HOMBURGER-Interview mit der Hannoverschen Allgemeinen Zeitung

Berlin (pressrelations) –

HOMBURGER-Interview mit der Hannoverschen Allgemeinen Zeitung

BERLIN. Die Vorsitzende der FDP-Bundestagsfraktion Birgit HOMBURGER gab der „Hannoverschen Allgemeinen Zeitung“ (heutige Ausgabe) das folgende Interview. Die Fragen stellte Michael Grüter:

Frage: Der Staat nimmt mehr Steuern ein, als erwartet. Wurde die Lage dramatisiert, um Einsparungen durchzusetzen?

Homburger: In keiner Weise. Ich bin sehr froh, dass wir zu einem Paket gekommen sind, bei dem der Schwerpunkt auf dem Sparen und Konsolidieren liegt. Es geht nicht nur um das Einhalten der Schuldenbremse. Es geht auch um die Verantwortung für zukünftige Generationen. Das Sparpaket ist eine gute Nachricht für alle jungen Menschen in unserem Land.

Frage: Sollten Sie jetzt die Steuerreform wieder hervorholen, um die unteren und mittleren Einkommen zu entlasten?

Homburger: Das bleibt unser Ziel. Wir haben es zunächst zurück gestellt, weil wir derzeit andere Herausforderungen haben. Die langsam wieder anspringende Konjunktur ist ein zartes Pflänzchen und kein Grund, vom eingeschlagenen Pfad abzuweichen. Wir haben als Koalition die Chance zu zeigen, dass wir es mit der Haushalts-Konsolidierung ernst meinen, auch wenn sich die Lage bessert. Wir sollten sie nutzen. Mit einer Steuerreform wollen wir noch in dieser Legislaturperiode das Steuerrecht vereinfachen und die unteren und mittleren Einkommen entlasten. Es wird jetzt etwas leichter, Spielräume dafür zu erwirtschaften.

Frage: Werden deshalb vorerst die Steuersubventionen nicht angetastet?

Homburger: Alle Subventionen stehen auf dem Prüfstand. Es geht jedoch um die Einordnung in ein Gesamtkonzept. Das Gerüst des Sparpaketes ist gut. Aber natürlich wird es im Parlament noch Änderungen geben. Schließlich ist das Haushaltsrecht das Königsrecht des Parlaments.

Frage: Sie sprechen von einer Neuausrichtung der FDP. Wird der Wert Gerechtigkeit größeren Raum erhalten?

Homburger: Es gibt nur eine Partei in Deutschland, die für Freiheit steht. Das ist die FDP. Bei dem Markenkern wird es bleiben. Dabei heißt Freiheit für uns immer auch Verantwortung. Mit der Neujustierung unserer Programmatik reagieren wir auf neue Herausforderungen, beispielsweise bei den Finanzmärkten oder bei Bürgerrechten im Internet. Wir brauchen neue Regeln, um eine neue Verantwortungsethik in der Wirtschaft durchzusetzen. Die Verengung in der öffentlichen Wahrnehmung auf das Steuerthema werden wir korrigieren. Wir werden deutlich machen, dass wir programmatisch breiter aufgestellt sind. Neben dem Thema Wirtschaft und Arbeit rücken Bildung und Bürgerrechte mehr in den Vordergrund. Fairness des Staates im Umgang mit seinen Bürgern und Gerechtigkeit spielen dabei eine wichtige Rolle.

Frage: 60 Prozent der FDP-Anhänger wünschen sich, laut einer Umfrage, dass Vermögende und Besserverdienende vom Staat stärker heran gezogen werden. Wann erfüllen Sie diesen Wunsch?

Homburger: Es ist eine pure Selbstverständlichkeit, dass die Bürger nach ihrer Leistungsfähigkeit zur Finanzierung staatlicher Aufgaben herangezogen werden. Schon heute zahlt das obere Drittel der Steuerpflichtigen 80 Prozent der Lohn- und Einkommenssteuer. Außerdem werden wir diejenigen, die die Krise mit verantwortet haben, an den Kosten der Krise beteiligen. Deswegen führen wir eine Bankenabgabe und eine Finanzmarktsteuer ein.

Frage: Wird es vor der Sommerpause gelingen, klarzustellen, wie die Koalition das Milliardendefizit in der Krankenversicherung in den Griff bekommen will?

Homburger: Ich bin zuversichtlich. Für die FDP geht es um eine Lösung mit der man nicht nur das nächste Jahr übersteht, sondern die auf Dauer trägt. Sparen allein hilft nicht weiter. Wir brauchen auch eine strukturelle Änderung auf der Einnahmenseite, die einen Solidarausgleich beinhaltet.

Frage: In der politischen Stimmung liegt die FDP bei drei Prozent: Wie ernst ist die Lage?

Homburger: Wir werden mit der Vorstandsklausur am Wochenende wieder in die Offensive kommen. Die Koalition hat in einer schwierigen Situation entschlossen für Deutschland gehandelt. Die Bürger haben das nicht mitbekommen, weil gemeinsam gefundene Lösungen immer wieder zerredet wurden. Jedem in der Koalition muss klar sein, was es bedeutet, wenn wir dieses Bild nicht korrigieren. Mit klaren Positionen, die gemeinsam erarbeitet und vertreten werden, hat die Koalition alle Chancen.

Frage: Es heißt, dass Sie sich mit Generalsekretär Lindner im Alltagsgeschäft enger abstimmen. Stimmt das?

Homburger: Die Führung der FDP ist ein Team. Da hat jeder die Chance, mitzuarbeiten. Wir arbeiten eng zusammen. Als Fraktionsvorsitzende mache ich immer wieder darauf aufmerksam, dass die Fraktion viele kluge Köpfe hat, die glaubwürdig für Themen stehen, auch in Bereichen wie Soziales, Umwelt, Bürgerrechte oder Internet. Das werden wir für die breitere inhaltliche Aufstellung nutzen.

Frage: Muss auf der Klausur Druck vom Kessel genommen werden, damit die Präsidentenwahl nicht zum Stolperstein wird? Es gab da Äußerungen aus Hessen.

Homburger: In der Klausur hat der Vorstand erstmals Gelegenheit, die Lage der Partei zu analysieren und Schlüsse für die künftige Arbeit zu ziehen. Das hat sicher eine bereinigende Wirkung und wird gute Impulse für die weitere Arbeit geben. Was die Wahl des Bundespräsidenten angeht ist klar, dass es mit der FDP kein Geschacher um das höchste Staatsamt geben wird. Herr Wulff ist der gemeinsame Kandidat von Union und FDP. Es gibt eine große gemeinsame Wertebasis. Die FDP steht.

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