Aufsehen erregte Ende 2011 in der Tagespresse das Urteil des III. Zivilsenates des Bundesgerichtshofes vom 17.11.2011 (Az. III ZR 103/10), in der es um Rechtsfragen zur Haftung eines „Prominenten“ für fehlerhafte Angaben in einem Kapitalanlageprospekt ging. Der Bundesgerichtshof erweiterte dabei sowohl die personelle Prospektverantwortlichkeit, wie auch die sachliche Prospekthaftung (Prospektbegriff). Im Ergebnis wurde der Rechtsstreit an das Oberlandesgericht Karlsruhe zurückverwiesen. Die Einzelheiten erläutert ilex Rechtsanwälte & Steuerberater.
Worum ging es vor dem Bundesgerichtshof?
Im Rahmen der Haftung für fehlerhafte Angaben in Kapitalanlageprospekten (= Prospekthaftung) versuchten Kapitalanleger des inzwischen abgewickelten „MSF Master Star Fund Deutsche Vermögensfonds“ den ehemaligen Bundesverteidigungsminister und emeritierten Lehrstuhlinhaber Prof. em. Dr. Dr. Rupert Scholz auf Schadensersatz in Anspruch zu nehmen. Schätzungen zufolge hatten etwa 7.000 Anleger rund 40 Millionen Euro in den Fonds eingezahlt. Nachdem die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) interveniert und den Fonds geschlossen hatte, wurde im Jahre 2005 das Insolvenzverfahren eingeleitet. In der Entscheidung des Bundesgerichtshofes wurden nunmehr Grundsätze aufgestellt, unter denen unter bestimmten Voraussetzungen auch Werbepartner als Prospektverantwortliche in Betracht kommen.
Warum werden Dritte in Anspruch genommen?
Wenn bei einer gescheiterten Kapitalanlagen im Vorfeld Fehler gemacht worden sind; etwa weil über die Risiken des Investments nicht sachgerecht aufgeklärt wurde, bewusst falsche Angaben im Kapitalanlageprospekt vorhanden waren oder gar strafrechtlich relevantes Verhalten der Initiatoren vorliegt, ist die Inanspruchnahme Dritter aus Anlegersicht wirtschaftlich gesehen oftmals die einzige Möglichkeit einen Teil des Schadens zu erlösen. Eine Inanspruchnahme der Fondgesellschaft scheitert zwar nicht rechtlich, ist aber wirtschaftlich sinnlos, weil dort, wo kein Vermögen (mehr) vorhanden ist und insofern auch kein Schaden mehr erlöst werden kann. Nachdem das Scheitern des „MSF Master Star Fund Deutsche Vermögensfonds“ abzusehen war, wurden unterschiedliche Personen im Umfeld um den Fonds in Anspruch genommen. Dazu zählte etwa die Futura Finanz GmbH & Co. KG (vormals Futura Finanz AG), die an dem Vertrieb des Fonds beteiligt war. Nachdem mehrere Anleger im Vergleichswege einen Teil ihres Schadens erlösen konnten, vermehrt aber auch Gerichte die Haftung des Vertriebes eindeutig bestätig hatten, war es nur eine Frage der Zeit, bis die Möglichkeit der Inanspruchnahme des Vertriebes wegfiel. Die Futura Finanz GmbH & Co. KG ist insolvent und die Haftung beschränkt sich längst auf die geringe Insolvenzquote. Durch die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes zur Haftung von „Prominenten“, die sich dem Vertrieb als Werbepartner zur Verfügung gestellt hatten, ist der Kreis der Haftungsträger allerdings weiter ausgedehnt worden. Für den Werbepartner einer Fondsgesellschaft ist es deshalb von entscheidender Bedeutung, die Risiken solcher Werbetätigkeiten bereits im Vorfeld zu kennen und einschätzen zu können.
Wer haftet als Prospektverantwortlicher?
Schon nach der bisherigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs haften für fehlerhafte oder unvollständige Angaben in dem Emissionsprospekt einer Kapitalanlage haften neben dem Herausgeber des Prospekts gesondert auch die Gründer der Kapitalanlage, die Initiatoren und die Gestalter der Gesellschaft, soweit sie das Management bilden oder beherrschen. Darüber hinaus haften als sogenannte Hintermänner alle Personen, die hinter der Gesellschaft stehen und auf das Geschäftsgebaren oder die Gestaltung des konkreten Anlagemodells besonderen Einfluss ausüben und deshalb Mitverantwortung tragen.
Was entschied der Bundesgerichtshof in Bezug auf „Prominente“?
Werbepartner haften nach diesen Grundsätzen zumindest dann, wenn sie für eine fehlgeschlagene Kapitalanlage mit ihrer „besonderen Fachkunde“ geworben hatten. Nach Ansicht des Bundesgerichtshofes wird diese „Prospekthaftung im engeren Sinne“ darin gesehen, dass der Haftung auch diejenigen unterliegen, die mit Rücksicht auf ihre allgemein anerkannte und hervorgehobene berufliche und wirtschaftliche Stellung oder aufgrund ihrer Eigenschaft als berufsmäßige Sachkenner eine Garantenstellung einnehmen. Voraussetzung ist allerdings, dass sie durch ihr nach außen in Erscheinung tretendes Mitwirken am Emissionsprospekt einen besonderen, zusätzlichen Vertrauenstatbestand geschaffen haben und Erklärungen abgeben. Da Dr. Dr. Scholz durch seinen Werdegang und Beruf nach Ansicht des Bundesgerichtshofes ein begründetes Vertrauen in seine Integrität, Objektivität und Fachkompetenz genoss und dieses einsetzte, um Einfluss auf die Investitionsentscheidung von potentiellen Kapitalanlegern zu nehmen, war nach Ansicht des III. Zivilsenates die sogenannte „Prospekthaftung im engeren Sinne“ gegeben. Die Werbeaussagen wurden allerdings nicht in dem eigentlichen Emissionsprospekt, sondern nur in einer 80-seitigen Produktinformation präsentiert. Da sich diese Produktinformation jedoch als eine „oberflächlichere Ergänzung des Emissionsprospekts“ darstellte, die zusammen mit Zeitschriftenartikeln und dem eigentlichen Emissionsprospekt vertrieben wurden, sind alle einzelnen Produktinformationen nach Ansicht des Bundesgerichtshofes auch Bestandteil des gesamten Kapital-Anlageprospektes im Rechtssinne geworden.
Dr. Ulrich Schulte am Hülse
Rechtsanwalt und Fachanwalt
für Bank- und Kapitalmarktrecht