Karlsruhe/Stuttgart 28.11.2013. Um festzustellen, ob sich ein Standort für ein Windkraftprojekt eignet, brauchen Investoren, Projektierer und Anlagenbetreiber ein Gutachten. Dabei müssen sie allerdings Unsicherheiten aus Meteorologie und Technologie in Kauf nehmen – was sich wiederum direkt auf die Finanzierung der Projekte durch die beteiligten Banken auswirkt. Neue Wege, um solche Risiken zu minimieren, geht der Karlsruher Wetterdienstleister EWC. In Kooperation mit dem Zentrum für Sonnenenergie- und Wasserstoff-Forschung Baden-Württemberg (ZSW) wurde eine neuartige Methode des Langzeitbezugs von Windmessungen (MCP) für Windkraftstandorte entwickelt, die wetter- und technologiebedingte Unsicherheiten gegenüber den herkömmlichen Verfahren deutlich reduziert.
Auf tiefen neuronalen Netzen aufbauend, ermöglicht dieses Verfahren der süddeutschen Projektpartner nicht-lineare Korrekturen der langen Zeitreihen, die die Korrelation, also die zeitliche Übereinstimmung, zur Messung verbessert. Das Ergebnis basiert auf aktuellen Messwerten vor Ort und liefert eine 34 Jahre umfassende, stündliche Windzeitreihe für die projektierte Windkraftanlage bzw. den Messstandort.
Bei der detaillierten Evaluation des maschinellen Lernverfahrens zeigt sich eine deutliche Überlegenheit gegenüber herkömmlichen Methoden.
So ist die Häufigkeitsverteilung der Windgeschwindigkeit sowie die Korrelation zwischen Messung und Langzeitdaten optimiert und weist in allen betrachteten Fällen wesentlich geringere Fehler in der Ertragsabschätzung auf als zum Beispiel bei klassischen Verfahren mit linearen Regressionen oder der Matrix-Methode. Bei der Untersuchung stellte sich heraus, dass schon bei einer Messdauer von neun Monaten das vorgestellte Verfahren der süddeutschen Forscher und Dienstleister das Qualitätsniveau der klassischen Methoden erreicht. Bei längeren Beobachtungszeitreihen kommt die ganze Stärke des Verfahrens zum Tragen: Selbst an komplexen Standorten lassen sich bisherige Fehler um bis zu 50 Prozent reduzieren, sobald die Messdauer 12 Monate erreicht.
Neben der Messdauer spielt auch die Verfügbarkeit der Langzeitdaten eine große Rolle. Die Zeitreihen basieren auf MERRA-Reanalyse-Daten, für die EWC aus 3D-Daten individuelle Windprofile mittels verifizierter Downscaling-Verfahren berechnet. Ein weiterer Vorteil: Die letztmonatlich fehlenden Reanalysen werden durch Daten anderer Wettermodelle ersetzt. Ein Bezug zu aktuellen Messdaten von „gestern“ ist somit immer gegeben.
„Mit Hilfe der selbstoptimierenden neuronalen Netze können wir den systematischen Fehler (BIAS) und den Verteilungsfehler so stark minimieren, dass die Korrelation der Langzeitreihe der Winddaten auf stündlicher Basis extrem hoch ist. So erhalten wir eine sehr belastbare Windzeitreihe für einen neuen Windparkstandort mit einem in Energie umgerechneten Ertragsfehler, der nur halb so groß ist wie bisher verwendete Methoden“, erklärt Jon Meis, Geschäftsführer von EWC. Anton Kaifel, Leiter der Arbeitsgruppe Modellierung und Optimierung am ZSW, sieht seine langjährige Erfahrung bestätigt, dass die Vorteile tiefer neuronaler Netze voll ausgespielt werden können. „Um dieses Ergebnis zu erreichen, so Anton Kaifel weiter, „optimieren und trainieren wir die Netze mehrere Stunden auf Hochleistungsgrafikkarten (GPU), die etwa Faktor 100 schneller rechnen als ein leistungsfähiger PC.“
„Mit diesen 34-jährigen Zeitreihen“, erläutert Jon Meis weiter, „werden von unseren Kunden die weiteren Berechnungen zur Finanzierung von Windkraftprojekten durchgeführt. Durch den verbesserten Langzeitbezug der Messungen wird der P90 des langjährigen Parkertrags größer.“ Der P90 gibt denjenigen Wert an, dass der prognostizierte langjährige mittlere Jahresenergieertrag mit einer Wahrscheinlichkeit von 90% nicht unterschritten wird. „Das spiegelt sich dann in der Werthaltigkeit des Projekts wider.“ Interessenten können die langzeitkorrigierten Windzeitreihen ab sofort bei EWC über info@weather-consult.com beziehen.