„Die Fachpresse bricht zweistellig ein“, so war es im Juli bei W&V zu lesen. Gemeint waren die „Bruttoerloese aus dem Anzeigengeschaeft“, die im „ersten Halbjahr 22 Prozent unter dem Vorjahreswert“ blieben. Nach Meinung der Vertriebsunion Meynen, die diese Studie durchfuehrt hat, suchen Fachverlage „haenderingend nach neuen Geschaeftsmodellen“, der Marktforscher spricht auch schon von „Marktbereinigungen“, die noch im Laufe des Jahres kommen werden. Natuerlich ist die laue Auftragslage der Unternehmen in den jeweiligen Sparten ausschlaggebend fuer den Rueckgang an Anzeigen. Der rauhe Wind weht dabei im Themenbereich Industrie, Technik und Druckverarbeitung. Kein Wunder, dass viele in Deckung gehen und warten bis der Sturm vorbeigezogen ist. Doch die B2B-Presse k oennte die Anzeigenflaute gut nutzen, um besser auf die Zeit danach vorbereitet zu sein. Die meisten Titel bringen beste Voraussetzungen mit, um im Netz starke Marken aufzubauen.
1. Thematisch stark fokussierter Content und hoher Output
Was fuer das Internet im Allgemeinen gilt, gilt im Speziellen fuer die Fachpresselandschaft: Fuer jeden ist etwas dabei. Thematisch sind die Titel stark fokussiert – und genau das ist eine ihrer großen Staerken. Waehrend die Publikumspresse im Internet einen SEO-Kampf um die wichtigsten Keywords fuehrt, der sie viel Geld und Zeit fuer die Optimierung kostet, k oennen sich Spartenmagazine, die ueber Themen wie Elektronik, Maschinenbau oder Buchungssoftware berichten, mit vergleichsweise weniger Aufwand im Netz einrichten und schnell prominente Platzierungen bei den fuer ihre Branche wichtigen Suchergebnissen erreichen. Selbst die Hersteller aus den jeweiligen Bereichen k oennen der Fachpresse diese Postition schwer streitig machen, denn die Redaktion produziert taeglich mehr und mehr Artikel, die das Magazin im Netz mit neuen Keywords und Relevanz „bereichert“. Im Vergleich zum Magazin, das nach einer kurzen Zeit beim Altpapier landet, bleibt Wissen, das ins Netz gestellt wird, theoretisch „fuer immer“ bestehen und bereit zum Abruf. Beachtet man die grundlegenden Regeln, wie Suchmaschinen Texte lesen und bewerten, ist auch hier eine hohe Platzierung bei den Suchergebnissen auf lange Sicht m oeglich.
2. Das B2B-Fachmagazin als Branchentreff
Redakteure und (ernsthafte) Blogger sind jeweils Spezialisten auf ihrem Gebiet. Das gilt fuer das Politik- und Wirtschaftsressort, fuer“s Feuilleton oder fuer den Sport, aber genauso auch fuer den Kenner der Popkultur, sowie fuer den Journalisten, der aus dem Stehgreif die Trends aus der Halbleiter-, Hotel-, oder Druckindustriebranche parat hat. Redakteure von Fachmagazinen bilden in ihrem Bereich eine insgesamt kleinere Gruppe als die der Publikumspresse, und sie schreiben fuer eine Branche, die ueberschaubar groß ist und zu deren wichtigen K oepfen sie meistens einen pers oenlichen Kontakt pflegen. Ein logischer Schritt waere also, das vorhandene Netzwerk von Presse und Branche ins Netz zu verlegen und mit Hilfe von modernen Social Networking-Tools und Communites wie LinkedIn und Xing das Fachmagazin zum Branchentreff auszubauen. Als Knoten- und Startpunkte fuer das Gespraech mit der Branche fungieren dabei die Blogs der Redakteure (inhaltlich immer nah am Themenspektrum des jeweiligen Magazins, siehe oben: „fokussierter Content“), Foren und Kommentare unter News und Artikeln, außerdem Diskussionsgruppen bei XING oder LinkedIn oder in der hauseigenen Community.
3. Das Netz als selbstaendiger Distributionskanal
Das frischgedruckte Magazin wird per Post oder ueber den Kiosk unverzueglich zum Leser gebracht. Bei einer Website geht man gerne davon aus, dass die Besucher vorbeikommen und sich dort brav beschaeftigen und eifrig klicken. Mit der Einschraenkung der Relevanz von Page Impressions als Werbewaehrung ist ab 2010 nun auch „offiziell“ der Weg frei, sich um echte Leser zu bemuehen. Das funktioniert mittlerweile sehr gut und fast ganz von selbst, wenn man die richtigen Werkzeuge unter seinen Artikeln einbindet. Ein aktuelle Statistik von AddtoAny, einer Firma, die genau ein solches Tool, mit dem man Inhalte im Netz weiterempfehlen (oder „sharen“) kann, zeigt, welche Angebote dabei am meisten genutzt werden: Immer noch stark, wenn auch laengst ueberholt von Facebook (24%), ist die E-Mail (11,1%) als „Vertriebskanal“, danach folgt Twitter (10,8%) und andere wie Yahoo, MySpace und Delicious, die sich respektabel um die 5%-Huerde sammeln und nicht vernachlaessigt werden sollten. Verschickt wird dabei lediglich der direkte Link zum Artikel, der eigentliche Content bleibt also auf der Seite, nur dass die Leser kostenlos den Vertrieb im Netz uebernehmen. Mit relevanten Inhalten, die in der Branche auf Interesse stoßen, kann man so schnell die Anzahl der Besucher erh oehen, die am Ende mehr Page Impressions erzeugen als die wenigen Besucher, die man bis dahin ins Klickmaschinenlaufrad eingespannt hat.
Chancen im Neuland
Mit diesen drei Schritten kann jede Website – und erst recht ein B2B-Magazin – einen gesunden Rasen legen, auf dem man fuer die Zukunft planen kann. Ernsthafte Einschraenkungen in den gaengigen Content Management-Systemen, die von den Online-Redaktionen verwendet werden, sind mir nicht bekannt und stellen fuer einen Kundigen meistens kein ernsthaftes Hindernis dar.
Ob Fachmagazine bezahlte Inhalte anbieten sollten, haengt von der Bereitschaft der Verlage ab, ihre Branche auf diese Weise zur Kasse zu bitten. Ein Ausgleich zu den fehlenden Anzeigeneinnahmen wird „haenderingend“ gesucht. Schafft es ein B2B-Magazin innerhalb seiner Sparte zum wichtigsten Branchentreff im Netz zu werden, sollte auch mehr Geld ueber die Anzeigen zu erzielen sein. Darueber hinaus k oennen neue und alte Verbindungen zur Branche effektiver genutzt werden: Durch das Netzwerk kann mehr themenrelevanter Content entstehen, beispielsweise durch Blogbeitraege von Meinungsbildnern aus der Branche und den Kommentaren dazu. Es entstehen mehr Anknuepfungspunkte fuer Kooperationen und eventuell auch ganz neue M oeglichkeiten zum Ausbau der Marke und des Geschaeftsfeldes.
Wenn neue, innovative Anzeigenkonzepte auf Dauer ausbleiben, sollte man schon laengst andere Geschaeftsfelder ins Visier genommen haben. Den Leser fuer digitale Inhalte zahlen zu lassen ist dabei nur ein Konzept, das man aus der Print- in die Onlinewelt holt. Ob es auf lange Sicht funktioniert, das kann niemand genau sagen, auch wenn gerne darueber diskutiert wird. Ein spezialisiertes B2B-Magazin hat im Netz viele weitere Chancen, manche davon wird man nur wahrnehmen k oennen, wenn man Neuland betritt.
Bernhard Lermann ist PR Berater, Autor und Blogger. Seit mehr als zehn Jahren publiziert er im Internet und war u. a. leitender Redakteur der Online-Portale Vanityfair.de und GQ.com in Deutschland. Neben dem Aufbau redaktioneller Websites und Web-Communites beraet er als Senior Partner von Lermann Public Relations Unternehmen zu den Themen Online Relations und Corporate Social Media. www.lermann-pr.com
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Lermann Sylvia Lermann
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