Die 5. Kammer des Verwaltungsgerichts Frankfurt (Oder) hat am 16. 02. 2012 entschieden, dass die von einer GmbH erhobene Klage, die sich gegen die der Zwangsgeldfestsetzung vorangegangenen abfallrechtlichen Ordnungsverfügungen richtet, ohne Erfolg bleibt. Die Klage scheiterte, da es sich entgegen der Behauptungen der GmbH bei den abgelagerten Bodenmaterialien auf einem Pferdehof um ,,Abfall“ im Sinne des Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetzes (KrW-AbfG) handele, welcher entsorgt werden müsse. Weiterhin besteht die abfallrechtliche Verantwortlichkeit der Klägerin auch im Falle einer Veräußerung solcher Bodenmaterialien an den Grundstücksinhaber.ilex erklärt die Hintergründe.
1. Sachverhalt zur Entscheidung (vereinfacht)
Das Bodenschutzamt wurde darüber informiert, dass auf einem Pferdehof größere Mengen Bodenmaterialien, nämlich Baggergut, abgelagert wurden. Mit Ordnungsverfügung wurde die GmbH dazu verpflichtet, diese zur Ablagerung gebrachten Abfälle (das Baggergut) ordnungsgemäß zu entsorgen. Für den Fall, dass die GmbH dieser Ordnungsverfügung nicht nachkommen sollte, wurde ein Zwangsgeld angedroht. Die Ordnungsverfügung wurde bestandskräftig. Da die GmbH der Ordnungsverfügung nicht nachkam, wurde ein Zwangsgeld festgesetzt. Der gleiche Sachverhalt spielte sich auf dem Grundstück einer Frau im Landkreis Barnim ab. Mit einer weiteren Ordnungsverfügung verbunden mit einer Zwangsgeldandrohung wurde die GmbH verpflichtet, das Baggergut zu entsorgen.
Gegen die der Zwangsgeldfestsetzung vorangegangenen Ordnungsverfügungen wandte sich die GmbH. Sie hat gegen die Ordnungsverfügungen einen Nichtigkeitsfeststellungsantrag und einen Anfechtungsantrag gestellt. Hilfsweise wollte sie den Beklagten verpflichten, über den gestellten Antrag auf Wiederaufgreifen des Verfahrens zu entscheiden. Sie war der Ansicht, dass es sich bei den Materialien, die auf dem Pferdehof gelagert worden seien, nicht um ,,Abfall“ im Sinne des Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetzes handele. Außerdem behauptete die GmbH, dass sie die Ordnungsverfügungen erfüllt habe, weil das auf dem Hof abgelagerte Material der weiteren Verwertung als Baustoff zugeführt und an den Eigentümer des Hofes veräußert worden sei. Ein bereits vor Klageerhebung begehrter vorläufiger Rechtsschutz gegen die Anordnungen wurde von der Kammer abgelehnt.
2. Die Entscheidung des Verwaltungsgerichts Frankfurt (Oder)
Die 5. Kammer des Verwaltungsgerichts Frankfurt (Oder) wies die Klage der GmbH zurück.
Zwar kann gemäß § 43 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) durch Klage die Feststellung der Nichtigkeit eines Verwaltungsakts begehrt werden. Jedoch sind die Ordnungsverfügungen des Beklagten entgegen der Ansicht der GmbH nicht nichtig. Ein Verwaltungsakt ist nichtig, wenn er an einem besonders schwerwiegenden Fehler leidet und dies auch offensichtlich ist. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist ein Fehler besonders schwerwiegend, wenn er mit tragenden Verfassungsprinzipien unvereinbar ist. Die Ansicht der GmbH, dass die Behörde willkürlich gehandelt und somit gegen ihr Grundrecht aus Art. 3 Abs. 1 GG verstoßen habe, führt jedenfalls nicht zur Nichtigkeit der Ordnungsverfügung, sondern nur zu deren Vernichtbarkeit im Wege der Anfechtungsklage. Der Umstand, dass die Handlung der deutschen Behörde gegen europäisches Gemeinschaftsrecht verstoße, begründet ebenfalls keinen besonders schwerwiegenden Fehler im Sinne des Gesetzes. Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes (EuGH) ergibt sich die Einstufung eines Stoffes oder Gegenstandes als Abfall aus dem Verhalten des Besitzers und der Bedeutung des Ausdrucks ,,sich entledigen“. Dieser Ausdruck ist im Lichte von Art. 174 Abs. 2 EG auszulegen, der bestimme, dass die Umweltpolitik der Gemeinschaft auf den Grundsätzen der Vorsorge und Vorbeugung beruhe. Dies sei insbesondere dann der Fall, wenn der verwendete Stoff ein Produktions- oder Verbrauchsrückstand sei, was vorliegend bejaht wurde.
Die gegen die Zwangsgeldfestsetzung erhobene Anfechtungsklage scheiterte ebenfalls. Rechtsgrundlage für die Zwangsgeldfestsetzung ist § 15 Abs. 1 Verwaltungsvollstreckungsgesetz für das Land Brandenburg. Hiernach kann ein Verwaltungsakt mit Zwangsmitteln durchgesetzt werden, wenn er unanfechtbar ist oder wenn ein Rechtsmittel keine aufschiebende Wirkung hat. Der Umstand, dass die GmbH die fachgerechte Entsorgung des Baggerguts zugesagt hat und die Ordnungsverfügung habe bestandskräftig werden lassen, spricht dafür, dass auch sie von der Abfalleigenschaft des Baggerguts ausgegangen ist. Weiterhin besteht die abfallrechtliche Verantwortlichkeit der GmbH. Zwar hat sie das Bodenmaterial an den Inhaber des Pferdehofes veräußert. Allerdings bleibt gemäß § 11 KrW-/AbfG auch der Erzeuger von Abfällen zur Abfallbeseitigung verpflichtet, auch wenn dieser nicht mehr die tatsächliche Sachherrschaft über die Abfälle hat. Die Verantwortlichkeit der GmbH als bisherige Besitzerin für die Erfüllung ihrer Entsorgungspflicht bleibt bestehen.
3. Fazit
Das Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetz betont – im Interesse einer umweltverträglichen Abfallwirtschaft – die Eigenverantwortlichkeit von Erzeugern und Besitzern von Abfällen. Diese werden dazu verpflichtet, die Abfälle ordnungsgemäß zu verwerten oder zu entsorgen. Das Gesetz trägt dem Verursacherprinzip Rechnung, das allgemein im Umweltrecht gilt. Diesem Grundsatz würde es widersprechen, wenn ein zur Entsorgung Verpflichteter sich von dieser Pflicht durch Übertragung des Abfallbesitzes an einen Dritten befreien könnte. Die Entsorgungspflicht ist eine erfolgsgerichtete Leistungspflicht, für deren Erfolg der Erzeuger und jeder Besitzer haftet.
Es zeigt sich daher, dass die betroffenen Unternehmen sich frühzeitig dem Thema annehmen und mit den Behörde strittige Fragen im Vorfeld klären sollten.
Dr. Stephan Gärtner
Rechtsanwalt