Walter Kolbow: SPD fordert Waffenstillstand: Gewalt fuehrt nicht zu Frieden

(BSOZD.com-NEWS) Berlin. Zu der aktuellen Situation im Gaza-Streifen erklaert der stellvertretende Vorsitzende der SPD-Bundestagsfraktion Walter Kolbow:

Das Geschehen in Gaza kann wohl noch lange nicht abschliessend beurteilt werden. Soviel aber kann schon jetzt gesagt werden: Die Luftangriffe und die Wiedereroberung des Gaza-Streifens sind nach israelischen Angaben seit langem geplant gewesen. Diese Militaeraktionen zielen auf die Ausschaltung der seit Jahren Israel mit Kurzstreckenraketen angreifenden HAMAS.

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Diese radikal-islamische Organisation, die als innerpalaestinensische Opposition gegen die FATAH Arafats von Israel bis Anfang der 90er Jahre unterstuetzt worden war, ist inzwischen seit langem der unversoehnlichste Feind Israels in der arabischen Welt. Das Erstarken und die Machtergreifung der HAMAS im Gaza-Streifen waren auch die Folge der Schwaeche der FATAH von Praesident Abbas. Der Wahlsieg von HAMAS hatte seine Gruende weniger in der Attraktivitaet dieser Organisation als in der Tatsache, dass die Politik der gemaessigten Palaestinenser nie richtig von Israel gewuerdigt wurde. Der trotz aller internationalen Proteste weitergehende Ausbau der illegalen Siedlungen, der Bau der Mauer und Hunderter von Strassensperren sowie viele andere Repressionen bewiesen taeglich die Machtlosigkeit von Abbas und FATAH und spielten HAMAS somit in die Haende.

Die Raketenterror-Politik der HAMAS gegen Israel aber war und ist verbrecherisch und dazu selbstmoerderisch. Aufgrund der gegebenen Staerkeverhaeltnisse musste diese Politik im Desaster enden. Diese Angriffe sind fuer Israel zwar militaerisch nicht existenzbedrohend, aber fuer die betroffene Bevoelkerung im Sueden Israels sehr schmerzhaft.

So sehr daher die Gegenwehr gegen diese Bedrohung berechtigt und nachvollziehbar ist, so wenig Verstaendnis ist fuer das Ausmass der Vergeltungsaktion aufzubringen. Die israelische Reaktion hat jetzt schon zum groessten Blutbad seit dem Krieg von 1967 gefuehrt. Ueber 500 Tote und etwa 2.500 Verletzte sind bisher zu beklagen, davon ein grosser Teil Zivilisten. Die nun laufende Boden-Invasion wird viele weitere Opfer fordern.

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Die humanitaere Situation in Gaza ist nach Aussagen von UN-Vertretern so schlimm wie nie zuvor. Wasser-, Strom- und Nahrungsmittelknappheit sowie der Zusammenbruch der medizinischen Versorgung treffen insbesondere die Zivilbevoelkerung. Was in Gaza derzeit passiert, ist die Traumatisierung einer ganzen Bevoelkerung, die neuen Hass und zunehmende Terrorbereitschaft erzeugen wird.

Die international immer lauter werdende Kritik befuerchtet, dass Israel mit seinem harten Vorgehen eine einvernehmliche Loesung des Israel-Palaestina-Problems erheblich erschweren wird. Bisher lehnt Israel alle internationalen Vermittlungsversuche sowohl der EU als auch Praesident Sarkozys ab und ist auch nicht zu einem humanitaeren Waffenstillstand bereit. Ebenso unbeeindruckt zeigt sich Israel gegenueber den Appellen des UN-Generalsekretaers und des Internationalen Roten Kreuzes.

Zweifellos wird es Israel gelingen koennen, die militaerischen Mittel der HAMAS zu zerstoeren. Es ist aber mehr als fraglich, ob damit auch die politische Macht der HAMAS gebrochen wird. Mit hoeherer Wahrscheinlichkeit ist damit zu rechnen, dass die palaestinensische Bevoelkerung sich nicht wie erwuenscht von HAMAS abwendet, sondern dass deren zynisches Kalkuel aufgeht und sich weitere grosse Teile der Palaestinenser radikalisieren werden.

Noch sind die Reaktionen in der arabischen Welt eher verhalten. Den meisten Regierungen dieser Laender kommt eine Schwaechung der HAMAS wohl auch nicht ungelegen, die arabischen Bevoelkerungen jedoch solidarisieren sich zunehmend mit den Palaestinensern. Es muss aber befuerchtet werden, dass dieser Krieg bei laengerem Andauern weitere Stufen der Gewalteskalation im Nahen Osten mit sich bringen wird. Erste gewalttaetige Demonstrationen im Westjordanland weisen darauf hin, dass jetzt schon die Gefahr einer Eskalation des Gaza-Krieges auf die Westbank nicht auszuschliessen ist.

Wenn der scheidende Ministerpraesident Olmert glauben sollte, mit dieser Aktion die Schlappe gegen die HIZBOLLAH von 2006 auswetzen zu koennen, wird er sich getaeuscht haben. Momentan sieht es eher danach aus, als dass das israelische Vorgehen HAMAS politisch staerken wird. Der politische Schaden koennte indes noch viel groesser werden als der des Libanon-Krieges, sollte nicht umgehend die Gewalt beendet werden. Dazu muss HAMAS umgehend seinen Raketen-Terror aufgeben. Israel jedoch muss sich darauf einstellen, HAMAS politisch nicht besiegen zu koennen.

Wie Aussenminister Frank-Walter Steinmeier und die EU fordert daher auch die SPD-Bundestagsfraktion: Die Konsequenz aus heutiger Sicht kann nur lauten: Sofortige Einstellung aller Kampfhandlungen, humanitaere Hilfe fuer die Bevoelkerung und intensive Bemuehungen um tragfaehige Verhandlungsloesungen.

© 2009 SPD-Bundestagsfraktion – Internet: www.spdfraktion.de

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