LINDNER – Gastbeitrag für die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“

Berlin (pressrelations) –

LINDNER – Gastbeitrag für die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“

FDP-Sprecher WULF OEHME teilt mit:
Berlin. FDP-Generalsekretär CHRISTIAN LINDNER schrieb für die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ (heutige Ausgabe) den folgenden Gastbeitrag:

„Die Gründerväter der sozialen Marktwirtschaft hatten davor gewarnt, den Staat „zu einem Tag und Nacht arbeitenden Pumpwerk der Einkommen“ (Wilhelm Röpke) zu machen. Das Sozialstaats- sollte nicht gegen das Leistungsprinzip ausgespielt werden. Die Warnung ist verhallt. Wahlkämpfe wurden mit der Ausdehnung sozialer Transfers gewonnen ? nicht mit der Steigerung ihrer Wirksamkeit. In einem der am besten finanzierten Wohlfahrtssysteme sind viele Menschen dauerhaft von Arbeit und Bildung ausgesperrt. Obwohl soziale Zwecke bald ein Drittel der Wirtschaftsleistung beanspruchen, werden Sozialhilfekarrieren erblich. Der Wohlfahrtsstaat hat Eigenverantwortung entbehrlich gemacht, Aufstiegswillen gebremst und Mitmenschlichkeit durch anonyme Rechtsansprüche ersetzt ? und damit Mentalitäten geprägt.

Die alten Antworten sind in der Debatte präsent, wenn heute etwa die Grünen mit 20 Milliarden Euro Hartz IV auf 420 Euro erhöhen wollen. Neue Perspektiven erhält so niemand, aber die faire Balance der Interessen der Leistungsempfänger und der Leistungsgeber wird bedroht. Die Mitte der Gesellschaft ist solidarisch. Aber ihre Solidarität ist eine wertvolle Ressource, die nicht fahrlässig verwendet werden darf. Der Verteilungsstaat darf ihr nicht die finanzielle Freiheit nehmen, die die Mittelschicht für Eigenvorsorge und der innovative Mittelstand für Investitionen benötigen.

Steigende Sozialbudgets belegen nicht Sensibilität, sondern sinkende Erwerbsbeteiligung und mangelhafte Prävention. Soziale Sicherheit kann ohne Überbeanspruchung von Kommunen und Steuerzahlern nur garantiert werden, wenn sich die Aufgaben des Sozialstaats durch die Stärkung der Einzelnen und durch neue Beschäftigungschancen verkleinern. Dadurch vergrößern sich zugleich seine Handlungsmöglichkeiten, damit statt Einschränkung großzügige Hilfe für wirklich Bedürftige möglich wird. Nötig ist ein sozialpolitischer Paradigmenwechsel: Nicht Regelsätze müssen pauschal erhöht werden, sondern die Effizienz des Sozialstaats bei der Eröffnung fairer Lebenschancen.

Daraus folgt: Bildungsausgaben sind vorbeugende Sozialinvestitionen ? je früher, desto besser. In Brennpunkten brauchen wir etwa neue Knoten des sozialen Netzes wie kostenfreie Kindertagesstätten, die in Anlehnung an die nordrhein-westfälischen Familienzentren intensive Förderprogramme für die Kinder mit der Unterstützung der Eltern verbinden. Grundschulen dürfen nicht schlechter finanziert bleiben als gymnasiale Oberstufen. Kindern ist mit Sachleistungen wie Hausaufgabenhilfe, Programmen wie „Kein Kind ohne Mahlzeit“ oder einem Theaterbesuch oft besser geholfen als mit höheren Geldleistungen, die bei den Eltern das Lohnabstandsgebot berühren.

Sozialpolitik muss zu Beschäftigung aktivieren. Folge langjähriger Arbeitslosigkeit ist schließlich nicht zuerst materielle Armut, sondern vor allem die Armut an Anerkennung, Selbstbewusstsein und Lebenstüchtigkeit. Der alte Wohlfahrtsstaat selbst ist zur Ursache von Arbeitslosigkeit geworden, weil er Arbeit verteuert, falsche Anreize gesetzt und Hürden für Beschäftigung aufgebaut hat. Wir wollen ihn so erneuern, dass der Wiedereintritt in das Arbeitsleben für alle möglich, notwendig und attraktiv ist. Anders gesagt: „Wer arbeitet, muss mehr haben als der, der nicht arbeitet.“ Man kann die Realität beklagen: An ihrer Produktivität orientierte Löhne sichern für Geringqualifizierte angesichts der Konkurrenz durch Weltmarkt oder Schwarzarbeit vielfach nicht die Existenz. Ein übergreifender gesetzlicher Mindestlohn als politisches Diktat wiederum ist zu wenig flexibel und überdies anfällig für Wahlkampfmanöver und Wettbewerbsverzerrung ? er gefährdet so die Erwerbsbeteiligung vie ler. Armut trotz Arbeit darf es bei jedoch uns nicht geben. Deshalb muss der schrittweise Übergang in den ersten Arbeitsmarkt über Teilzeitarbeit und den Niedriglohnsektor erleichtert und von der Solidargemeinschaft gefördert werden: Niedrige Einkommen sollten wie beim bestehenden Midi-Job stärker von Sozialbeiträgen entlastet werden. Vom Hinzuverdienst zu Sozialleistungen muss mehr verbleiben. Beschäftigungshürden wie fehlende Kinderbetreuung müssen überwunden werden. Und auch die Arbeitsvermittlung selbst verträgt Leistungsanreize. In der Perspektive sollten die kaum noch überschaubaren Sozialtransfers in einer aktivierenden und bürokratiearmen Pauschalleistung fokussiert werden. Weil sie den Staat effizienter macht und den Menschen Freiheit und Würde gibt, nennen wir sie „Bürgergeld“.

Darum geht es der FDP.“

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