Der Emittenten-Begriff im Kapitalmarktrecht – Prospekthaftungs-Verantwortung und Emittenten-Privilegien – von Dr. Horst Werner

Der Begriff des Emittenten ( aus dem lateinischen emittere = ausgeben )  findet sich in § 1 Abs. 3 Vermögensanlagengesetz und in § 2 Nr. 9 des Wertpapierprospektgesetzes ( siehe www.finanzierung-ohne-bank.de ). Es geht also um die Ausgabe von Kapitalanlagen als wertpapierfreie Vermögensanlagen oder um die Ausgabe von Wertpapieren für die Kapitalmarktöffentlichkeit zur Teilnahme und Zeichnung. Wer Emittent im Sinne des Gesetzes betrachtet wird, ergibt sich also aus den Prospektgesetzen. Das können Einzelkaufleute als natürliche Personen oder Kapitalgesellschaften als juristische Personen sein.

1.  Prospekthaftungs-Verantwortung des Emissionsunternehmens

Daran knüpfen sich Verantwortlichkeiten wie z.B. die Prospekthaftung des Emissionsunternehmens. Für Aussagen und Versprechungen über die ausgegebenen Kapitalanlagen ist der Emittent ( = Emissionsunternehmen )  in Form der Geschäftsführung bzw. des Vorstandes als gesetzlicher Vertreter verantwortlich.

Die Verantwortlichkeit des Finanzdienstleisters und die Prospekthaftung des Emissionsunternehmens bestehen bei Kapitalanlage-Angeboten auch ohne förmlichen Prospekt einschließlich strafrechtlicher Verantwortung. Selbst wenn z.B. Nachrangdarlehen für Finanzdienstleister ohne Prospekt und allein mit der Gewerbeerlaubnis gem. § 34 f GewO platzierbar sind, entfällt für alle Beteiligten nicht die Prospekthaftung. Deshalb weist Dr. jur. Horst Werner ( www.finanzierung-ohne-bank.de ) darauf hin, dass auch eine prospektfreie Kapitalanlage ( wie z.B. die grundschuldbesicherten Darlehen ) weder eine Prospekthaftung, noch die Vermittlerhaftung, noch die Beraterhaftung ausschließt. Die Verantwortung des Finanzdienstleisters gegenüber dem Anleger ist wie bei anderen Kapitalanlagen in vollem Umfang gegeben.

In nicht unerheblichem Umfang finden Platzierungen von Anlageangeboten in einem Bereich statt, der keiner gesetzlichen Prospektpflicht unterliegt oder wo die Geringfügigkeitsgrenzen des Vermögensanlagengesetzes nicht überschritten wurden. In diesen Fällen finden die Platzierungen ohne BaFin-Prospekt statt. Die Platzierung und der Vertrieb von z.B. festverzinslichen grundschuldbesicherten Darlehen bedürfen  weder eines förmlichen Kapitalmarktprospekts noch für Vermittler einer Erlaubnis nach § 34 f Gewerbeordnung mit dem geprüften Sachkundenachweis; im Falle von Falschberatung oder verschwiegener wesentlicher Informationen besteht dennoch die zivil- und strafrechtliche Haftungs-Verantwortlichkeit ( z.B. § 264 a Strafgesetzbuch wegen Anlagebetruges ) ! Der Vermittler bzw. Anlageberater, der dem Anlageinteressenten in dem Beratungsgespräch ein Exposé oder einen Werbeflyer oder eine formlose Unternehmensdarstellung vorlegt und diesen zur Grundlage seines Verkaufsgesprächs macht, obwohl diese Darstellung unvollständig oder fehlerhaft ist oder wesentliche Informationen verschweigt, hat den Anleger falsch beraten. Die Pflichtverletzung des Anlageberaters steht dann aufgrund der Übergabe der fehlerhaften Unterlagen fest. Die Haftungsverantwortung entfällt nur dann, wenn der Finanzdienstleister selbst die Fehlinformation korrigiert. Dafür, ob der Vermittler eine fehlerhafte Information berichtigt hat, ist der vermittelnde Berater in der Beweislast. Der Kapitalanleger muss diesen Beweis nicht erbringen.

2.  Emittenten-Privilegien – erlaubnisfreie öffentliche Platzierung von Kapitalanlagen

Das Emittenten-Privileg beinhaltet den frei zulässigen Eigenverkauf von Vermögensanlagen oder Wertpapieren ( siehe www.finanzierung-ohne-bank.de ), während Dritte als Vermittler für die Platzierung fremder Kapitalanlagen einer Erlaubnis gemäß § 34 f Gewerbeordnung oder gem. § 32 Kreditwesengesetz bedürfen. Die Platzierung von wertpapierlosen Vermögensanlagen und/oder der Wertpapierverkauf durch Dritte bzw. der Wertpapierhandel sowie der Finanz-Vertrieb von Dritten als Vermittler erfordert somit einer Genehmigung durch das jeweils zuständige gemeindliche Gewerbeamt und bei Wertpapieren der Genehmigung durch die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht ( BaFin ), sofern es sich bei den Beteiligungsangeboten um wertpapierverbriefte Kapitalanlagen und Finanzierungsinstrumente handelt. Zu den Wertpapieren zählen immer Aktien und Anleihen sowie Genussrechte, soweit auch die letzteren wertpapierverbrieft sind. Zu den Finanzinstrumenten gehören also alle Kapitalanlagen mit Ausnahme der grundschuldbesicherten Darlehen. Wertpapiere dürfen somit Dritte als Vermittler nur die als Finanzdienstleistungsinstitute zugelassenen Wertpapierhändler für die Emissionsunternehmen platzieren. Bei den an der Börse gelisteten Wertpapieren sind dies die Börsenhändler mit einer Börsenzulassung. Der Wertpapierverkauf und der Wertpapierhandel durch Dritte unterliegt somit der Aufsicht der BaFin. Die Erlaubnispflicht gem. § 32 Kreditwesengesetz gilt nicht für das Emissionsunternehmen selbst und seine abhängig Beschäftigten.

Die Emittenten genießen das sogen. „Emittenten-Privileg“ und bedürfen zur Platzierung keiner gesonderten Vertriebsgenehmigung oder Platzierungserlaubnis. Die Billigung eines Wertpapierprospektes durch die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht ( BaFin ) umfasst gleichzeitig die Genehmigung für die Eigen-Platzierung bzw. Direktplatzierung durch das Unternehmen und seine abhängig beschäftigten Mitarbeiter. Dazu gehören nicht die freien Mitarbeiter oder Handelsvertreter des Emissionsunternehmens. Ein Ausschließlichkeitsvertrag mit einem Finanzdienstleister als Handelsvertreter ist ebenfalls nicht ausreichend. Auch ein Minijob im Emissionsunternehmen ist nicht hinreichend.

Das Emittenten-Privileg umfasst nicht nur die mit Prospekten gebilligten Vermögensanlagen oder Wertpapiere, sondern auch die Kapitalanlagen, die gemäß Bereichausnahme des § 2 Abs. 1 Nr. 3 Vermögensanlagengesetz oder des § 3 Abs. 2 Wertpapierprospektgesetz ( WpPG ) ohne BaFin-Billigung ausgegeben wurden. Eine Eigenemission und eine Eigenplatzierung sind nach dem Emittenten-Privileg stets ohne zusätzliche Genehmigung zulässig.

Für den Verkauf und den Vertrieb von Wertpapieren also gilt das sogen. Emittentenprivileg auch dann, wenn kein von der BaFin-gebilligter Wertpapierprospekt vorliegt. Das wertpapier-ausgebende Unternehmen darf seine ausnahmefähigen (Wertpapier-)Angebote ohne weitere Gewerbeerlaubnis oder sonstige Vertriebserlaubnis selbst platzieren. Auch die festangestellten Mitarbeiter des Unternehmens dürfen ohne zusätzliche Genehmigung die Wertpapiere ihres eigenen Arbeitgebers verkaufen und „vermitteln“. Zu den Wertpapier-Beteiligungen im Sinne des Wertpapierprospektgesetzes zählen stets die Aktien und die Schuldverschreibungen ( = Anleihen ) und zwar auch dann, wenn über diese Anteilsformen keine physisch vorhandenen Wertpapiere ausgestellt oder gedruckt wurden. Ausgenommen sind nur die vinkulierten, unverbrieften Namensgenussrechte und ebenso die vinkulierten, unverbrieften Namensschuldverschreibungen, die gem. § 1 VermAnlG Abs. 2 Nr. 5 und 6 als Vermögensanlagen gelten.. Ergänzende Auskünfte erteilt Dr. Horst Werner unter der Mailadresse ( dr.werner@finanzierung-ohne-bank.de ) bei entsprechender Anfrage.