Anette Kramme / Gabriele Hiller-Ohm: Von der Leyen ueberfordert

Zu dem Referentenentwurf zur Bemessung der Regelsaetze erklaeren
die sozialpolitische Sprecherin der SPD-Bundestagsfraktion
Anette Kramme und die zustaendige Berichterstatterin Gabriele
Hiller-Ohm:

Mit dem vorgelegten Referentenentwurf wird offenkundig, dass die
zustaendige Bundesministerin Ursula von der Leyen mit der
Umsetzung des Urteils des Bundesverfassungsgerichtes
ueberfordert ist.

Was die Regierungskoalition unter der durch das
Bundesverfassungsgericht geforderten Transparenz und einem
sachgerechten Verfahren versteht, wird daran deutlich, dass
ueber die Hoehe der Regelsaetze am naechsten Sonntag zwischen
Merkel und Westerwelle entschieden wird: „Daumen hoch oder
runter“ wie bei Gladiatoren-Wettkaempfen ist dabei zwar gelebte
spaetroemische Dekadenz, aber eben auch verfassungswidrig.
Verfassungskonform ist nur die konsequente Auswertung der
Einkommens- und Verbrauchsstichprobe und der daraus ermittelten
Bedarfe. Wer zwanghaft so lange rechnet, bis der Regelsatz nicht
den Wert von 400 Euro uebersteigt, versuendigt sich nicht nur an
den Hilfeempfaengern, sondern auch am Urteil der Karlsruher
Richter. Ein solches verfassungswidriges Vorgehen wird die SPD
im parlamentarischen Verfahren nicht mittragen.

Gleiches gilt fuer die wenigen Regelungen, die bereits
feststehen: So kritisieren die Wohlfahrtsverbaende die
Fortschreibung der Regelsaetze auf Grundlage eines Misch-Indexes
von Preissteigerung und Lohnentwicklung zu Recht als Verstoss
gegen die Karlsruher Entscheidung, denn die allgemeine
Lohnentwicklung hat mit dem Bedarf von Leistungsempfaengerinnen
und Leistungsempfaengern zuerst einmal nichts zu tun.

Vollends blamiert sich Ursula von der Leyen mit den Leistungen
fuer Kinder: Wer den ganzen Sommer die Republik damit
beschaeftigt, wie wunderbar eine „Bildungschipkarte“ sei, jetzt
aber nur „einen Bedarf zur Teilhabe am sozialen und kulturellen
Leben in der Gemeinschaft in Hoehe von x Euro monatlich“
(Paragraf 28 Absatz 6 SGB II des Entwurfs) formuliert, und in
der Begruendung verschaemt anmerkt, dass 25 bis 30 Euro im Jahr
fuer die Mitgliedsbeitraege im Sportverein ausreichen, hat die
Dimension des Problems nicht begriffen. Dabei sind die nunmehr
vorgesehenen Gutscheine fuer die Teilhabe am sozialen und
kulturellen Leben nicht nur hochgradig buerokratisch und
stigmatisierend, sondern stellen eben auch nicht sicher, dass
entsprechende Angebote ueberhaupt zur Verfuegung stehen. Fuer
die SPD ist es daher unabdingbar, dass die Infrastruktur
geschaffen werden muss, damit Vereine moeglichst in Kooperation
mit den Schulen flaechendeckende Angebote anbieten.

Allen Sachkundigen ist klar, dass die Gesamtkosten der Reform
inklusive der Regelsaetze etwa bei zehn Milliarden Euro liegen
werden. Dies geht aus Berechnungen hervor, die das Institut fuer
Arbeitsmarkt- und Berufsforschung der Bundesagentur fuer Arbeit
bereits im Jahr 2008 veroeffentlicht hat.

© 2010 SPD-Bundestagsfraktion – Internet: http://www.spdfraktion.de