NIEBEL-Interview für die „Saarbrücker Zeitung“

(BSOZD.com-NEWS) Berlin. FDP-Generalsekretär DIRK NIEBEL gab der „Saarbrücker Zeitung“ (Montag-Ausgabe) das folgende Interview. Die Fragen stellte STEFAN VETTER.
Frage: Herr Niebel, SPD-Chef Franz Müntefering hat sich für Steuerschecks zur Ankurbelung der Binnenkonjunktur ausgesprochen. Das müsste Sie doch freuen, oder?
NIEBEL: Wir brauchen keine punktuelle, sondern eine generelle Entlastung der Bürger. Die Steuerschecks, auch Konsumgutscheine genannt, sind doch nur ein Strohfeuer, bei dem ohnehin geplante Ausgaben vielleicht vorgezogen werden. Außerdem funktionieren sie nach dem Prinzip: linke Tasche, rechte Tasche.
Frage: Wie das?
NIEBEL: Erst wird die Mehrwertsteuer um drei Prozentpunkte erhöht, und hinterher sollen die Leute Gutscheine erhalten, um sich etwas kaufen zu können. Nötig ist eine echte Steuerstrukturreform, die für eine nachhaltige Entlastung breiter Bevölkerungsschichten sorgt.
Frage: Das sagt Bundeskanzlerin Angela Merkel auch. Allerdings will sie das Vorhaben erst nach der nächsten Bundestagswahl verwirklichen…
NIEBEL: Wir brauchen die Reform jetzt, um die negativen Auswirkungen der Konjunkturkrise so weit wie möglich abzufedern. Es ist auch schlichtweg unglaubwürdig, wenn eine Regierungschefin mit einer großen Mehrheit im Rücken sagt, alles was notwendig ist, machen wir erst nach der Wahl. Die Bundesregierung hat in drei Jahren 19mal die Steuern erhöht. Da klingt es wie ein schlechtes Märchen, wenn sie erst nach der Wahl das Ruder herumreißen will, aber jetzt kein praktisches Signal dafür gibt.
Frage: Die Hälfte der Privathaushalte zahlt gar keine Steuern. Damit würde eine Entlastungswirkung zum großen Teil verpuffen.

NIEBEL: Die Steuerstrukturreform muss mit einer echten Reform in den sozialen Sicherungssystemen kombiniert werden. Deshalb unterstützt die FDP nicht nur die weitere Senkung des Beitrags zur Arbeitslosenversicherung. Eine Beitragsentlastung ist auch in der Rentenversicherung möglich. Und zwar um 0,3 Prozentpunkte, ohne die Auszahlung der Renten zu gefährden. Gerade das wäre eine echte Entlastung für kleine Einkommen, die zwar keine Steuern, wohl aber Sozialbeiträge zahlen.
Frage: In der Union denken viele ähnlich. Erwarten sie auf dem heute beginnenden CDU-Bundesparteitag einen Aufstand gegen Merkel?
NIEBEL: Ich würde mir wünschen, dass die bei CDU-Mitgliedern als notwendig und richtig erkannten Maßnahmen auch gegen die Kanzlerin und Parteivorsitzende Angela Merkel durchgesetzt werden. Ich ahne aber, dass der wirtschaftspolitische Sachverstand in der Union so weit unter einem Stein versteckt ist, dass er auch bei ihrem Delegiertentreffen in Stuttgart nicht freigelegt wird.
Frage: Selbst die beste Steuerreform braucht ihre Zeit. Aber die Rezession ist jetzt akut. Haben Sie Vorschläge für Sofortmaßnahmen?
NIEBEL: Die volle steuerliche Absetzbarkeit der Krankenversicherungsbeiträge – vom Bundesverfassungsgericht ohnehin vorgegeben – ließe sich schon auf den 1. Januar 2009 vorziehen. Hinzu käme eine Absenkung der Beiträge auch in der Rentenversicherung. Außerdem könnten wir auf die Einführung des Gesundheitsfonds verzichten, der die Krankenversicherung für die meisten verteuert, ohne dass ein einziger Patient deshalb besser versorgt wäre.

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