Wenn es aber darum geht, denen mehr von ihrem Geld zu belassen, die den Karren ziehen, dann soll angeblich kein Geld da sein. Die Union muss jetzt klipp und klar sagen, ob sie die Mitte als Rückgrat unserer Gesellschaft stärken will oder ob sie sich mit denen gemein machen will, die nur auf Umverteilungspolitik setzen.

Frage: Was planen Sie konkret?

PINKWART: Bei dem, was wir verabredet haben, geht es erstens um Steuervereinfachungen und den Abbau von Steuerbürokratie. Zweitens wollen wir den so genannten Mittelstandsbauch beim Steuertarif abflachen, um die mittleren Einkommensbezieher vor der kalten Steuerprogression wirksam zu schützen.

Frage: Das Konzept erarbeiten Sie und Hermann Otto Solms gemeinsam?

PINKWART: Wir arbeiten gemeinsam mit den Fachpolitikern der Bundestagsfraktion und mit Unterstützung des Präsidiums an einem stimmigen Gesamtkonzept. Dazu gehört auch ein Fahrplan zur Konsolidierung der Haushalte.

Frage: Das ist dann die Gegenfinanzierung?

PINKWART: Wir müssen beides erreichen. Ein faireres Steuerrecht, das dem mündigen Steuerbürger gerecht wird und eine nachhaltige Konsolidierung der öffentlichen Haushalte. Nach meinem Verständnis bedingen beide Ziele einander.

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