Landesrundfunkrat Baden-Württemberg berät Haushalt 2010
SWR-Intendant Boudgoust: Sparzwang als Chance nutzen
Stuttgart. Der Landesrundfunkrat Baden-Württemberg des Südwestrundfunks (SWR) hat in seiner heutigen Sitzung (Freitag, 6. November 2009) in Stuttgart den Haushaltsplan-Entwurf 2010 beraten. Im Mittelpunkt stand dabei der Etat des Landessenders Baden-Württemberg. SWR-Intendant Peter Boudgoust erläuterte den Gremienmitgliedern die schwierige finanzielle Situation, die die Planungen des Haushalts für das kommende Jahr bestimmt. Boudgoust: „Wir stehen vor einer der größten Aufgaben der Unternehmensgeschichte. Es geht nicht darum, weniger Wachstum zu verkraften, vielmehr stehen wir vor einem realen Minus an Einnahmen. Früher ging es darum, was wir noch zusätzlich machen. Heute müssen wir uns fragen, wovon wir uns trennen können.“ Boudgoust erklärte, dass der jetzige Haushaltsplan der letzte routinemäßige Etat für längere Zeit sei. Es sei abzusehen, dass sich ab 2011 alle Bereiche des Hauses auf weitergehende Sparmaßnahmen einstellen müssten. Auch SWR-Verwaltungsdirektor Viktor von Oertzen unterstrich, dass ein einfaches „weiter so“ keine zukunftsfähige Option sei. Mit dem Haushalt 2010 beginne der Übergang in einen Prozess der Veränderungen. Von Oertzen: „Es wird neben dem Ausgleich der Einnahmeausfälle erforderlich sein, Mittel in nicht unerheblicher Höhe frei zu setzen, um damit in neue Strukturen, neue Formate und neue Verbreitungswege zu investieren.“
Als Gründe für die schwierige finanzielle Lage nannten SWR-Intendant Peter Boudgoust und Verwaltungsdirektor Viktor von Oertzen neben den politischen Rahmenbedingungen, wie den Finanzausgleich und die Vorgaben der KEF, den drastischen Rückgang der Gebührenerträge. Boudgoust verwies darauf, dass 2008 erstmals die Gebührenerträge geringer waren als im Vorjahr. Die neuesten Schätzungen bis 2020 zeigten für die ARD einen Rückgang der Gebührenerträge um etwa 15 Prozent. Diese negative Entwicklung zeichne sich auch für den SWR im Haushaltsplan 2010 ab. Peter Boudgoust: „Gegenüber dem Planansatz 2009 wird der SWR 2010 rund 10 Millionen Euro weniger an Gebühren einnehmen.“ Zudem wirke sich die Wirtschaftskrise negativ auf die Ertragssituation aus. Wer seinen Arbeitsplatz verliere und auf staatliche Hilfe angewiesen sei, müsse keine Rundfunkgebühren zahlen. Boudgoust: „Die Wirtschaftskrise zeigt, dass der öffentlich-rechtliche Rundfunk trotz seiner Gebührenfinanzierung von wirtschaftlichen Entwicklungen keineswegs ausgenommen ist. Im Gegenteil: Während unsere kommerziellen Konkurrenten sich in guten Jahren ein dickes Finanzpolster ansammeln und dann in schlechten Zeiten davon zehren können, sind wir so finanziert, dass die Gebühr nie mehr als unseren Bedarf deckt. Außer für die Altersversorgung, wo der Gesetzgeber uns Rücklagen vorschreibt, legen wir nichts auf die hohe Kante, sondern stecken jeden Euro in unser Programm.“ Dies gelte auch in wirtschaftlich schwierigen Zeiten. Boudgoust: „Wir begreifen die Notwendigkeit zu sparen nicht als Gefahr, sondern als Chance, unsere Programme noch stärker auf den öffentlich-rechtlichen Auftrag auszurichten. Damit greifen wir zum effektivsten Mittel, um die Gebührenakzeptanz zu erhöhen: Wir wollen mit unseren Programmen mehr Menschen erreichen, also auch die Altersgruppen und Schichten, die uns zum Teil schon den Rücken gekehrt haben.“
Als gelungenes aktuelles Beispiel, wie der SWR kreativ neue Hörer, Zuschauer und Internetnutzer gewinnen könne, nannte Boudgoust die SWR1 Hitparade. Erstmals wurde der einwöchige Hitparadenmarathon, der bei Radiohörern seit Jahren Kultstatus genießt, nicht nur online, sondern auch im SWR Fernsehen kontinuierlich begleitet. Boudgoust: „Noch nie haben wir es im Landessender geschafft, Radio, Fernsehen und Online derart zu verschmelzen. Wir haben ein Erfolgsmodell noch erfolgreicher gemacht. In diese Richtung werden wir weitergehen und solche Aktionen künftig ausbauen.“ SWR-Landessenderdirektorin Ingrid Felgenträger ergänzte, dass besonders das „TV-Special zur SWR1 Hitparade“ am Samstag überdurchschnittlich erfolgreich gewesen sei. Felgenträger: „Mit einem Durchschnittsalter von 55 Jahren haben wir auch ein merklich jüngeres Publikum erreicht, als wir es sonst im SWR Fernsehen gewohnt sind.“
Ingrid Felgenträger erklärte, dass das Nettobudget des Landessenders Baden-Württemberg für das kommende Haushaltsjahr 38,9 Millionen Euro betrage. Der Ansatz falle per Saldo um 0,2 Millionen Euro höher aus als im Vorjahr. Dies beruhe auf gegenläufige Entwicklungen. Die Programmaufwendungen seien um 2 Prozent angehoben worden. Den Etat verringerten hingegen zum Beispiel der Wegfall der Sondermittel für Wahlen. Felgenträger: „Wir setzen im Etat der Landessenderdirektion Baden-Württemberg auf Flexibilität. Wir wollen künftig mehr Spielräume für innovative Programmprojekte gewinnen, die wir auch während des Jahres noch angehen können. Mehr denn je möchten wir solche Projekte medienübergreifend gestalten und Radio, Fernsehen und Internet mit einbeziehen.“
Die geplanten Haushaltsmittel des Nettobudgets in Höhe von 38,9 Millionen Euro verteilen sich wie folgt auf die einzelnen Bereiche der Direktion: Mit 21,9 Millionen Euro entfallen auf den Bereich Fernsehen 56,3 Prozent des Nettobudgets des Landessenders Baden-Württemberg. 7,1 Millionen Euro, dies entspricht 18,3 Prozent, entfallen auf die beiden Hörfunkwellen SWR1 Baden-Württemberg und SWR4 Baden-Württemberg. 8,0 Millionen Euro sind für die Studios in Baden-Württemberg geplant, für die zentralen Aufgaben der Direktion, die Infrastrukturaufgaben sowie programmliche Sonderprojekte stehen 1,9 Millionen Euro zur Verfügung.
Der Vorsitzende des Landesrundfunkrats Volker Stich erklärte, dass der SWR-Landessender Baden-Württemberg dank großer Haushaltsdisziplin und konsequenter wirtschaftlicher Optimierung auch im Haushaltsjahr 2010 sein Leistungsprofil erhalten könne. Die Beratung des Haushaltsplanentwurfs 2010 habe deutlich gemacht, dass der Landessender in allen Bereichen des öffentlichen Lebens, in der Landesinformation, der Landeskultur und dem Sport ein konkurrenzlos umfassendes und vielfältiges Angebot bereithalte. Die Verschlechterung der finanziellen Rahmenbedingungen und die Veränderung der Mediennutzung werde aber schon in nächster Zukunft vieles in Frage stellen. Stich: „Die strategische Neuausrichtung des SWR wird auch den Landesrundfunkrat Baden-Württemberg vor neue schwierige Entscheidungen stellen. Die Stärken des Landessenders Baden-Württemberg in der Landesinformation, der regionalen Aktualität und der Landeskultur werden aber Mittelpunkt aller neuen Überlegungen bleiben.“
Der Landesrundfunkrat Rheinland-Pfalz wird den Haushaltsplan 2009 am Freitag, 13. November 2009, in Mainz beraten. Der Verwaltungsrat legt den SWR-Haushaltsplan am 20. November 2009 in Stuttgart fest. Der Rundfunkrat entscheidet dann am 4. Dezember 2009 ebenfalls in Stuttgart über die Genehmigung des Hauhaltsplans 2010.
Pressekontakt: Wolfgang Utz, Tel.: 07221/929-2785, E-Mail: wolfgang.utz@swr.de