Beschluss des FDP-Präsidiums

Berlin (pressrelations) –

Beschluss des FDP-Präsidiums

FDP-Sprecher ROBERT VON RIMSCHA teilt mit:

Berlin. Das Präsidium der Freien Demokratischen Partei hat am 07. Dezember 2009 beschlossen:

Deutschlands Weg zum Bildungs- und Innovationsland Nr. 1
Bildung ist Bürgerrecht. Bildung ist aber auch Voraussetzung für die Innovationskraft unserer Gesellschaft und damit die wichtigste Zukunftsinvestition. Aufgabe liberaler Politik ist es, mit Priorität und mit intelligenten Anreizmechanismen in Bildung und Wissenschaft zu investieren, um so den Menschen von Beginn an sowie in den Schulen, Hochschulen, in der Forschung und den innovativen Unternehmen Rahmenbedingungen anbieten zu können, die es ihnen erlauben, ihr volles Potenzial zu entfalten. Hierfür brauchen wir ein starkes Bildungssystem mit fairen Chancen für alle, damit jeder die Möglichkeit hat, sich zu qualifizieren, eine gute Arbeit zu finden und sein Leben selbst und selbstbestimmt zu gestalten. Die FDP will Deutschland zum Bildungs- und Innovationsland Nr. 1 machen, um kommenden Generationen ein Leben in Wohlstand, sozialem Frieden und Sicherheit zu ermöglichen. Gerade in der jetzigen Finanz- und Wirtschaftskrise darf deshalb nicht an Bildung gespart, sondern muss in die Zukunft investiert werden. Bildung hat für Liberale politisch und finanziell Priorität.
Die derzeitigen Streikaktionen an verschiedenen Hochschulen in Deutschland zeigen, dass sich die Studierenden für die weitere Verbesserung ihrer Bildungssituation einsetzen. Sie zeigen zugleich, dass die Politik und die Hochschulen gemeinsam mit den Studierenden und den Lehrenden weitere Verbesserungen vornehmen müssen. Die FDP ist offen für die Vorschläge der Studierenden insbesondere auch zur Bolognareform. Die FDP wird sich nicht an bildungsideologischen Debatten beteiligen, sondern dringt auf eine sachliche Analyse und Lösung tatsächlicher Probleme und auf eine Verbesserung und nachhaltige Qualitätssicherung des Bildungssystems.
Ein Jahr nach dem Bildungsgipfel des Bundes und der Länder gilt es deshalb auf dem Folgegipfel, der ersten Sitzung der Regierungschefs des Bundes und der Länder nach der Bundestagswahl am 16.12.2009, den erforderlichen Finanzrahmen zur Ereichung des 10-Prozent-Ziels zu verabreden, 7 % des BIP in Bildung und 3 % in Forschung und Entwicklung zu investieren.
Um zu gewährleisten, dass gesamtstaatlich das 10-Prozent-Ziel erreicht werden kann, wird sich der Bund stärker als bisher engagieren müssen: Die Bereiche, in denen der Bund laut Verfassung die Zuständigkeit besitzt, müssen aufgrund der demographischen Entwicklung vornehmlich gestärkt werden.
Dies betrifft zum einen die berufliche Bildung, die Weiterbildung, die Begabtenförderung und die Forschungsförderung. Darüber hinaus wird ein weiterer Schwerpunkt im Bereich der Qualität des Studiums liegen.
Jetzt gilt es, Maßnahmen zu ergreifen, die es Ländern, Wirtschaft und Privaten erleichtern, ihre jeweiligen Beiträge zum 10-Prozent-Ziel bis spätestens 2015 zu erbringen.
Die FDP ist offen für Vorschläge aus den Ländern, die zur Erreichung des 10-Prozent-Ziels in besonderer Weise geeignet sind und eine (Mit-) Finanzierung durch den Bund erfordern. Dies könnte durch geeignete Programme wie auch durch eine finanzielle Unterstützung der Länder, etwa durch eine Änderung der Anteile am Aufkommen der Umsatzsteuer erreicht werden. Im Gegenzug müssten sich die Länder gegenüber dem Bund zu konkreten Maßnahmen verpflichten.

Die FDP bekräftigt ihren Beschluss vom 29. September 2008 „10 Liberale Forderungen an den Bildungsgipfel“. Die FDP unterstreicht, dass es gelungen ist, den Hochschulpakt II, die Exzellenzinitiative und den Pakt für Forschung verbindlich zu vereinbaren.
Bildung ist eine gesamtstaatliche Aufgabe und bedarf einer engen Partnerschaft aller Verantwortlichen entlang der gesamten Bildungskette. Wir streben daher eine neue Bildungspartnerschaft von Bund, Ländern und Kommunen unter Wahrung der jeweiligen staatlichen Zuständigkeit an. Die neue Bildungspartnerschaft soll jetzt auf der Grundlage verbindlicher Finanzziele verabredet und mit konkreten Maßnahmen unterlegt werden.
Die FDP bekräftigt das Ziel, den staatlichen Anteil von Bund, Ländern und Kommunen zur Erreichung des 10-Prozent-Ziels spätestens 2015 zu erreichen und nachhaltig zu sichern. Der Bund wird, wie in der Koalitionsvereinbarung festgehalten, seine Ausgaben für Bildung und Forschung deshalb bereits bis 2013 um insgesamt 12 Mrd. Euro erhöhen. Sie bilden den Rahmen für die im Folgenden benannten Maßnahmen entlang der Bildungskette, die der FDP besonders wichtig sind:

1. Sprache als Aufstiegschance.
Für die FDP ist das Beherrschen der deutschen Sprache der Schlüssel für den Bildungsaufstieg. Deshalb muss gewährleistet sein, dass jedes Kind vor seinem Schuleintritt die deutsche Sprache beherrscht. Dadurch erhält jedes Kind die Chance, in der Schule und im weiteren Lebensweg erfolgreich zu sein. Ab ihrem 4. Lebensjahr sollen daher alle Kinder auf ihre sprachliche Entwicklung hin geprüft und bei Bedarf intensiv im Vorgriff auf die Schulpflicht gefördert werden. Ergänzend hierzu spricht sich die FDP auch für eine „Initiative für Erziehungsberufe“ aus, die die Aus- und Weiterbildung von Erzieherinnen und Erziehern auf akademischem Niveau stärkt.

2. Bildungsbündnisse vor Ort schaffen.
Jeder fünfte Jugendliche in Deutschland hat so geringe Kompetenzen in Lesen und Mathematik, dass er Gefahr läuft, auf dem Ausbildungs- und Arbeitsmarkt ohne Chance zu sein. Um diese Gefahr abzuwenden muss ihr präventiv und möglichst früh in der Bildungsbiografie begegnet werden. Hierzu sollten Bildungsbündnisse vor Ort aller relevanten Akteure ? Kinder- und Jugendhilfe, Eltern, Schulen, Arbeitsförderung sowie Zivilgesellschaft ? gefördert werden, die sich dem Ziel effektiver Verbesserungen verschreiben. Die Arbeit vor Ort sollte durch den Bund unterstützt werden, indem jedes Bündnis ein Kontingent z. B. von Bildungsschecks zur Weitergabe an benachteiligte Kinder und Jugendliche erhält.

3. Lehrerinnen und Lehrer stärken.
Die FDP setzt sich dafür ein, die Anzahl der Lehrerinnen und Lehrer in den Schulen zu steigern und das Betreuungsverhältnis und die Lernsituation durch kleinere Klassen zu verbessern. Der Ausfall von Unterricht muss so weit wie möglich vermieden werden. Darüber hinaus sollen die Lehrerinnen und Lehrer besser als bisher aus- und fortgebildet werden. Spätestens alle zehn Jahre soll es ihnen ermöglicht werden, sich im Rahmen eines Fortbildungssemesters ein halbes Jahr in den Lehrerbildungszentren der Hochschulen fortzubilden.
Im Rahmen dieser Fortbildung sollen ihnen auch verstärkt auf den neuesten Erkenntnissen der Bildungsforschung beruhende, direkt im Unterricht umsetzbare didaktische Konzepte vermittelt werden.

4. Soziale Mobilität fördern.
In keinem anderen Land ist der Zusammenhang zwischen sozialer Herkunft und dem Bildungserfolg so groß wie in Deutschland. Wer aus einem sog. bildungsfernen Elternhaus kommt, hat es erheblich schwerer, einen qualifizierten Schul- und Berufsabschluss zu erwerben. Unser gemeinsames Ziel muss es deshalb sein, das Bildungssystem so durchlässig zu gestalten, dass jeder die Chance zu bester Bildung hat. Statt der Herkunft soll die persönliche Begabung den Bildungserfolg bestimmen. Hierzu bedarf es einer grundlegenden Neuausrichtung der Schnittstellen und Übergänge zwischen den verschiedenen Bildungseinrichtungen sowie der Schulformen untereinander. Die Verzahnung zwischen Kindergarten, Schule, beruflicher Bildung, Hochschule und Weiterbildung sowie die rechtliche Flexibilisierung von Zugangsvoraussetzungen, insbesondere im Rahmen des zweiten Bildungswegs, sind hierfür der richtige Weg. Zusätzlich muss das Angebot dualer Studiengänge ausgeweitet, der Hochschulzugang für beruflich Qualifizierte erleichtert, die Fernlehre modernisiert und gestärkt und neue Verbundstudiengänge geschaffen werden.

5. Studienfinanzierung auf eine feste Grundlage stellen.
Damit der Bildungsaufstieg nicht an finanziellen Hürden scheitert, setzt sich die FDP für eine von zwei Säulen getragene Bildungsfinanzierung ein. Dabei bleibt das BAföG die erste starke Säule, deren Fortentwicklung, wie von der Bundesregierung vorgeschlagen über die Erhöhung der Bedarfssätze und der Freibeträge, ausdrücklich begrüßt wird. Daneben entsteht mit der Einführung eines nationalen Stipendienprogramms eine zweite Säule in der von Universitäten und Fachhochschulen bei Wirtschaft und Privaten eingeworbene Stipendien in Höhe von 300 Euro im Monat von der BAföG-Anrechnung freigestellt und bis zur Hälfte öffentlich bezuschusst werden. Die öffentliche Finanzierung soll dabei je zur Hälfte durch den Bund und die Länder erfolgen. Die Stipendien sollen ausschließlich nach Begabung und einkommensunabhängig vergeben werden. Um den Anteil der Stipendiaten bereits mittelfristig von heute zwei auf zehn Prozent der Studierenden zu erhöhen, strebt die FDP die Vergabe der ersten Stipendien für das kommende Wintersemester 2010/11 an. Damit einhergehend soll auch die Anhebung des bisherigen Büchergeldes der Begabtenförderwerke auf 300 Euro erfolgen.

6. Ein Bologna-Qualitäts- und Mobilitätspaket schnüren.
Die Umsetzung des Bologna-Prozesses ist in Deutschland sehr weit vorangekommen, die wesentlichen Ziele sind in weiten Teilen erreicht worden. Die Proteste von Studierenden an verschiedenen Hochschulen in Deutschland sind für die Politik und die Hochschulen jedoch Anlass, die Umsetzung des Bologna-Prozesses verstärkt zu überprüfen. Hierbei geht es im Besonderen um die Studierbarkeit einzelner Bachelorstudiengänge, den erforderlichen Praxisbezug, die Stofffülle sowie die Anzahl und Art von Prüfungen. Im Interesse der Studierenden muss hier jedem konstruktiven Hinweis nachgegangen werden und wo erforderlich auch nachgebessert werden. Darüber hinaus sind die Fachgesellschaften gefordert, eine stärkere wissenschaftliche Begleitung der Studiengangsakkreditierung zu gewährleisten. Die nunmehr anwendbare Systemakkreditierung ermöglicht es den Hochschulen zudem, Studiengänge noch eigenverantwortlicher und passgenauer zu etablieren.
Mit dem Ziel, die Umsetzung der Studienreform zu vollenden und zugleich die Qualität des Studiums und die Mobilität der Studierenden weiter zu verbessern, setzt sich die FDP dafür ein, dass sich Bund und Länder jetzt auf Eckpunkte für ein Bologna-Qualitäts- und Mobilitätspaket verständigen. Hierfür schlagen wir die Auflage eines auf zehn Jahre angelegten Hochschulsonderprogramms des Bundes zur substanziellen Verbesserung der Betreuungsrelationen an deutschen Hochschulen vor. Mit einem Gesamtvolumen von 4 Mrd. Euro und basierend auf 5.000 neuen wissenschaftlichen Mitarbeiterstellen und Juniorprofessuren würde ein solches Programm die aktuell an den Hochschulen bestehenden Betreuungsrelationen deutlich verbessern und zugleich internationalen Standards annähern. In der Ausführung sollten die zusätzlichen Juniorprofessuren und wissenschaftlichen Mitarbeiter entsprechend den aktuellen Studierendenzahlen auf die Hochschulen verteilt werden. Die Bundesländer erklären sich dazu bereit, ihre Anstrengungen zur Verbesserung der Betreuungsrelation an den Hochschulen dauerhaft zu verbessern.

7. Eine breite ärztliche Versorgung sicherstellen.
Die FDP sieht die Notwendigkeit, ergänzend zum Hochschulpakt zwischen Bund und Ländern, ein gemeinsames Programm zur Erhöhung der Studienanfängerplätze in der Humanmedizin zu vereinbaren. Hierdurch sollen für die in Folge der doppelten Abiturientenjahrgänge in höherer Zahl in die Hochschulen strebenden Studienbewerber gleiche Studienchancen in der Medizin gewährleistet werden, indem für die Jahre 2011 bis 2017 das Studienplatzangebot um 10 % angehoben wird. Vor dem Hintergrund des bundesweit weiter zunehmenden Ärztemangels soll die Anzahl der angebotenen Studienplätze aber auch nach 2017 dauerhaft um rund 5 % über dem heutigen Niveau bestehen bleiben. Die FDP setzt sich dafür ein, dass der Bund die Finanzierung der doppelten Abiturjahrgänge übernimmt und sich im Gegenzug die Länder verpflichten, nach Auslaufen der Bundesförderung die Hälfte der Studienplätze dauerhaft anzubieten und zu finanzieren.

8. Lebensbegleitendes Lernen stärken.
Die berufliche Weiterbildung als lebensbegleitendes Lernen ist eine starke Säule des Bildungssystems. Damit Deutschland international wettbewerbsfähig bleibt, muss es aber noch mehr zu einem Land des lebenslangen Lernens werden. Hierfür müssen gerade kleine und mittlere Unternehmen in die Lage versetzt werden, die Weiterbildung ihrer Mitarbeiter auszubauen. Darüber hinaus muss die Bildungs- und Qualifizierungsberatung für alle leicht zugänglich gemacht und noch transparenter ausgestaltet werden. Vor diesem Hintergrund setzt sich die FDP dafür ein, dass Lernen zukünftig als Chance für berufliches Weiterkommen und soziale Anerkennung begriffen wird und seine Finanzierung auf solide Grundlagen gestellt wird.

9. Investitionen in Forschung und Entwicklung fördern.
Die FDP setzt sich für eine steuerliche Förderung von Investitionen in Forschung und Entwicklung ein, wie sie international üblich ist. Durch eine unbürokratische steuerliche Förderung würde zum einen die Innovationskraft der kleinen und mittelständischen Unternehmen gestärkt. Zum anderen würde auch den großen forschungsintensiven Unternehmen geholfen, ihren Beitrag zur Erreichung des 10-Prozent-Ziels zu erfüllen. Die Anzahl der Beschäftigten in Forschung und Entwicklung könnte so gesteigert werden und insbesondere dem wissenschaftlichen Nachwuchs eine Berufsperspektive in der Wirtschaft geboten werden.

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