(BSOZD.com-NEWS) Karlsruhe. Der Zweite Senat des Bundesverfassungsgerichts verhandelt am
Dienstag, den 28. Oktober 2008, 10:00 Uhr,
im Sitzungssaal des Bundesverfassungsgerichts,
Schloßbezirk 3, 76131 Karlsruhe
über die Wahlprüfungsbeschwerden von zwei Wählern, die sich gegen den Einsatz von rechnergesteuerten Wahlgeräten („Wahlcomputern“) der Bauarten Nedap ESD 1 und ESD 2 bei der Bundestagswahl 2005 (16. Deutscher Bundestag) in verschiedenen Wahlbezirken der Bundesländer Brandenburg, Hessen, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz und Sachsen-Anhalt wenden.
Die bei der Wahl eingesetzten Wahlgeräte bestehen aus einem Tastenfeld, über das eine Abbildung des Stimmzettels gelegt ist, und einem kleinen LCD-Bildschirm, der dem Wählenden eine Überprüfung seiner Eingaben ermöglicht. Auf einer fest integrierten Elektronikeinheit ist das Programm gespeichert, das den generellen Ablauf des elektronischen Wahlvorgangs steuert. Die von den Wählenden abgegebenen Stimmen werden in einem Speichermodul, das über einen elektronischen Speicher verfügt, abgelegt und am Ende des Wahltages elektronisch ausgewertet. Anschließend werden die auf diese Weise ermittelten Zahlen für die Erst- und Zweistimmen vom Wahlvorstand abgelesen und in die Wahlniederschrift eingetragen; die Zahlen können auch durch einen an der Rückseite des Wahlgerätes angeschlossenen Drucker ausgedruckt werden.
Die Grundlage für den Einsatz rechnergesteuerter Wahlgeräte bei Wahlen zum Deutschen Bundestag bilden § 35 Bundeswahlgesetz (BWG) und die auf seiner Grundlage erlassene Bundeswahlgeräteverordnung (BWahlGV). Rechnergesteuerte Wahlgeräte dürfen nur eingesetzt werden, wenn ihre Bauart zugelassen und ihre Verwendung genehmigt ist. Auf Antrag des Herstellers der Wahlgeräte kann das Bundesministerium des Inneren für Wahlgeräte einer bestimmten Bauart eine Bauartzulassung erteilen, wenn das Wahlgerät nach einer Prüfung des Mustergerätes durch die Physikalisch-Technische Bundesanstalt (PTB) den in Anhang 1 zu § 2 BWahlGV enthaltenen „Richtlinien für die Bauart von Wahlgeräten“ entspricht. Der Hersteller der Wahlgeräte muss jedem in den Verkehr gebrachten Gerät eine Erklärung über die Baugleichheit mit der amtlich zugelassenen Bauart beifügen (Baugleichheitserklärung). Die Verwendung der Wahlgeräte bedarf vor jeder Wahl der Genehmigung durch das Bundesministerium des Innern.
Die Beschwerdeführer beanstanden, dass der Einsatz der rechnergesteuerten Wahlgeräte gegen den aus dem Demokratieprinzip folgenden Öffentlichkeitsgrundsatz verstoße, da weder die Wählenden noch die Wahlvorstände kontrollieren könnten, ob alle von den Wählern abgegebenen Stimmen –und nur diese– unverändert im Stimmenspeicher abgelegt und inhaltlich unverändert bei der Ermittlung des Wahlergebnisses berücksichtigt werden. Die Beschwerdeführer rügen ferner, dass weder der Quellcode der Wahlgerätesoftware noch die Prüfberichte und Prüfunterlagen der Physikalisch-Technischen Bundesanstalt veröffentlicht worden seien und die Prüfung der Baumuster durch die Physikalisch-Technische Bundesanstalt und die Zulassung der Bauart durch das Bundesministerium des Innern nicht unter Beteiligung der Öffentlichkeit stattgefunden hätten. Darüber hinaus sei es mit dem Demokratieprinzip nicht vereinbar, dass die Übereinstimmung der in den Wahllokalen eingesetzten Wahlgeräte mit dem geprüften Baumuster nicht bei jedem einzelnen Wahlgerät amtlich überprüft werde, so dass sich die Wahlorgane auf eine wirksame Qualitätssicherung beim Hersteller und das Fehlen einer nachträglichen Manipulation verlassen müssten. Da die eingesetzten Wahlgeräte technische und konstruktive Sicherheitsmängel aufgewiesen hätten, habe der Einsatz der Wahlgeräte auch gegen die Wahlrechtsgrundsätze aus Art. 38 Abs. 1 GG und die in Anhang 1 zu § 2 BWahlGV enthaltenen „Richtlinien für die Bauart von Wahlgeräten“ verstoßen.
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Quelle: www.bundesverfassungsgericht.de