(BSOZD.com-NEWS) Das Abrüstungskomitee der Sozialistischen Internationale hat im Rahmen seiner konstituierenden Sitzung in Berlin folgende Erklärung verabschiedet:
Gemeinsame Sicherheit durch Abrüstung und Zusammenarbeit sind Kernpunkte sozialdemokratischer Friedens- und Entspannungspolitik.
Vertragsgestützte, multilaterale Rüstungskontrolle und Abrüstung müssen zu einer festen und verbindlichen Grundlage der internationalen Beziehungen werden.
Alle Staaten sollten auf dieser Grundlage abrüsten, insbesondere die großen Mächte müssen mit gutem Beispiel vorangehen, indem sie unilateral und unumkehrbar ihre Arsenale, die Produktion von und den Handel mit Waffen verringern.
Die Zeit dafür ist reif. Gemeinsames Handeln ist dringend notwendig, um das globale Abrüstungsregime zu erhalten und mit neuem Leben zu erfüllen. Wir unterstützen die weltweite Initiative für eine atomwaffenfreie Welt. Wir begrüßen das internationale und auch in den USA entstehende neue Engagement für Abrüstung und Rüstungskontrolle.
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1. Den Atomwaffensperrvertrag festigen
Nur wenn die Atomstaaten bereit sind, ihre Arsenale zu reduzieren, werden wir auch die Weiterverbreitung von Kernwaffen dauerhaft verhindern können. Nicht umsonst fordert der Atomwaffensperrvertrag (NVV) beides: neben Nichtverbreitung auch völkerrechtlich bindende Fortschritte bei der nuklearen Abrüstung.
Wir treten für die Umsetzung des vereinbarten 13-Punkte-Programms zum Atomwaffensperrvertrag von 2000 ein. Dazu gehören das rasche Inkrafttreten des Atomteststopp-Abkommens (CTBT), die Aufnahme von Verhandlungen in der Genfer Abrüstungskonferenz über das verifizierbare Verbot von spaltbarem Material für Waffenzwecke (FMCT) sowie die weitere Umsetzung der Abrüstungsverpflichtung aus Artikel VI des NVV.
Wir fordern die Atomwaffenstaaten auf, sich zu verpflichten, auf Ersteinsätze von Atomwaffen zu verzichten und diese nicht gegen atomwaffenfreie Staaten und Zonen einzusetzen oder mit dem Einsatz zu drohen.
2. Für eine Null-Lösung bei den taktischen und strategischen Nuklearwaffen
Das unzureichend kontrollierte Arsenal tausender taktischer Nuklearwaffen stellt vor dem Hintergrund des globalen Terrorismus ein Sicherheitsrisiko dar. Wir fordern eine effektivere Kontrolle taktischer Nuklearwaffen und die Einbeziehung dieser Waffen in die Abrüstungsverhandlungen mit dem Ziel einer Null-Lösung.
Die in einigen Nicht-Atomwaffenstaaten gelagerten taktischen Kernwaffen aus den Zeiten des Kalten Krieges sollen in einem ersten Schritt abgezogen werden.
Wir begrüßen die Vereinbarung zwischen US-Präsident Barack Obama und dem russischen Präsidenten Dmitri Medwedew, noch vor dem Auslaufen des START I-Vertrages Ende 2009 einen Vertrag zum drastischen, verifizierbaren Abbau der strategischen Atomwaffen auszuhandeln. Dies ist ein wichtiger Schritt, den Atomwaffensperrvertrag, in dem sich die Atomwaffenstaaten zur vollständigen Abrüstung der Nuklearwaffen verpflichten, wieder zu beleben. Wir unterstützen auch den russischen Vorschlag, nicht nur den Abbau von nuklearen Sprengköpfen, sondern auch von Interkontinentalraketen und schweren Bombern einzubeziehen.
Wir begrüßen, dass US-Präsident Obama eine frühzeitige Zustimmung zur Ratifizierung des Atomteststopp-Vertrages (CTBT) voranbringen will. Wir fordern die schnellstmögliche Ratifizierung des CTBT im US-Kongress als entscheidendes Signal an die NPT-Überprüfungskonferenz, dass die Atommächte ihre Abrüstungsverpflichtung aus Artikel VI des NVV ernst nehmen.
3. Stärkung der multilateralen Kontrolle durch bessere Verifikation und Multilateralisierung des nuklearen Brennstoffkreislaufs
Wir fordern den Ausbau von Vor-Ort-Inspektionen, den Einsatz neuer Überwachungstechnologien und den Aufbau von qualifizierten unparteiischen Inspektorenteams. Im Rahmen der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEO) ist darauf hinzuarbeiten, dass alle NVV-Mitglieder die umfassenden Safeguards-Abkommen und Zusatzprotokolle abschließen und diese zügig in Kraft setzen. Das Recht der IAEO auf Sonderinspektionen auch von nicht-deklarierten Anlagen muss gestärkt und ausgebaut werden.
Wir fordern eine diskriminierungsfreie Multilateralisierung des nuklearen Brennstoffkreislaufs unter Aufsicht der IAEO, um der Gefahr der unkontrollierten Proliferation von nuklearen Brennstoffen und Technologien zu begegnen.
Das wird einen diskriminierungsfreien Zugang der NVV-Mitgliedsstaaten zur zivilen Nutzung von Kerntechnik gewährleisten.
4. Für ein neues Rüstungskontrollabkommen bei der Raketenabwehr
Immer mehr Länder und Bündnisse beabsichtigen, Raketenabwehrsysteme zu entwickeln oder auszubauen. Ein neuer Rüstungswettlauf in diesem Bereich, der zu neuen Unsicherheiten führt, muss verhindert werden.
Wir brauchen ein neues Rüstungskontrollabkommen zur Begrenzung der Raketenabwehr (ABM-Vertrag), das möglichst alle Weltregionen umfasst. Der Weltraum muss gänzlich frei von Waffen bleiben.
5. Für eine wirksame Kontrolle von Trägertechnologien
Die Raketenproliferation hat in den letzten Jahren erheblich zugenommen und birgt ernsthafte Risiken für ganze Regionen. Das Exportkontrollregime „Missile Technology Control Regime“ (MTCR) ist in seiner Wirksamkeit beschränkt.
Daher muss der „Haager Verhaltenskodex gegen die Proliferation ballistischer Raketen“ von 2002 zu einem völkerrechtlichen Vertrag fortentwickelt werden.
Die russisch-amerikanische Initiative zur Multilateralisierung des INF-Vertrages zur Abschaffung aller Mittelstreckenraketen begrüßen wir.
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6. Chemiewaffenverbot durch Abrüstung stärken, Biowaffenkonvention vorantreiben
Wir fordern die fristgerechte Vernichtung aller chemischen Waffen, zu der sich die Unterzeichnerstaaten im Chemiewaffenübereinkommen (CWÜ) verpflichtet haben, und die Fortentwicklung von neuen Verifikationstechnologien.
162 Staaten haben ihren Beitritt zum Biowaffenübereinkommen (BWC) erklärt. Das begrüßen wir und ermutigen zugleich wichtige Staaten, insbesondere im Nahen Osten, wie Israel der Konvention beizutreten.
Wir fordern die USA auf, den Widerstand gegen ein effektives Überprüfungs- und Kontrollsystem zu überwinden, um zur nächsten BWC-Überprüfungskonferenz 2011 ein Kontrollsystem mit umfassenden Inspektionen zu etablieren.
Wir unterstützen das Programm zum Abbau von Bedrohungen durch atomare, chemische und biologische Waffen (Cooperative Threat Reduction Agreement), die Initiative zum weltweiten Abbau von Bedrohungen (Global Threat Reduction Initiative) und die Initiative zur Bekämpfung der Verbreitung von Massenvernichtungswaffen (Proliferation Security Initiative) als innovative Ansätze zur Erhöhung der globalen Sicherheit.
7. Für konventionelle Rüstungskontrolle und Überwindung der Krise des KSE-Vertrages
Der Vertrag über Konventionelle Streitkräfte in Europa (KSE) und der angepasste KSE-Vertrag (AKSE) müssen aus dem Patt herausgeführt und an die neuen Realitäten – nach dem Ende des Kalten Krieges – angepasst werden und damit wieder ein Stabilitätsanker für Sicherheit und Stabilität in Europa werden.
Wir appellieren an alle beteiligten Staaten, an die NATO-Staaten wie an Russland, die Blockaden zu überwinden, und fordern neue regionale Anstrengungen für ein funktionierendes System der konventionellen Rüstungskontrolle vom Atlantik bis zum Pazifischen Ozean durch stärkere Einbeziehung Russlands.
8. Zivilbevölkerung schützen, besonders tückische Waffen verbieten, die Kontrolle von Kleinwaffen und leichten Waffen durchsetzen
Für uns ist Abrüstungspolitik nicht nur Sicherheitspolitik. Wir wollen den Einsatz besonders tückischer Waffen verhindern und diese Waffenarten bannen.
Gemeinsam mit der Zivilgesellschaft gelang es, den politischen Druck aufzubauen, um 1997 Antipersonen-Minen zu verbieten. 2008 folgte der nächste Schritt durch das Übereinkommen zum Verbot von Streumunition. Wir fordern, dass auch die wichtigsten Produzenten und Anwender von Streumunition sich dem Abkommen anschließen.
Unser Kampf gilt auch den Kleinwaffen. Wir bauen darauf, dass die von der UN-Generalversammlung 2008 beschlossenen Verhandlungen über ein internationales Waffenhandelsabkommen (Arms Trade Treaty) zur Eindämmung von Rüstungsexporten beitragen und fordern alle Staaten zu konstruktiven Verhandlungen auf.
9. Regionale Initiativen für Abrüstung und Sicherheit in Gang bringen
Lateinamerika und die Karibik, die südpazifischen und südostasiatischen Staaten sowie zuletzt die Staaten Zentralasiens haben atomwaffenfreie Zonen geschaffen. Alle anderen Initiativen dieser Art in der ganzen Welt begrüßen wir. Wir setzen uns dafür ein, dass diese Erfahrungen für Europa und andere Weltregionen genutzt werden.
Die Gremien der kooperativen Sicherheit bei den Vereinten Nationen, die OSZE, die NATO, der NATO-Russland-Rat, der Euro-Atlantische Partnerschaftsrat, die NATO-Ukraine-Charta, die Partnerschaften für den Frieden, der NATO-Mittelmeerdialog und andere Gremien müssen weit stärker als bisher zu aktiven Instrumenten der Vertrauensbildung, Abrüstung und Rüstungskontrolle werden.
10. Die Blockade der Genfer Abrüstungskonferenz überwinden
Wir fordern alle an der UN-Abrüstungskonferenz in Genf beteiligten Regierungen auf, die Blockaden aufzugeben und die Verhandlungen über den Abbau von Atomwaffen, über die Verhinderung des Wettrüstens im Weltraum und über ein Verbot der Herstellung von atomwaffenfähigem Material noch vor der NVV-Überprüfungskonferenz, die im Mai 2010 stattfindet, wieder voranzubringen.
Die Genfer Abrüstungskonferenz, das einzige Abrüstungsforum der UN, muss wieder zum aktiven Forum der globalen Abrüstung werden, in dem alle Staaten in die Verantwortung genommen werden.
Sozialdemokratische Partei Deutschlands
Parteivorstand
Wilhelmstraße 141, 10963 Berlin
Telefon (030) 25991-300, FAX (030) 25991-507
Herausgeber: Hubertus Heil
Redaktion: Stefan Giffeler
e-mail: pressestelle@spd.de
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