Matthias Miersch: Organisierte Verantwortungslosigkeit

Zur Befragung von Kanzleramtsminister Ronald Pofalla und
Finanz-Staatssekretaer Beus in der heutigen Sitzung des
Umweltausschusses sagt der umweltpolitische Sprecher der
SPD-Bundestagsfraktion Matthias Miersch:

Der „Verhandlungsfuehrer“ der Bundesregierung,
Kanzleramtsminister Ronald Pofalla, ist nicht in der Lage,
Einzelheiten ueber die Verhandlungen zwischen der Regierung und
den Atomkonzernen ans Tageslicht zu bringen. Auch er scheint in
der entscheidenden Phase der Verhandlungen nicht anwesend
gewesen zu sein. Die von der Bundesregierung mit der Aushandlung
des Geheimvertrages beauftragte Anwaltskanzlei scheint
mittlerweile die einzige Partei zu sein, von der sich das
Parlament noch Auskunft erhoffen kann. Sowohl Pofalla, wie auch
die Staatssekretaere Beus und Reiche, koennen nicht einmal
ausschliessen, dass es weitere, bisher unbekannte Vertraege der
Regierung mit den Konzernen gibt. Bei einer der wichtigsten
Fragen der Legislaturperiode herrscht in der Regierung
organisierte Verantwortungslosigkeit.

In der heutigen Sitzung des Umweltausschusses wurde zudem klar,
dass die von der Regierung in Auftrag gegebenen Gutachten zur
Laufzeitverlaengerung reine Makulatur sind. Bereits seit Juni
verhandelte die Regierung mit den Konzernen auf Grundlage einer
Laufzeitverlaengerung ueber Kernbrennstoffsteuer und
Foerderfonds. Die Gutachter von EWI und Prognos durften die
laengst feststehenden Ergebnisse nur noch im Nachhinein
oeffentlichkeitswirksam legitimieren. Staatssekretaer Beus
bestaetigte, dass die Gutachten der Institute in den
Verhandlungen keine Rolle gespielt haben.

Das sogenannte Energiekonzept der Bundesregierung faellt damit
weiter in sich zusammen. Das Fuehrungspersonal ist bei
entscheidenden Weichenstellungen abwesend, die Atomkonzerne
diktieren die Bedingungen: Fuer die Verbesserung der
Sicherheitsmassnahmen kalkuliert der Geheimvertrag mit 500
Millionen Euro pro AKW, waehrend das BMU bei acht von 17 Anlagen
intern von 600 Millionen Euro bis zu ueber eine Milliarde Euro
ausgeht. Jeder zusaetzlich zu den 500 Millionen Euro in
Sicherheit investierte Betrag wird von den Konzernen gegen ihre
Abgaben angerechnet. Die Atomkonzerne werden ausserdem alle
ueber den aktuellen Stand hinausgehenden Kosten der
Endlagersuche von ihren Abgaben an die Bundesregierung abziehen.
Mittlerweile ist eindeutig, dass in Sachen Energiepolitik der
Schwanz mit dem Hund wackelt.

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