ARD-Plusminus deckt Missstand beim Gesundheitsfonds auf: Software-Fehler kostet Beitragszahler Milliarden Euro

Leipzig (pressrelations) –

ARD-Plusminus deckt Missstand beim Gesundheitsfonds auf: Software-Fehler kostet Beitragszahler Milliarden Euro

Leipzig (mdr) ? Die Krankenkassen kassieren ungerechtfertigt Geld aus dem Gesundheitsfonds. Dabei profitieren sie von Softwarefehlern. Das berichtet das ARD-Wirtschaftsmagazin Plusminus. So ordnen Abrechnungssysteme Patienten automatisch nicht vorhandene Krankheiten zu. Dadurch erhalten die Kassen Geld für Behandlungen, die nicht stattfinden. Zudem werden eingegebene Daten nicht automatisch auf Plausibilität geprüft, um so Fehler oder Manipulation aufzuspüren. Nach Schätzungen des Gesundheitsökonomen Prof. Stefan Sell entsteht dadurch ein Schaden von bis zu zehn Milliarden Euro bei den Versicherten.

Einer der EDV-Fehler liegt in der Abrechnungssoftware für Augenärzte. Sie ordnet Patienten automatisch einen Code für eine nicht vorhandene HIV-Infizierung zu. Jetzt wurde bekannt, dass es davon im ersten Quartal dieses Jahres in Nordrhein-Westfalen rund 3.200 Fälle gab. Bundesweit wird die Zahl auf mehrere Zehntausend geschätzt. Allein dadurch erhalten die Krankenkassen nach Hochrechnungen von Gesundheitsexperten insgesamt etwa 160 Millionen Euro zusätzlich pro Jahr.

Für Gesundheitsexperten wie Prof. Sell ist dieser Fall nur die Spitze des Eisberges. Der Programmierer des Abrechnungssystems, die IFA-Systems, kennt die Schwachstellen der EDV: „Statistisch gesehen gibt es in jedem Quartal 2,5 Millionen Codierungsfehler mit verschiedenen Ursachen, die auch zu mehr Geld für die Kassen führen können. Eine Plausibilitätsprüfung ? wie sie der Gesundheitsfonds vorschreibt – könnte die Fehlerquote jedoch minimieren.“ Nach Firmenangaben ist der konkrete Fehler bei den Augenärzten jetzt behoben.

Nachdem der Fehler bei den Augenarztpatienten erkannt wurde und der Schaden identifizierbar ist, könnte man die zu unrecht geflossenen Gelder von den Kassen zurückfordern. Dafür ist das Bundesversicherungsamt zuständig. Doch dort sieht man derzeit keinen Handlungsbedarf. Ein Sprecher erklärt: „Der Schaden hält sich in Grenzen. Da offenbar alle Kassen profitiert haben, ist es ein Nullsummenspiel.“ Nach Meinung von Prof. Stefan Sell ist diese Einschätzung skandalös: „So ist das nicht. Durch die Codierfehler entstehen Mehrkosten von rund 10 Milliarden Euro. Die müssen bezahlt werden. Als Folge werden die Zusatzbeiträge steigen, die allein die Versicherten zahlen müssen.“

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Moderation Jörg Boecker
Dienstag, 10. November 2009, 21:50 Uhr im Ersten

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