Viele E-on Mitarbeiter sollen versetzt werden

Was sind ihre Rechte bei einer Änderungskündigung? Ein Beitrag von Fachanwalt für Arbeitsrecht Alexander Bredereck und Rechtsanwalt Dr. Attila Fodor, Essen

Die Süddeutsche Zeitung (SZ) berichtet in ihrer Online-Ausgabe vom 12.12.2011, dass die kommende Umstrukturierung des Energieriesen E-on einen Umzug für viele Mitarbeiter bedeuten könnte. In München wird die Konzerntochter Eon Energie dem Medienbericht zufolge geschlossen. Der Standort in Essen soll wohl mit mehr Kompetenzen verbunden werden. Es scheint möglich, dass der Konzernumbau nicht nur bedeutet, dass Stellen abgebaut werden, sondern auch, dass viele Mitarbeiter aufgefordert werden, etwa von München ins Ruhrgebiet zu ziehen.

Will der Arbeitgeber eine Änderung der Arbeitsbedingungen erreichen (z.B. die Versetzung), wird er zunächst prüfen, ob er dies kraft seines Weisungsrechts anordnen kann.

Lässt der Arbeitsvertrag eine solche Anordnung nicht zu, bleibt die Möglichkeit einer einvernehmlichen Änderung, zu der der Arbeitnehmer zustimmen muss. Zustimmen wird ein Arbeitnehmer regelmäßig nur, wenn der Arbeitsplatz- und Wohnortswechsel seine Lebensplanung nicht durcheinanderwirbelt. Viele Arbeitnehmer von Eon werden sich in München oder anderswo eine Existenz aufgebaut haben und familiär an die Region gebunden sein. Es ist anzunehmen, dass viele familiär an die Region gebunden sind. Nicht alle werden einem Wohnortwechsel zustimmen wollen.

Weigert sich der Arbeitnehmer, bleibt dem Arbeitgeber nur die Änderungskündigung. Das ist eine Kündigung des Arbeitsverhältnisses, verbunden mit dem Angebot, das Arbeitsverhältnis zu geänderten Bedingungen (in diesem Fall mit geändertem Arbeitsort) fortzusetzen, falls sich der Arbeitnehmer mit den neuen Arbeitsbedingungen einverstanden erklärt.

Was ist eine Änderungskündigung und woraus besteht sie?

Die Änderungskündigung besteht aus
1 einem Angebot, in welchem die künftig gewollten – geänderten -Arbeitsbedingungen genau formuliert sind und
2 einer Kündigung des Arbeitsverhältnisses, die zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses führen soll, wenn sich der Arbeitnehmer mit dem Änderungsangebot nicht einverstanden erklärt.

Wirksamkeit einer Änderungskündigung

Die Änderungskündigung muss daher alle rechtlichen Anforderungen erfüllen, die auch sonst bei einer Kündigung zu beachten sind. Soweit das Kündigungsschutzgesetz auf das Arbeitsverhältnis Anwendung findet (bei unbefristeten Arbeitsverhältnissen, die länger als 6 Monate andauern und in Betrieben mit mehr als 10 Arbeitnehmern ist dies stets der Fall), sind die Voraussetzungen ähnlich hoch, wie bei einer Beendigungskündigung. Wichtig zu wissen: Die Änderung der Arbeitsbedingungen ist nur dann rechtens, wenn sie sozial gerechtfertigt ist.

Ebenfalls wichtig: Wenn das Angebot des Arbeitgebers nur ein einziges unzulässiges Änderungsverlangen enthält, ist die gesamte Änderungskündigung unwirksam.

Der Arbeitgeber muss bei einer Änderungskündigung die Kündigungsfrist beachten, wenn nicht – ausnahmsweise – eine außerordentliche fristlose Änderungskündigung erlaubt sein sollte.

Reaktion des Arbeitnehmers bei Erhalt einer Änderungskündigung

Der Arbeitnehmer hat bei Erhalt der Änderungskündigung folgende Möglichkeiten:

1. Der Arbeitnehmer kann der Änderung der Arbeitsbedingungen zustimmen. Das Arbeitsverhältnis wird dann zu den geänderten Arbeitsbedingungen (etwa am neuen Arbeitsort Essen) fortgesetzt.

2. Der Arbeitnehmer kann die Änderung der Arbeitsbedingungen unter dem Vorbehalt annehmen, dass die Änderung der Arbeitsbedingungen nicht sozial ungerechtfertigt ist. Diesen Vorbehalt muss der Arbeitnehmer innerhalb der Kündigungsfrist – also innerhalb von drei Wochen nach Zugang der Kündigung – gegenüber dem Arbeitgeber erklären. Der Arbeitnehmer muss außerdem innerhalb von drei Wochen nach Zugang der Kündigung eine sogenannte Änderungsschutzklage beim Arbeitsgericht erheben und die Feststellung verlangen, dass die Änderung der Arbeitsbedingungen sozial ungerechtfertigt ist. Gewinnt der Arbeitnehmer die Änderungsschutzklage, besteht das Arbeitsverhältnis zu unveränderten Bedingungen fort. Verliert der Arbeitnehmer, besteht sein Arbeitsverhältnis zu den geänderten Arbeitsbedingungen fort.

3. Der Arbeitnehmer kann die Änderung der Arbeitsbedingungen ablehnen. Er kann innerhalb einer Frist von drei Wochen ab Zugang der Kündigung Kündigungsschutzklage erheben. Gewinnt der Arbeitnehmer die Kündigungsschutzklage, besteht das Arbeitsverhältnis zu unveränderten Arbeitsbedingungen fort. Verliert der Arbeitnehmer, ist das Arbeitsverhältnis beendet.

Bewertung der Varianten

Variante 1: Diese Variante bedeutet einen Verzicht des Arbeitnehmers auf seine Rechte. Trotzdem kann das sinnvoll sein. In einem Kleinbetrieb in dem das Kündigungsschutzgesetz ohnehin nicht gilt, könnte ein Arbeitgeber sonst vielleicht auf den Gedanken kommen, dem widerspenstigen Arbeitnehmer eine Beendigungskündigung zu geben.

Variante 2: Diese Variante ist in der Regel die Beste, weil sie dem Arbeitnehmer die beste Verhandlungsposition bietet und damit eine gute Ausgangslage für einen Vergleich.

Variante 3: Kann sinnvoll sein, wenn die Änderungskündigung mit einer Vergütungsherabsetzung verbunden ist und man für den Fall ihrer Wirksamkeit lieber komplett auf das Arbeitsverhältnis verzichten will. Nimmt man in einem solchen Fall die Änderungskündigung unter Vorbehalt an (Variante 2) ist das gefährlich. Man muss im Falle der Wirksamkeit unter Umständen selber kündigen und handelt sich dadurch Ärger bei der Bundesagentur (Sperrzeit) ein.

Vorsicht Falle: Frist für die Reaktion des Arbeitnehmers

Der Arbeitgeber kann (und sollte) dem Arbeitnehmer eine Frist für die Annahme des Änderungsangebotes setzen. Diese darf nicht kürzer als drei Wochen sein, andernfalls wird sie entsprechend angepasst. Setzt der Arbeitgeber keine Frist, sollte der Arbeitnehmer trotzdem sicherheitshalber innerhalb der Drei-Wochen-Frist reagieren, auch wenn er das Änderungsangebot ohne Vorbehalt annehmen will. Lässt der Arbeitnehmer zu viel Zeit verstreichen, ist seine Erklärung wirkungslos. Das Arbeitsverhältnis endet dann.

Wenn der Arbeitnehmer die Annahme unter Vorbehalt nicht direkt gegenüber dem Arbeitgeber, sondern in der Kündigungsschutzklage erklärt, besteht die Gefahr, dass die Erklärung dem Arbeitgeber verspätet zugeht, da die Klage dem Arbeitgeber erst durch das Gericht zugestellt werden muss.

Fachanwaltstipp für Arbeitnehmer: Das Vorgehen gegen eine Kündigung lohnt sich in Betrieben mit mehr als zehn Mitarbeitern nahezu immer. Wenn auch das Arbeitsverhältnis meist nicht gerettet werden kann: Zumindest eine Abfindung in Höhe eines halben Bruttomonatsgehalts pro Jahr der Beschäftigung (manchmal auch sehr viel mehr) ist regelmäßig drin. Auch wenn ein Sozialplan besteht, rate ich fast immer zur Kündigungsschutzklage. Meist können die Bedingungen der Beendigung deutlich verbessert und die Abfindung aufgestockt werden. Auch Änderungen der Arbeitsbedingungen sollte man auf ihre Wirksamkeit hin prüfen lassen. Hat man zugestimmt, ist später nichts mehr zu retten.

Ein Beitrag von Fachanwalt für Arbeitsrecht Alexander Bredereck und Rechtsanwalt Dr. Attila Fodor, Essen

13.12.2011

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