Ein Nahwärmesystem für drei Welten
Viele Köche verzögern den Brei. Dass er deswegen nicht verdorben sein muss, beweist der Workshop zum Pilotprojekt „Solare Nahwärme Am Ackermannbogen in München“. Das städtische Referat für Gesundheit und Umwelt hatte in die Landeshauptstadt geladen. Rund 50 Teilnehmer waren der Einladung gefolgt und lauschten den Vorträgen der drei Hauptakteure: dem Bayerischen Zentrum für Angewandte Energieforschung e.V. (ZAE Bayern), den Stadtwerken München (SWM) und der Landeshauptstadt München. In der Veranstaltung am Montag zog die Stadt somit eine abschließende Bilanz der rund zehnjährigen Vorbereitungs-, Planungs-, Bau- und Forschungszeit.
Ziel des Projektes war es, ein Neubaugebiet rund ums Jahr mit Sonnenenergie für Heizung und Brauchwasser zu versorgen und dabei einen 50%igen solaren Deckungsanteil zu erreichen. Ausgewählt wurde hierfür ein Teilabschnitt des neuen Stadtquartiers „Am Ackermannbogen“. Als Ergebnis eines Realisierungswettbewerbs entstanden insgesamt 320 Wohneinheiten, die durch das neu errichtete solare Nahwärmesystem versorgt werden. Schlüsselelemente sind ein saisonaler Langzeitwärmespeicher und niedrige Rücklauftemperaturen.
Sowohl Vertreter der Stadt als auch des Projektträgers Jülich betonten zu Beginn der Veranstaltung nochmal den Pilot- bzw. Forschungscharakter des Projektes. Viele der aufgetretenen Probleme ließen sich damit erklären, dass sowohl technisch als auch organisatorisch Neuland betreten wurde. So ist dann auch der Erkenntnisgewinn klarer Gewinner des Bauvorhabens. Denn darin sind sich alle einig: Die im System erreichten 30°C Rücklauftemperatur sind, wie es ein Mitarbeiter der SWM ausdrückte, „sensationell“. Die hier gewonnenen Erfahrungen sollen auch in weitere Projekte der Stadtwerke einfließen. Durch die niedrigen Temperaturen erhöht sich die Wärmespeicherkapazität des am Ackermannbogen eingesetzten Langzeitwärmespeichers, was dazu beiträgt, die Effizienz des Systems zu erhöhen. Wie dies technisch möglich ist, erklärte Dr. Jens Kuckelhorn vom ZAE Bayern. Erreicht wurde dieser Wert unter anderem dadurch, dass Nahwärme- und Hausnetz hydraulisch nicht entkoppelt sind. Das heißt, die Wärmeträgerflüssigkeit aus dem Nahwärmenetz strömt direkt durch die Heizanlagen der einzelnen Häuser. Wärme- und Übertragungsverluste können so minimiert werden. Erst in einer Wohnungsübergabestation erfolgt die Wärmeübergabe an das Heizsystem der Wohnung. Hier findet auch die direkte Brauchwarmwasserbereitung mit Frischwasserstationen statt.
Ambitioniertes Ziel des Forschungsprojektes war es, die Hälfte des Energiebedarfs für Heiz- und Brauchwasser mit solarer Wärme zu decken. Die Schlüsselkomponente, die diesen Wert erst ermöglichen kann, ist ein saisonaler Langzeit-Wärmespeicher. In München entschieden sich die Projektbeteiligten auch aus wirtschaftlichen Gründen für den Typ Heißwasserspeicher. Das Zusammenspiel mit einer Absorptionswärmepumpe sorgt dafür, dass der Temperaturhub in dem 6000 m³ großen Wärmebunker maximiert wird. So können dessen Speicherkapazität optimiert und niedrige Kollektoreintrittstemperaturen erreicht werden.
Aktuell erreicht das System eine solare Deckung von 45%. „Mit einer Überarbeitung und Optimierung des Regelprogramms, ist ein solarer Deckungsanteil von 50% durchaus realistisch“, blickt Manfred Reuß vom ZAE Bayern optimistisch in die Zukunft.
BINE-Projektinfo zum Thema in der Mache
Im April dieses Jahres erscheint ein BINE-Projektinfo zum Forschungsprojekt „Solare Nahwärme Am Ackermannbogen in München“. Hier werden sowohl das Konzept als auch aktuelle Ergebnisse der Begleitforschung vorgestellt. Leser, die zeitnah von der Veröffentlichung erfahren möchten, können sich für ein kostenloses BINE-Abonnement registrieren.
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