(BSOZD.com-NEWS) Hilpoltstein. Der Vogelschutz in Deutschland kann Erfolge vorweisen, verzeichnet aber auch weitere Rückschläge. Das zeigt die neue „Rote Liste der Brutvögel Deutschlands“, die heute in Berlin vom von den LBV-Partnern Naturschutzbund (NABU), Deutscher Rat für Vogelschutz (DRV) und Dachverband Deutscher Avifaunisten (DDA) der Öffentlichkeit vorgestellt wurde. Gezielte Maßnahmen des Artenschutzes haben bewirkt, dass es manchen der früher gefährdeten Vogelarten jetzt wieder besser geht. Dafür sind jedoch die Bestände anderer Arten zusammengebrochen, so dass in den Gefährdungskategorien der Roten Liste nach wie vor 110 Arten stehen.
Inzwischen sind der Schreiadler und 29 weitere Vogelarten vom Aussterben bedroht – die höchste Zahl seit 1991. Wenn heute fast jede achte heimische Vogelart aus Deutschland zu verschwinden droht, dann muss die Naturschutzpolitik in Brüssel, in Berlin und München dringend darauf reagieren“, stellte Dr. Andreas von Lindeiner, Artenschutzreferent des LBV und Präsident des DRV fest. Die Ergebnisse aktueller Untersuchungen zeigen auch in Bayern stärkste Rückgänge bei Vogelarten der Agrarlandschaft auf und hier besonders solche, die das Grünland besiedeln. Als Beispiele nannte er den Großen Brachvogel (hochgestuft in Kategorie 1, vom Aussterben bedroht!), den Kiebitz, das Braunkehlchen und den Wiesenpieper. „Die Rote Liste zeigt, dass es trotz hoher Förderungen noch nicht gelungen ist, dringend notwendige Erfordernisse des Artenschutzes in Agrarumweltprogramme zu integrieren“, so von Lindeiner. Ohne die Einrichtung ökologischer Vorrangflächen in den Betriebsablauf und ohne einen Stopp beim Grünlandumbruch seien die Ziele für die Artenvielfalt in der Kulturlandschaft nicht zu erreichen.
Als „stark gefährdet“ sind weitere 24 Vogelarten der Roten Liste gekennzeichnet, als „gefährdet“ 14 Arten. Unter ihnen sind die am Boden brütenden Vogelarten, die über die Sahara ziehenden Zugvögel und die sich von großen Insekten ernährenden Arten am stärksten von Gefährdungen betroffen. Nur knapp die Hälfte der 260 einheimischen Vogelarten kann als ungefährdet gelten, weil die Individuenzahlen und Entwicklungen ihrer Bestände gut sind. Zu ihnen gehören nicht nur Amsel, Blaumeise und Buchfink, sondern auch Arten, für deren Schutz der Naturschutz seit Jahrzehnten kämpft, wie Seeadler, Wanderfalke, Kranich und Uhu. „Hier zeigt sich, dass Deutschland seine vielfältige Vogelwelt erhalten kann, wenn der Naturschutz seine Kenntnisse und Mittel konsequent wie z.B. in den bayerischen Artenhilfsprogrammen anwendet. Allerdings werden diese ‚Flaggschiff-Arten’ trotz ihres nun abgestuften Gefährdungsgrades auch weiter vom LBV betreut, um ihre Entwicklung zu dokumentieren und ggf. gezielte Maßnahmen zu ergreifen“, erklärte von Lindeiner. „Wir sollten für alle aktuell bedrohten Arten bzw. bedrohten Artengemeinschaften spezielle Hilfsprogramme ergreifen. Dann könnte die Zahl der erfolgreich vor dem Rückgang bewahrten Vogelarten weiter zunehmen.“ Erfreulich ist auch, dass mit dem Steinrötel eine lange Jahre aus Deutschland verschwundene Brutvogelart wieder in den bayerischen Alpen heimisch geworden ist.
Mit der neuen Roten Liste der Brutvögel Deutschlands bekräftigt der Vogelschutz seine Rolle als Vorreiter im Naturschutz, stellten die Vertreter der Verbände und des Experten-Gremiums gemeinsam fest: Die Rote Liste der Vögel ist ein Ergebnis der guten Zusammenarbeit von zahllosen ehrenamtlichen Beobachtern und Helfern, den ornithologischen Verbänden vom mitgliederstarken NABU bis zur kleinsten Arbeitsgemeinschaft, sowie den Naturschutzbehörden der Länder und des Bundes. Der Zustand der deutschen Vogelwelt zeigt auf, dass Vogelschutz weiterhin notwendig ist, aber auch, dass er sich lohnt!
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Rote Listen gelten als „Fieberthermometer des Naturschutzes“. Sie geben Auskunft über den Gefährdungsgrad einzelner Arten und damit über den Zustand der biologischen Vielfalt. Die „Rote Liste der Brutvögel Deutschlands“ wird alle fünf Jahre von einem Gremium herausgegeben, dem Institutionen der wissenschaftlichen Vogelkunde angehören (s.u.). Vogelbeobachter aus ganz Deutschland, darunter auch viele Vogelschützer im NABU, haben hierzu im Rahmen eines vom Dachverband Deutscher Avifaunisten (DDA) koordinierten Vogelmonitorings Beobachtungsdaten gesammelt und übermittelt und so die Grundlage der aktuellen Auswertung geschaffen.
Hilpoltstein, 12.9.2008
Ihr Ansprechpartner: Alf Pille, Tel. 09174/4775-24, E-Mail: a-pille@lbv.de
Das „Nationale Gremium Rote Liste Vögel“ hat folgende Vertreter:
Peter Südbeck für die Deutsche Ornithologen-Gesellschaft (DO-G)
Dr. Hans-Günther Bauer für den Deutschen Rat für Vogelschutz (DRV), AG der Vogelwarten
Dr. Martin Boschert für den Dachverband Deutscher Avifaunisten (DDA)
Dr. Peter Boye für das Bundesamt für Naturschutz (BfN)
Dr. Wilfried Knief für die Länderarbeitsgemeinschaft der Vogelschutzwarten (LAG-VSW)
Die „Rote Liste der Brutvögel Deutschlands (4. Fassung) “ ist erschienen in den
Berichten zum Vogelschutz, Heft Nr. 44,
herausgegeben vom Deutschen Rat für Vogelschutz (DRV) und vom Naturschutzbund Deutschland (NABU).
Bezug: Landesbund für Vogelschutz (LBV), Artenschutzreferat, Eisvogelweg 1, 91161 Hilpoltstein, bzv@lbv.de