Zum Stand der Deutschen Einheit erklaert die Parlamentarische
Geschaeftsfuehrerin der SPD-Bundestagsfraktion und Vorsitzende
der Landesgruppe Ost in der SPD Bundestagsfraktion Iris Gleicke:
Der 20. Jahrestag der Deutschen Einheit ist unbestritten ein
grossartiges Datum, dass wir zurecht feiern. Schliesslich wurde
die Grundlage fuer unser heutiges Leben in Freiheit und
Demokratie vor mehr als 20 Jahren von vielen mutigen Menschen
gelegt, die den SED-Staat und sein undemokratisches System aus
eigener Kraft ueberwunden haben. Darauf koennen wir in Ost wie
West gemeinsam stolz sein. Natuerlich wollen auch wir nicht die
seitdem erzielten grossartigen Erfolge verschweigen. Die
Buergerinnen und Buerger in Ostdeutschland leben in
individueller Freiheit und Demokratie – viele von ihnen auch in
Wohlstand und sozialer Teilhabe. Die ostdeutsche Infrastruktur
wurde im Rekordtempo erneuert. Viele Staedte und Doerfer
erstrahlen in neuem Glanz.
Doch zu einer ehrlichen Bilanz gehoert auch, dass die soziale
Einheit des Landes noch laengst nicht vollzogen ist. Die
Angleichung der Lebensverhaeltnisse kommt nur schleppend voran.
Der anhaltende Rueckstand in der Wirtschaftskraft hat laut
Einschaetzung ostdeutscher Wirtschaftsforschungsinstitute vor
allem strukturelle Gruende. Ursache hierfuer war auch der
Zusammenbruch ganzer Industrien nach der Wende, aber auch die
Treuhandpolitik der damaligen Bundesregierung. Es mutet daher
fuer viele Ostdeutsche grotesk an, wenn im Jahresbericht steht:
„Die mit der Privatisierung und Sanierung der Staatsunternehmen
beauftragte Treuhandanstalt konnte auf Grund ihres konsequenten
Privatisierungskonzeptes bereits 1994 ihren Kernauftrag, den
Unternehmensbestand zu privatisieren, weitgehend abschliessen.
Damit war eine grundlegende Voraussetzung fuer die Herausbildung
einer leistungsfaehigen privaten Unternehmensbasis in den Neuen
Laendern geschaffen.“
Es ist peinlich, wie unverhohlen die Bundesregierung in ihrem
Jahresbericht damit verschweigt, dass die
Treuhandprivatisierungen ganz im Gegenteil zur Folge hatte, dass
viele Investoren sich so ihrer missliebigen ostdeutschen
Konkurrenz entledigen konnten. Es kommt deshalb nicht von
ungefaehr, dass beispielsweise die Arbeitslosigkeit trotz
Beschaeftigungszuwaechsen immer noch nahezu doppelt so hoch ist
wie im Westen. Dennoch befoerdert die Bundesregierung den Abbau
Ost und begruendet dies mit einem Nachholbedarf West.
In einem Entschliessungsantrag fordert die
SPD-Bundestagsfraktion daher Planungssicherheit fuer die
ostdeutschen Laender. Eine erfolgreiche Aufbau Ost Politik muss
dabei folgenden drei Praemissen folgen:
1. Der Solidarpakt II muss unangetastet bleiben. Er ist und
bleibt die wichtigste Grundlage fuer die Fortsetzung des Aufbau
Ost.
2. Gleichzeitig kommt es darauf an, dass eine nachhaltige
Finanzpolitik fortgesetzt wird. Damit sollen Forschung und
Entwicklung, Wirtschaft und Mittelstand weiter gefoerdert
werden.
3. Es muessen alle Kuerzungen zulasten der Entwicklung
Ostdeutschlands rueckgaengig gemacht werden. Dazu gehoert das
bewaehrte Programm „Stadtumbau Ost“ ebenso wie die
Gemeinschaftsaufgaben fuer die Wirtschaft. Den drohenden
Fachkraeftemangel muessen wir mit intelligenten Loesungen und
Initiativen kompensieren. Daneben muss die Leistungsfaehigkeit
der ostdeutschen Universitaeten und Hochschulen gestaerkt und
nicht abgebaut werden. Das Stipendienprogramm der
Bundesregierung bewirkt hier das Gegenteil.
Wir erwarten ein klares Bekenntnis der Bundesregierung fuer den
weiteren Aufbau Ost und fuer soziale Teilhabe aller in
Deutschland. Die Angleichung der Lebensverhaeltnisse muss fuer
die Bundesregierung oberste Prioritaet haben.
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