Innenminister Boris Rhein: Kommunen brauchen Handlungsrahmen gegen den ausufernden Betrieb von Spielhallen
24.03.2011 – Pressemitteilung
„Der Spielhallenbetrieb muss ? wie im kleinen Spiel der Casinos – in geordneten und überwachten Bahnen verlaufen“
Wiesbaden. ? „Die vorgestellten Eckpunkte für ein reguliertes Betreiben von Spielhallen setzen ein deutliches Zeichen für die Suchtprävention, für Spieler- und Jugendschutz und für die Vermeidung von Begleit- und Umfeldkriminalität. Mit der Umsetzung erhalten die Kommunen den dringend benötigten Handlungsrahmen, um einen Spielbetrieb in geordnete und überwachte Bahnen lenken zu können“, so Innenminister Boris Rhein.
Oberste Priorität habe bei all dem selbstverständlich eine bundeseinheitliche Regelung im Rahmen des Glücksspielstaatsvertrages. Für den Fall, dass diese nicht erreicht werden könne, sei Hessen bestens vorbereitet, um die Bestimmungen für Zugangsregelungen, Minderjährigenschutz, zur Suchtprävention und Gewährleistung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung kurzfristig in einem eigenen Gesetz auf den Weg zu bringen, welches den legalen entgeltlichen Spielkonsum nur in einem angemessenen Umfang zulasse, so der Innenminister.
„Ein Blick auf die Entwicklung der Spielhallenkonzessionen zeigt, dass in den vergangenen Jahren immer mehr Spielhallen wie Pilze aus dem Boden geschossen sind. Besonders bedenklich ist dies, da bei rund drei Viertel (77,5%) [Daten der Suchtberatungsstellen] der Klientinnen und Klienten mit einem pathologischen Spielverhalten das Spiel an Geldgewinnspielautomaten im Mittelpunkt steht“, führte Rhein zur Erläuterung der Notwendigkeit für eine gesetzliche Regelung weiter aus. „In diesem Kontext ist auch die Verpflichtung der Spielhallenbetreiber zu sehen, die die Spieler zu einem verantwortungsbewussten Spiel anhalten müssen, um nach Möglichkeit die Entstehung von Glücksspielsucht zu vermeiden, aber auch um über Behandlungsmöglichkeiten zu informieren.“
Um suchtgefährdeten Spielern zu Seite zu stehen, sollen die Betreiber von Spielhallen beispielsweise verpflichtet werden, an einem übergreifenden Sperrsystem mitzuwirken und auch Anträge auf Selbstsperren von Spielern entgegenzunehmen. Von selbst verstehe sich, dass die Teilnahme von Minderjährigen an Glücksspielen in Spielhallen unzulässig sei.
Hinzu kommen signifikante Kriminalitätsformen, die im Zusammenhang mit Spielhallen zu verzeichnen sind. „Einer vermehrten Begleit- und Umfeldkriminalität müssen wir selbstverständlich den Riegel vorschieben“, betonte der Minister. Ein entsprechendes Instrument hierfür sei neben gezielten Kontrollen des Umfeldes auch die Gewährleistung eines ordnungsgemäßen und nachvollziehbaren Spielbetriebs.
„Alle drei Säulen ? Suchtprävention, Spieler- und Jugendschutz sowie die Eindämmung der Begleit- und Umfeldkriminalität greifen ineinander und ergänzen sich gegenseitig. Es ist wichtig, dass wir dem dringenden Handlungsbedarf wirksam begegnen. Die Koalitionspartner werden die Einzelheiten in den nächsten Wochen weiter konkretisieren und insbesondere klären, welche Fragen durch das Land Hessen alleine entschieden werden können , welche in Gemeinschaft mit anderen Bundeländern ? zum Beispiel im Glücksspielstaatsvertrag ? und welche ggf. auch nur auf Bundesebene geregelt werden können. Mit unseren heute vorgestellen Eckpunkten sind wir auf dem richtigen Weg“, so Innenminister Boris Rhein abschließend.
Hintergrundinformationen:
Mit dem im Rahmen der Föderalismusreform I verabschiedeten Gesetz zur Änderung des Grundgesetzes vom 28. August 2006 (BGBl. I 2034) wurde mit Neufassung des Art. 74 Absatz 1 Nr. 11 Grundgesetz die Gesetzgebungskompetenz für das „Recht der Spielhallen“ in die ausschließliche Gesetzgebungskompetenz der Länder übertragen. Gemäß Art. 125a Absatz 1 GG gilt das diesbezügliche Recht des Bundes solange fort, bis es durch Landesrecht ersetzt wird.
Demnach können die Länder aufgrund der Kompetenz für das „Recht der Spielhallen“ im Rahmen des derzeitigen § 33 i Gewerbeordnung die personen- und ortsgebundenen Anforderungen an die Spielhallenerlaubnis regeln. Diese umfassen die gesamte bauliche und situative Ausgestaltung der Spielhallen, wie u.a. ihre Belegenheit, Größe sowie Öffnungs- und Sperrzeiten. Die Länder können zudem Trenn- und Abstandsregelungen vorsehen und hierdurch der Entwicklung in Richtung großer Spielhallenkomplexe entgegenwirken (Verbot von Mehrfachkonzessionen).
Die Länderkompetenz umfasst überdies auf die Person des Betreibers bezogene Anforderungen, wie etwa die Voraussetzungen für die Erteilung der Betriebserlaubnis für eine Spielhalle (z.B. Qualifikationsanforderungen, auch gegenüber dem Aufsichtspersonal) oder die Überwachungs-, Informations- und Aufklärungspflichten wie sie bereits in § 6 Absatz 1 und 4 Spielverordnung angelegt sind.
Die Zahl der Spielsüchtigen in Hessen schätzt die Hessische Landesstelle für Suchtfragen im Jahr 2010 auf 8000 bis 20.000, die Studie Forschungsprojekt PAGE (Pathologisches Glücksspielen und Epidemiologie = Kooperationsprojekt Universtitätsklinikum Schleswig-Holstein, Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie Lübeck, und Universitätsklinikum Greifswald, Institut für Epidemiologie und Sozialmedizin) schätzt mehr als 530.000 Bundesbürger als süchtige Glücksspieler ein und geht bei 3,7 Millionen Bundesbürgern von Merkmalen mit Suchtgefährdung aus.
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