Intuition versus Qualität und Kosteneffizienz
Angesichts des immer deutlicher werdenden Spezialistenmangels in den verschiedensten Fachbereichen gewinnt die qualifizierte Personalauswahl zunehmend an Bedeutung. Dies gilt insbesondere für Unternehmen mit hohen Innovationsgraden. Vor dem Hintergrund knapper werdender Fachkräfte können es sich vor allem klein- und mittelständische Unternehmen nicht mehr leisten, bei ihren Einstellungen Fehleinschätzungen zu unterliegen. Gerade im Mittelstand, in dem das Aufgabenspektrum der Mitarbeiter in der Regel sehr umfassend und ein hoher Selbständigkeitsgrad bei der Erledigung der Aufgaben erforderlich ist, wird die Personalauswahl angesichts des deutlichen Spezialistenmangels zunehmend schwieriger.
Die Entscheidungsträger in klein- und mittelständischen Unternehmen sind Multifunktionsträger. Sie pushen den Vertrieb, sorgen für eine effiziente Produktion, gestalten den Einkauf, fungieren als Impulsgeber für Innovationen und eine kostengünstige Verwaltung. Die Personalauswahl wird in der Regel ebenfalls durchgeführt. War die Personalauswahl nicht gut genug, wurde die Person durch eine andere ersetzt. Das Angebot war vorhanden. Diese Zeiten gehören heute allerdings der Vergangenheit an. Es mangelt an Spezialisten. Die erste Personalauswahl muss passen, da es nur wenige bis keine Alternativen gibt. Aber wie ist eine effiziente und aussagkräftige Personalauswahl zu gestalten? Welche Kriterien sind anzusetzen, nach welchen Maßstäben ist zu beurteilen, und schlussendlich: Wie sind Entscheidungen zu treffen? Oder soll tatsächlich weiterhin ausschließlich der Intuition gefolgt werden, die sich nach Durchsicht der Bewerbungsunterlagen und dem Vorstellungsgespräch eingestellt hat?
Was genau ist Personalauswahl?
Personalauswahl bezeichnet die Zuweisung von Stellenaspiranten – in der Regel interne und externe Aspiranten – zu Arbeitsplätzen unter wirtschaftlichen, rechtlichen, sozialen und ideologischen Rahmenbedingungen und mittels Rekrutierung und Auswahltechniken, die im Idealfall eignungsdiagnostisch fundiert sind. Es geht um die Entwicklung von Kriterien, die Bestimmung von Vorhersagekennwerten, die Einstufung von Arbeitsleistungen, die Bestimmung des Zusammenhangs von Vorhersagewert und wirklicher Arbeitsleistung und die Auswahl der Personen.
Um diese Kriterien anwenden zu können, bedarf es eines konkreten Anforderungsprofils der vakanten Position. Dieses Anforderungsprofil sollte zunächst die Ziele beschreiben, die mit der Besetzung der Position verfolgt werden. Ebenso wichtig sind die Voraussetzungen des Kandidaten hinsichtlich der persönlichen und fachlichen Eignung.
Wie sind erstklassige Bewerbungen zu erhalten?
Der Grundsatz „Wahre Schönheit kommt von innen“ sollte in jedem Fall Berücksichtigung finden. Möchten die klein- und mittelständischen Unternehmen im Wettbewerb um die besten Köpfe mithalten, sollten sie die positiven Merkmale ihres Unternehmens herausstellen. Dabei muss sich jedes Unternehmen zunächst die Frage stellen, ob es die Kriterien eines attraktiven Arbeitgebers erfüllt: Entwicklungsperspektiven, ein positives Arbeitsklima, eigenverantwortliches Arbeiten und Work-Life-Balance. Nur sofern das Unternehmen auf diesen Gebieten attraktive Angebote unterbreiten kann, wird es hohe Interessensbekundungen von geeigneten Kandidaten erhalten.
Assessment-Center – probates Mittel oder Täuschung?
Ein scheinbar geeignetes Mittel findet in Großunternehmen und Konzernen stete Anwendung: das Assessment-Center. Seine Ursprünge liegen in China. Nach dem Ersten Weltkrieg hielt es seinen Einzug in Deutschland und wurde 1920 an der Universität Berlin vertieft und weiterentwickelt. Aber ist das Assessment-Center tatsächlich ein geeignetes Mittel, insbesondere für klein- und mittelständische Unternehmen? Und welche Alternativen bieten sich anstelle des Assessment-Centers an?
Der Arbeits- und Organisationspsychologe Werner Sarges beanstandete 2009 die Messtauglichkeit des Assessment-Centers und Ain Kompa, Wirtschafts- und Sozialwissenschaftler, 2004 seine Wirksamkeit. Insbesondere die Manipulationsfähigkeit in den Persönlichkeitstests, beschrieben von Martin, Bowen und Hunt 2002, lässt erhebliche Zweifel an der Tauglichkeit dieses Auswahlprozesses aufkommen. Darüber hinaus sind Assessment-Center sehr kostenintensiv. Fraglich ist auch, ob Wettbewerb unter Kandidaten in Zeiten des Teamgedankens noch angemessen ist.
Wie erfolgt die Entwicklung von Kriterien?
Bei der Personalauswahl ist ein Kriterium ein Merkmal, das bei der Auswahl relevant für die Entscheidung ist. Relevante Merkmale sind jedoch von Unternehmen zu Unternehmen verschieden. Ein Unternehmen, das in einer Matrixorganisation arbeitet, sollte völlig andere Einstiegskriterien voraussetzen als ein Unternehmen, das in einer straffen hierarchischen Linienorganisation arbeitet. Während in Linienorganisationen auf Führungsebene oftmals starke Charaktere gefordert werden, ist in der Matrixorganisation eher der integrierende, moderierende Projektmanager gefragt. Insofern gilt es, bei der Stellenbesetzung die Organisation zu hinterfragen und daraus resultierende Charaktereigenschaften für Kandidaten festzulegen.
Ein klassischer Begriff, der sich zurzeit in fast jeder Stellenausschreibung finden lässt, ist die so genannte „hands-on-Mentalität“. Hierbei handelt es sich jedoch um eine Worthülse ohne Aussagekraft. Der Begriff ist so gut wie bedeutungslos, denn die praktische Umsetzung von Ideen oder Vorhaben dürfte in annähernd allen Berufen Grundvoraussetzung sein. Viel mehr empfiehlt es sich, zur Beschreibung von Kriterien eindeutige Begriffe zu benutzen. Beispielhaft seien hier Beschreibungen angeführt wie zielstrebig, also auf Ziele konzentriert, analytisch, das heißt, eine Gesamtheit gedanklich in ihre einzelnen Bestandteile zerlegen zu können, initiativ, sprich, den Impuls für Handlungen geben zu können und kooperativ, also aktiv an einer Handlung mit zu wirken.
Je eindeutiger die Kriterien dargestellt werden, desto genauer lassen sich Abgrenzungen der Kandidatenprofile vornehmen.
Wie sind Vorhersagekennwerte und Arbeitsleistungen zu bestimmen?
Die Quelle von Missverständnissen, auch Arbeitszeugnis genannt, findet nach wie vor Anwendung bei der Vorhersage von Verhalten und Arbeitsleistung eines potenziellen Mitarbeiters. Viele Unternehmen verkennen dabei, dass es sich bei Arbeitszeugnissen um eine rückwärtsgewandte Beurteilung handelt. Darüber hinaus kommen Arbeitszeugnisse, insbesondere bei disharmonischen Vertragsauflösungen, durch so genannte kooperative Zeugniserstellung zustande, sprich: Der freigestellte Mitarbeiter verfasst sein Zeugnis selber. Das Resultat: Eine objektive Beurteilung hat nicht stattgefunden.
Alternativen bieten drei Möglichkeiten, die sich mit wenig Aufwand realisieren lassen. Auf der Basis der Zustimmung der Kandidaten, können „Referenzen“ eingeholt werden. Diese sind nicht auf den/die letzten Arbeitgeber zu beschränken. Bei einem Vertriebsprofi sollten beispielsweise Referenzen bei Kunden eingeholt werden können. Nicht zu vernachlässigen ist in jedem Fall auch das private Umfeld des Kandidaten, denn hieraus lassen sich Rückschlüsse auf das Sozialverhalten des Kandidaten ziehen. Ein weiterer Aspekt ist die „Schriftpsychologie“, nicht zu verwechseln mit der Grafologie beziehungsweise grafologischen Gutachten. Seit den späten 60er Jahren wird die Schriftpsychologie in Abgrenzung zur Grafologie als empirisch fundierte und kontrollierte Methode der Handschriftendiagnostik entwickelt. Mit der Schriftpsychologie kann unter anderem die Persönlichkeit des Kandidaten bestimmt werden. Das wohl wirksamste Mittel bei der Personalauswahl ist das so genannte „berufliche Profiling“. Es besticht durch seine hohe Genauigkeit und seine Objektivität. Bei dem beruflichen Profiling können Wissen (Kompetenzen), Ressourcen (Finanzen, Technik, Zeit, Führung), kognitive Fähigkeiten (Können), berufliche Motivation (Wollen) und Verhaltensstärken (Potenziale) festgestellt werden.
Fazit
Der vorherrschende und sich weiter verschärfende Spezialistenmangel macht eine gezielte Personalauswahl notwendig. Allein die Kosten der Ersatzbeschaffung übersteigen unter den derzeitigen Bedingungen am Arbeitsmarkt bei weitem die Kosten für eignungsdiagnostische Methoden.
Während in Deutschland weniger als 10 Prozent der Stellen durch geeignete diagnostische Verfahren besetzt werden, sind es in Großbritannien, Irland und Skandinavien mehr als 50 Prozent und in den Niederlanden sogar über 70 Prozent. Die Forderung nach objektiven und damit diskriminierungsfreien Personalentscheidungen wird durch das 2006 in Kraft getretene Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz bestärkt.
Andreas Heegt ist Inhaber des Personalberatungsunternehmens HEEGT – RESULT Executives Company. Die HEEGT – RESULT Executives Company ist ein international tätiges Personalberatungsunternehmen, dessen Kernkompetenz im Recruiting von Führungs- und Fachkräften für klein- und mittelständische Unternehmen liegt. Die HEEGT – RESULT Executives Company legt größten Wert auf die Individualität jeder zu besetzenden Position und sucht gezielt nach Kandidaten, die die Werte und Ziele eines Unternehmens leben und entwickeln.
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