LINDNER-Interview für die „Passauer Neue Presse“

Berlin (pressrelations) –

LINDNER-Interview für die „Passauer Neue Presse“

Berlin. FDP-Generalsekretär CHRISTIAN LINDNER gab der „Passauer Neuen Presse“ (heutige Ausgabe) das folgende Interview. Die Fragen stellte RASMUS BUCHSTEINER.

Frage: Erst setzt die FDP die Mehrwertsteuersenkung für Hotels durch, jetzt will Parteivize Andreas Pinkwart das Ganze wieder rückgängig machen ? was gilt denn nun?

LINDNER: Es bleibt bei der bestehenden Regelung. Die niedrigere Mehrwertsteuer bringt besonders den mittelständischen Beherbergungsbetrieben Spielraum für Investitionen und für die Verbesserung der oft prekären Bezahlung der Mitarbeiter. Den nutzen sie bereits. Wir nehmen aber die Klagen über bürokratische Ausführungsbestimmungen sehr ernst. Es ist deshalb gut, dass die Bundesregierung hier praxistauglichere Regelungen vorgelegt hat.

Frage: Ist der Vorstoß aus Nordrhein-Westfalen nicht allein der Tatsache geschuldet, dass dort wenige Monate vor der Landtagswahl die schwarz-gelbe Koalition wackelt?

LINDNER: Die FDP ist in Nordrhein-Westfalen viel stärker als noch 2005. Die Alternative zur christlich-liberalen Koalition ist zudem ein rot-blutrot-grünes Bündnis an Rhein und Ruhr. Gerade erst hat Andrea Ypsilanti mit anderen in Berlin einen rot-rot-grünen Gesprächszirkel gegründet. Das zeigt, was da vorbereitet wird.

Frage: 100 Tage Schwarz-Gelb im Bund ? doch vom Zauber des Anfangs ist keine Spur. Ist die Koalition nicht eher Zweck- als Wunsch-Bündnis?

LINDNER: Einzelfragen und einige atmosphärische Belastungen überlagern eine insgesamt ordentliche Bilanz. Nach 100 Tagen großer Koalition haben die Menschen geächzt und gestöhnt, weil die Mehrwertsteuer um drei Prozent erhöht wurde. Die christlich-liberale Koalition hat nach 100 Tagen Arbeitnehmer und Familien bereits um 4,6 Milliarden Euro entlastet. Und trotzdem bleiben wir sogar noch unter der noch von Steinbrück geplanten Neuverschuldung. Die Unternehmensteuerreform ist repariert und das Schonvermögen bei Hartz IV verdreifacht worden. Das kann sich alles sehen lassen!

Frage: Fehlt der Koalition ein Motto, eine Überschrift?

LINDNER: Wir haben einen roten Faden. Es gibt eine gemeinsame Werteperspektive. Wir wollen einen fairen Interessensausgleich zwischen dem Staat und den Bürgern herstellen. Da stimmen CDU, CSU und FDP völlig überein.

Frage: CSU-Chef Horst Seehofer lästert bereits, die FDP habe ihren Höhepunkt überschritten und komme langsam wieder in der Normalität an. Spricht man so unter Freunden?

LINDNER: Das erinnert mich an das Verhalten von Herrn Seehofer vor der Bundestagswahl. Man kann ihm auch aus dieser Erfahrung keine Fortsetzung seiner Strategie empfehlen, die CSU hat danach ja verloren. Der Gegner steht links. Und die Bürger erwarten von der Regierung, dass sie für das Land Probleme löst und sich nicht ständig mit Fingerhakeleien aufhält.

Frage: Steuerstreit, Gesundheitsstreit, Mindestlohn ? rächt sich da, dass die entscheidenden Fragen im Koalitionsvertrag ausgeklammert worden sind?

LINDNER: Ein Koalitionsvertrag ersetzt nicht die tägliche Arbeit an Gesetzen. Er kann die Richtung vorgeben. Das Gesundheitssystem ist heute eine Reform-Ruine. Ich fordere die CSU auf, konstruktiv daran mitzuarbeiten, diese Ruine wieder bewohnbar zu machen.

Frage: Einige Kassen haben Zusatzbeiträge angekündigt. Wird die FDP darauf bestehen, dass sie wieder abgeschafft werden?

LINDNER: Wir sind immer gegen diese Zusatzbeiträge gewesen, weil sie die Schwächeren stärker belasten und bürokratisch sind. Im Übrigen: Frau Merkel und Herr Seehofer haben gemeinsam mit Ulla Schmidt die Zusatzbeiträge eingeführt. Die FDP ist bereit, das sofort zu ändern, wenn die Union ihre damalige Politik heute korrigieren will. Der Ruf von einigen in CDU und CSU nach Einsparungen geht aber ins Leere. Da verstehen die Experten der Union das System falsch, das sie selbst beschlossen haben. Heutige Einsparungen kämen den einzelnen Kassen ja frühestens 2011 zugute.

Frage: Die CSU läuft Sturm gegen die FDP-Forderung nach einer Gesundheitsprämie zusätzlich zum paritätisch finanzierten Kassenbeitrag…

LINDNER: Wir wollen Arbeit nicht noch teurer und das Gesundheitssystem solidarischer machen: Beides ist mit einer Prämie möglich. Geringverdiener erhalten einen automatischen Sozialausgleich über das Finanzamt. Die CSU hat bisher keinerlei Vorschläge gemacht. Sie arbeitet sich nur an einem System ab, für das sie selbst seit Jahren die Verantwortung trägt.

Frage: Bleibt es dabei, dass die Steuerzahler ab 2011 weiter entlastet werden?

LINDNER: So steht es im Koalitionsvertrag. Wir wollen eine Gesamtentlastung von 24 Milliarden Euro in dieser Wahlperiode erreichen.

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