(BSOZD.com – News) Heidelberg. Wie können die empfohlenen Therapieleitlinien für Patienten mit chronischer Herzschwäche in der Hausarztpraxis umgesetzt werden? Wie sieht die Versorgungsrealität chronisch Kranker aus, und wie kann sie verbessert werden? Dr. Frank Peters-Klimm, Facharzt an der Abteilung für Allgemeinmedizin und Versorgungsforschung des Universitätsklinikums Heidelberg, hat ein Projekt initiiert und koordiniert, bei dem Patienten mit Herzschwäche zusätzlich zu den normalen Arztbesuchen von speziell geschulten Arzthelferinnen intensiv betreut wurden. Das strukturierte Case Management verbesserte die Lebensqualität der Patienten erheblich. Im Oktober 2009 erhielt das Projekt den mit 7.500,- Euro dotierten „Qualitätsförderpreis Gesundheit Baden-Württemberg“.
Das Vorkommen der chronischen Herzinsuffizienz (Herzschwäche) nimmt mit steigendem Lebensalter zu, von den 65- bis 75-Jährigen sind bis zu 5 Prozent betroffen. Patienten mit Herzinsuffizienz sind in Deutschland zu mehr als 90% hausärztlich angebunden und werden gemeinsam mit Fachspezialisten versorgt. Die Patienten müssen oft viele Medikamente einnehmen. Ihr Gesundheitszustand befindet sich in einem labilen Gleichgewicht, das schnell entgleisen kann und dann zu wiederholten Krankenhausaufenthalten führt.
Leitlinien gut und schön – aber wie profitiert der individuelle Patient davon?
Dr. Frank Peters-Klimm ist nicht nur wissenschaftlicher Mitarbeiter in der Versorgungsforschung, sondern auch praktizierender Hausarzt. Er erlebt täglich aus nächster Nähe, wie die Versorgungssituation chronisch Kranker wirklich ist, und wie vorgegebene Behandlungsleitlinien in der Praxis am besten umgesetzt werden können. Seine breit gefächerte Facharztweiterbildung zum Internisten und Allgemeinmediziner absolvierte Dr. Peters-Klimm größtenteils in der Schweiz. 2004 nach Deutschland zurückgekehrt, ergab sich für ihn die Möglichkeit, in den hausärztlichen Kooperations-Projekten des „Teilprojekts Lebensqualität des Kompetenznetzes Herzinsuffizienz“ der Abteilung Psychosomatische u. Allgemeine Klinische Medizin des Universitätsklinikums Heidelberg mitzuarbeiten. Inzwischen ist er wissenschaftlicher Koordinator und Initiator zahlreicher Projekte im Bereich der Versorgungsforschung.
Das Projekt HICMan (Heidelberger hausarztbasiertes Case Management für Patienten mit Herzinsuffizienz)
Die Wissenschaftler entwickelten und evaluierten ein komplexes Case Management Programm für Patienten mit chronischer Herzinsuffizienz. Dafür wurden 31 Medizinische Fachangestellte aus den teilnehmenden Hausarztpraxen zum „Case Manager“ geschult. Ihre Aufgabe war es, die betreffenden Patienten zusätzlich zu den normalen Praxisterminen regelmäßig telefonisch zu kontaktieren und zu Hause aufzusuchen. Dabei erhoben sie diagnostische Messwerte, überprüften die Medikamenteneinnahme, stellten gezielte Fragen zum Krankheitsverlauf und achteten darauf, dass die Therapieempfehlungen eingehalten wurden. Sie meldete die ermittelten Ergebnisse an den Arzt zurück. Außerdem führten die Patienten ein Tagebuch und erhielten spezielles Informationsmaterial.
„Die teilnehmenden Ärzte und Arzthelferinnen hielten fast alle vorgeschlagenen Maßnahmen des Case Managements für durchführbar und sehr nützlich. Das Arzt- bzw. Arzthelferinnen-Patienten-Verhältnis verbesserte sich deutlich“, erläutert Dr. Peters-Klimm. „Die Patienten waren besser versorgt, hatten eine bessere Lebensqualität und weniger soziale Einschränkungen. Sie entwickelten ein Bewusstsein dafür, dass sie selbst etwas für ihre Gesundheit tun können und zeigten auch ein messbar verbessertes krankheitsspezifisches Selbstsorgeverhalten.“ Das Konzept müsse weiterentwickelt werden, sei aber „für die Versorgung von chronisch Kranken prädestiniert, da der systematische Einbezug von Medizinischen Fachangestellten gem. dem Delegationsprinzip die Hausärzte entlasten kann, ohne die Kontinuität der Versorgung zu unterbrechen.“ Folgeprojekte zu praxisbasiertem Case Management bei chronisch Kranken mit hohem Risiko für ungeplante Krankenhausaufenthalte sind in Vorbereitung (PraCMan-Studie).
Das HICMan-Projekt wurde im Rahmen des Kompetenznetzes Herzinsuffizienz vom Bundesministerium für Bildung und Forschung gefördert.
Der „Qualitätsförderpreis Gesundheit Baden Württemberg“
Das Ministerium für Arbeit und Soziales Baden-Württemberg und die im Gesundheitsforum Baden-Württemberg beteiligten Institutionen loben seit 2002 jährlich den „Qualitätsförderpreis Gesundheit Baden-Württemberg“ aus. Prämiert werden Projekte, die einen innovativen Beitrag zur Verbesserung der Qualität im Gesundheitswesen leisten. Die Robert Bosch Stiftung stellt hierfür in den Jahren 2007 bis 2011 das Preisgeld in Höhe von 15.000,- Euro zur Verfügung.
Literatur:
Doctors‘ assistants‘ views of case management to improve chronic heart failure care in general practice: a qualitative study. Olbort R., Mahler C., Campbell S., Reuschenbach B., Müller-Tasch T., Szecsenyi J., Peters-Klimm F. Journal of Advanced Nursing 2009, 65(4):799-808.
Physicians‘ view of primary care-based case management for patients with heart failure: a qualitative study. Peters-Klimm F., Olbort R., Campbell S., Mahler C., Miksch A., Baldauf A., Szecsenyi J. International Journal for Quality in Health Care 2009, 21(5):363-71.
Ansprechpartner:
Dr. Frank Peters-Klimm
Abteilung Allgemeinmedizin u. Versorgungsforschung Universitätsklinikum Heidelberg Voßstrasse 2
69115 Heidelberg
Tel.: 06221-56-6206
Fax: 06221-56-1972
Email: frank.peters(at)med.uni-heidelberg.de
Universitätsklinikum und Medizinische Fakultät Heidelberg Krankenversorgung, Forschung und Lehre von internationalem Rang Das Universitätsklinikum Heidelberg ist eines der größten und renommiertesten medizinischen Zentren in Deutschland; die Medizinische Fakultät der Universität Heidelberg zählt zu den international bedeutsamen biomedizinischen Forschungseinrichtungen in Europa. Gemeinsames Ziel ist die Entwicklung neuer Therapien und ihre rasche Umsetzung für den Patienten. Klinikum und Fakultät beschäftigen rund 7.000 Mitarbeiter und sind aktiv in Ausbildung und Qualifizierung. In mehr als 40 Kliniken und Fachabteilungen mit 1.600 Betten werden jährlich rund 500.000 Patienten ambulant und stationär behandelt. Derzeit studieren ca. 3.100 angehende Ärzte in Heidelberg; das Heidelberger Curriculum Medicinale (HeiCuMed) steht an der Spitze der medizinischen Ausbildungsgänge in Deutschland. (Stand 12/2008)
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Bildunterzeile
Dr. Frank Peters-Klimm, Abteilung Allgemeinmedizin u. Versorgungsforschung am Universitätsklinikum Heidelberg und praktizierender Hausarzt, wurde mit dem „Qualitätsförderpreis Gesundheit Baden-Württemberg“ ausgezeichnet.
Quelle: Universitätsklinikum Heidelberg