Griechenland: Negative Überraschungen
Erst der Regierungswechsel von der Partei Neue Demokratie auf die Panhellenische Sozialistische Bewegung (PASOK) im Oktober 2009 brachte es zum Vorschein: Das griechische Staatsdefizit war mehr als doppelt so hoch wie zuvor bekannt und hat 2009 sogar fast 13 % des BIP erreicht. Anfang 2009 vereinbarte die alte Regierung mit der EU-Kommission noch ein Budgetdefizit von 3,7 %. Das Vertrauen der EU, aber auch der Kapitalmärkte gegenüber dem griechischen Staat ist daher deutlich gesunken. Die Risikoprämie für eine Ausfallversicherung (CDS) griechischer Staatsanleihen stieg von 1 % im Sommer bis Ende 2009 auf fast 3 %. Die Ratingagenturen haben ihre Noten für den griechischen Staat gesenkt und den Ausblick auf negativ belassen.
Das hohe Budgetdefizit ist aber nicht nur das Resultat der großzügigen Fiskalpolitik der vergangenen Jahre. Es beruht auch auf den strukturellen Schwächen der griechischen Volkswirtschaft. Nach dem Beitritt zur Eurozone 2001 wuchs die griechische Wirtschaft bis 2008 im Jahresdurchschnitt mit knapp 4 % deutlich schneller als das Eurogebiet (knapp 2 %). Auch die Rezession war 2009 im EU-Vergleich noch relativ moderat. Allerdings dürfte das BIP infolge der Strukturprobleme 2010 nochmals um 1 % zurückgehen. Die Reallöhne stiegen in der vergangenen Dekade deutlich schneller als die Produktivität. Da Griechenland in dem „harten“ Euro-Währungsverbund keine „eigene“ Währung mehr abwerten lassen kann, wurde die internationale Wettbewerbsfähigkeit stetig ausgehöhlt. Das Leistungsbilanzdefizit nahm von knapp 6 % des BIP (2001) auf kritisch hohe 15 % (2008) zu. Rezessionsbedingt ist das Defizit 2009 zwar leicht zurückgegangen. Es dürfte 2010 und in den Jahren danach aber nur langsam sinken. Die strukturell schwachen Güterexporte und die wesentlich bedeutenderen Dienstleistungsexporte (Tourismus, Schifffahrt) werden sich nach ihrem Einbruch 2009 voraussichtlich nur langsam erholen. Reformen, die den Wirtschaftsstandort etwa mit flexibleren Arbeitsmärkten und einer realistischeren Lohnfindung stärken, die verbreitete Schattenwirtschaft eindämmen oder den ineffizienten Staatsapparat modernisieren, können ihre positiven Wirkungen erst längerfristig entfalten. Darüber hinaus muss die ganze griechische Volkswirtschaft, nicht nur der Staat, mehr sparen, was die mit Abstand niedrigste gesamtwirtschaftliche Sparquote innerhalb der EU von 3 % (2009) gegenüber einem EU-Durchschnitt von 19 % gut veranschaulicht.
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