Sehr geehrter Herr Westerwelle,
in Ihrem Gastkommentar wettern Sie gegen das Urteil des Bundesverfassungsgerichtes zu den Hartz IV – Regelsätzen, das es „sozialistische Züge“ hätte, es in Deutschland nur um Bezieher von Steuergeld gehen würde und die Mittelschicht „keine Beachtung“ finden würde. Des weiteren schreiben Sie, das es staatliche Leitungen sind, die „vom Steuerzahler“ bezahlt werden und es Rufe gibt, die die Entlastung der Bürger durch Steuersenkungen nicht mehr wollen und es für höhere Hartz IV Leistungen gebraucht wird, das die Empfänger in aller Munde sind und die, die das bezahlen sollen, kaum Beachtung finden.
Die Mittelschicht sei in den letzten 10 Jahren auf die Hälfte geschrumpft
Bürger, die trotz Arbeit angeblich weniger Geld bekommen würden, als ein Empfänger staatlicher Leistungen und auch mal wieder die Vergleiche mit einer Kellnerin, die genauso angeblich mit zwei Kindern weniger Geld bekommen würde., sich also „Arbeit nicht mehr lohnen würde“, wenn der Hartz IV-Regelsatz höher wäre, als der Lohn diverser Arbeitnehmer. Daneben noch das Wiederholen der altbekannten Parolen, dass Bildung wichtiger ist und das sich Leistung lohnen muss.
Herr Westerwelle,
sozialistisch beinhaltet auch das Wort Sozial, allerdings scheinen Sie etwas anderes darunter zu verstehen, als der Großteil der Bürger. Was Sie „Sozial“ nennen, nenne ich (und auch viele andere) Subvention der Gut-, Besser- und Bestverdienenden, denn nichts anderes ist es, wenn Sie, ihre Parteikollegen und auch die Koalitionspartner von Steuersenkungen reden.
Wer hat denn von einer Steuersenkung am Meisten davon?
Die, die jetzt schon sehr gut verdienen, nicht die, die solche Senkungen eher gebrauchen können, die Geringverdiener, die Normalverdiener und die Menschen, die im Niedriglohnsektor arbeiten. Während ein Manager oder Konzernchef einige hundert bis tausend Euro mehr hätte, bekommen gerade die, die jetzt schon kaum genug Geld verdienen nur ein paar Cent bis Euro mehr.
Ist das Ihre Vorstellung von „Sozial“?
Das es mittlerweile Millionen von Sozialleistungsbeziehern gibt, ist auch nicht die Schuld der Erwerbslosen und Aufstocker, sondern die der vergangenen und der jetzigen Regierung, bei der Sie ja bekanntlich auch beteiligt sind, denn Sie führen ja diese „tolle“ Arbeitsmarktreformen weiter und wollen sie anscheinend auch noch verschärfen.
Das gerade durch diese Reform des Arbeitsmarktes Tür und Tor geöffnet wurde, die Löhne bis etwas über der Sozialleistungsgrenze zu senken, lassen Sie gerne unerwähnt, ebenso das auch die von Ihnen zitierte Kellnerin mit zwei Kindern unter diesem Gesetz leidet, weil auch Ihr Lohn so stark gesunken ist, das nicht nur sie auf staatliche Unterstützung angewiesen ist. Warum gehen Sie nicht dagegen vor, sondern beschuldigen gerade diejenigen, die nichts dafür können?
Gerade diese niedrigen Löhne und Sozialleistungen zerstören doch die von Ihnen so gerne verteidigte Mittelschicht, denn wer kaum Geld übrig hat, kann sich auch nicht viel kaufen, die Mittelschicht hat dadurch sinkende Umsätze, was wiederum zu weniger Steuereinnahmen, weiter sinkenden Löhnen und Schlussendlich zu Insolvenzen führt.
Statt aber etwas dagegen zu tun, z. B. einen Mindestlohn einzuführen, empfehlen Sie und Ihre Kollegen den Arbeitnehmern Sozialleistungen zu beantragen, wenn der Lohn nicht ausreicht. Gleichzeitig schimpfen Sie aber auf alle Bezieher von Hartz IV und Ihr Parteikollege Martin Lindner und andere wollen sogar noch diese Leistungen kürzen.
Fällt Ihnen nicht auf, dass sich hier „die Katze in den Schwanz beißt“?
Wenn Sie und Ihre Koalitionspartner, wie Ihre Parteikollegen gegen eine realitätsnahe Anpassung der vom Verfassungsgericht als grundgesetzwidrig erkannte Berechung der Regelsätze und auch gegen einen Mindestlohn sind, dann sind SIE es, der die Mittelschicht zerstört, denn jeder Euro mehr, der bezahlt wird, fließt in den Konsum und somit auch dem Mittelstand zu. Das es Steuergelder sind, ist zwar nicht abzustreiten, aber falls Sie einmal genauer nachdenken, bezahlen auch die Sozialleistungsempfänger Steuern, die dem Bund wieder durch die Mehrwertsteuer und anderen Verbrauchssteuern zufließen. Damit wäre also allen geholfen, denn gerade auch die Mittelschicht lebt von den Umsätzen der Kunden und nicht von den Steuern.
Auch ihre Wiederholungen und Forderungen nach mehr Bildung auch für Kinder sind etwas genauer betrachtet nur Worthülsen, denn im Vermittlungsausschuss des Bundestages zum letzten Teil der Arbeitsmarktreformen, genannt Hartz IV, war auch Ihre Partei dabei und selbst nach wochenlangen Verhandlungen ist Ihrer Partei, ebenso den christlichen Parteien nicht aufgefallen, das bei der Berechnung der Kinderregelsätze der Betrag „0“ für die Bildung der Kinder stand?
Im Vergleich zu den Rufen aus der Regierung und den Aussagen auch Ihrer Parteikollegen nach „mehr Bildung“ und „mehr Chancen“ ist das für mich eher ein schlechter Witz, weil es den Kindern aus Gering-, Niedriglohnfamilien und auch immer mehr bei den Normalverdienern auch so geht, das sie für die Bildung ihrer Kinder kaum bis gar kein Geld übrig haben.
Entschuldigung geehrter Herr Westerwelle, aber als langjähriger Politikinteressierter, nehme ich Ihnen weder diesen Gastkommentar, noch ihre anderen Aussagen ab, denn wer über die Hartz IV Regelsätze wettert, um dem Volk weis zu machen, das sie angeblich zu hoch sind, hat in Wirklichkeit etwa anderes vor, nämlich das Existenzminimum weiter zu senken, um damit wieder mehr Spielraum für Lohnsenkungen zu lassen und da zitiere ich dazu mal einen Ihrer eigenen Sätze aus dem Gastkommentar.
„An einem solchen denken, kann Deutschland scheitern“
Führen Sie gesetzliche Mindestlöhne ein, erhöhen Sie die Regelsätze Realitätsbezogen, denn nur so können Sie dem Mittelstand helfen und nicht indem Sie die ohnehin schon niedrige Kaufkraft weiterhin schwächen