(BSOZD.com-NEWS). Viersen. In den vergangenen Jahren und Monaten haben sich die Fälle von Kindeswohlgefährdungen kurz nach der Geburt gehäuft. Meist waren die Täter überforderte Familien, die sich in einer psychosozialen Notlage befanden. Die Frauenklinik des Allgemeinen Krankenhauses Viersen (AKH) hat jetzt darauf reagiert und in Zusammenarbeit mit dem Fortbildungszentrum Bensberg ein überregionales und bundesweit einmaliges Fortbildungsangebot für Hebammen ausgearbeitet, um gefährdete Familien zu erkennen und zu betreuen. „Wirksamer Kinderschutz muss schon direkt nach der Geburt einsetzen“, sagt Dr. Wolf Lütje, Chefarzt der Frauenklinik des AKH Viersen. „Familien erreicht man nie so gut und niederschwellig wie in dieser Zeit. Deshalb ist es so wichtig, dass gerade Hebammen für diese Thematik sensibilisiert werden.“
Bei der Schulung zur Erkennung von Familien in psychosozialen Notlagen erhalten die Hebammen unter anderem das Wissen, wer wann und wo helfen kann. „Wir sind dabei, ein regionales Netzwerk zu schaffen“, so Dr. Christoph Aring, Chefarzt der Kinderklinik St. Nikolaus des AKH Viersen und Mitglied der Arbeitsgemeinschaft Mutter-Kind-Gesundheit in Viersen. In dieser AG sind alle Organisationen wie die Kliniken, die Jugend- und Gesundheitsämter sowie die Träger der Sozialvorsorge miteinander vernetzt. Sie alle arbeiten fallbezogen vor allem mit den am AKH angebundenen Familienhebammen zusammen. „Wenn die Geburtshelfer, Hebammen, Kinderärzte oder die Jugendhilfe die einzigen Anlaufstellen sind, bei denen gefährdete Kinder kurzfristig wahrgenommen werden, dann müssen wir diese Anlaufstellen zum Schutz der Kinder noch stärker miteinander verknüpfen,“ ist Aring überzeugt. Damit soll der Teufelskreis aus Isolation und Gewalt, in dem viele Familien stecken, durchbrochen werden.
Die Schlüsselrolle nehmen dabei unter anderem die Hebammen ein, die kurz nach der Geburt für die Nachsorge von Mutter und Kind zuständig sind. Denn gerade Hebammen genießen ein großes Vertrauen und sind ein niederschwelliger Lotse im Netzwerk psychosozialer Angebote. „Durch die Schulung soll den Hebammen das Rüstzeug mitgegeben werden, um problematische Familien zu erkennen“, erklärt Lütje. Als psychosozial problematisch gelten Alleinerziehende, schwangere Teenager, Familien mit finanziellen Problemen, Migrantenfamilien, Familien mit Gewalterfahrung, Familien mit psychiatrischen Erkrankungen sowie Familien mit starkem Nikotin-, Alkohol- und Drogenkonsum. Themen der Schulung waren außerdem Rechtsfragen zur Vermeidung von Kindeswohlgefährdung, Schwangerenberatung mit Informationen zu sozialen Sicherungssystemen, Drogen- und Gewaltproblematik sowie Prophylaxe und Begleitung von jungen Müttern.
Ziel ist es, dass alle Frauen, die im AKH Viersen entbinden, eine Nachsorge-Hebamme in Anspruch nehmen. „Wenn es gelänge, alle im Umfeld tätigen Hebammen entsprechend zu schulen, wäre möglicherweise ein bundesweit modellhafter Ansatz für die Vermeidung von Kindeswohlgefährdung gefunden“, so der Chefarzt der Frauenklinik. Historisch gesehen, sei der Berufsstand der Hebamme schon immer für die Familienarbeit prädestiniert gewesen. Die Hebammen würden in Zukunft wieder ursprüngliche Aufgaben wahrnehmen, deren Bedeutung heute größer ist, denn je. Wenn alle jungen Familien eine entsprechend geschulte Hebamme haben, wird es weniger Kindeswohlgefährdung geben, sind sich die Organisatoren der Fortbildung sicher.
Bisher wurden 14 Hebammen geschult, wie sie mit Problemfamilien in der Nachsorge umgehen sollten. Bis zum Jahresende soll es eine Webseite mit Suchfunktion geben (www.mutterkindgesundheit.de), um die betreffenden Ärzte beziehungsweise Hebammen der Region zu finden.
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