Entsprechend einer Ankündigung der staatlichen Behörden in Ho Chi Minh Stadt werden den fliegenden Händlern in der Stadt einige öffentliche Plätze zugewiesen werden. Mit der Umsetzung dieses Plans soll Ende April 2016 begonnen werden. Alle fliegenden Händler vom Stadtteil 1 in Ho Chi Minh Stadt werden dann in fest bestimmten Straßen ihren Geschäften nachgehen müssen.
Die für dieses Pilotprojekt ausgewählten Bereiche befinden sich im Ben Nghe Bezirk. Es handelt sich dabei um den Gehweg der Straße Nguyen Van Chiem sowie die Kreuzung der Straßen Hai Ba Trung und Pham Ngoc Thach. Ein dritter geplanter Standort ist die Straße Ton Duc Thang im Bach Dang Hafen Park an der ehemaligen Saigon Industrie- und Handelsbank. Diese Bereiche verfügen über ausreichend breite Gehwege. Somit ist gewährleistet, dass Händler und Passanten den Straßenverkehr nicht behindern und durch diesen nicht gefährdet werden. Der Handel wird in diesem Modell entsprechend der Anforderungen der Menschen nach festgelegten Zeitrahmen organisiert werden, wobei zunächst zwei Marktzeiten täglich geplant sind. Das erste Zeitfenster für die Märkte der fliegenden Händler soll von 06.00 Uhr bis 08.00 Uhr morgens und das zweite von 11.00 Uhr bis 13.00 Uhr am Mittag angelegt werden.
Herr Tran The Thuan, Vorsitzender im Stadtteil 1 von Ho Chi Minh Stadt sagte dazu: „Dieses Modell wird dazu beitragen dem Verlust eines schönen Straßenbildes durch das unkontrollierte Auftreten der fliegenden Händler entgegen zu wirken. Die fliegenden Händler schwerpunktmäßig an bestimmten Orten zu konzentrieren schafft zudem Arbeitsplätze und sorgt für mehr Sicherheit in der Stadt.“
Die Verkäufer sollen dabei in dieses Modell mit einbezogen werden. Sie werden in Lebensmittelhygiene, allgemeiner Hygiene, Abfallwirtschaft und mehr Kommunikationsfähigkeit trainiert. Zudem wird es den Händlern durch die Vielfalt von gleichen Angeboten an einem Standort erschwert, Kunden abzuzocken. Es ist zu erwarten, dass alle gängigen Waren zu Listenpreisen angeboten und verkauft werden.
Derzeit besteht laut dem Volkskomitee im Stadtteil 1 von Ho Chi Minh Stadt besondere Priorität für Straßenhändler aus diesem Bereich des Stadtbezirkes und hierbei wiederum für jene in schwierigen ökonomischen und familiären Situationen. Händler aus anderen Regionen der Stadt wurden von der Registrierung für dieses Modell vorübergehend ausgeschlossen.
- fliegende Händler sind Bestandteil vietnamesischer Kultur
Der Anblick von fliegenden Händlern oder auch Straßenhändlern, mit ihren alten Fahrrädern oder dem Joch auf den Schultern sind den Menschen in Vietnam sehr vertraut. Diese gehören bei den Hanoiern und Saigonern seit langer Zeit gleichermaßen zum täglichen Straßenbild.
Unbewusst akzeptiert jeder Vietnamese, vom leitenden Beamten bis hin zum gemeinen Volk und sogar Berühmtheiten, zum Beispiel die Existenz von Cafés und Frühstücksrestaurants auf den Gehwegen. In der Tat befinden sich unter diesen Restaurants viele, welche es schon seit Jahrzehnten gibt und bereits in der zweiten oder gar dritten Generation geführt werden. Viele der Vietnamesen welche das Land verlassen haben, erinnern sich oft an die Bilder der Straßenhändler und kehren nach Vietnam zurück um fast vergessene Erinnerungen aufzufrischen. Das Joch welches viele der fliegenden Händler benutzen um ihre Waren zu transportieren hat seinen Ursprung auf dem Land. Niemand kann sich erinnern, wann es zu ersten Mal in den Städten gesehen wurde und nunmehr ist es jedoch zu einem nicht mehr wegzudenkenden Bestandteil in den Metropolen geworden. Von daher wird jeder Versuch, die fliegenden Händler von den Gehwegen in den Großstädten zu entfernen zum Scheitern verurteilt sein. Eine realistische Chance ist jedoch, diesen feste Plätze zuzuweisen.
Diese einfache Handelsform der fliegenden Händler ist nicht nur tief in der Erinnerung der Menschen hier verankert, sondern hinterlässt auch bleibende Eindrücke bei den ausländischen Besuchern der vietnamesischen Großstädte. Straßenhändler tragen entscheidend dazu bei, die Kluft zwischen Besuchern und der fremden Stadt zu überwinden und sich einander näher zu sein. Das Tragen des Jochs wird von vielen ausländischen Besuchern als untrennbar von Vietnam assoziiert und ist von daher unverzichtbar für den Tourismus und dessen Bekanntheitsgrad überall in der Welt.
- fliegende Händler und die zivilisierte Stadt
Trotz der langjährigen kulturellen Tradition der fliegenden Händler in Vietnam, soll die dunkle Seite derer Geschäfte nicht unerwähnt bleiben. Straßenhändler blockieren oftmals die Gehwege, so dass Passanten auf die Straßen ausweichen müssen und sich somit den Gefahren des Straßenverkehrs aussetzen. Neben den schönen Bildern von Straßenhändlern gibt es auch solche von schmierigen und unhygienischen Subjekten, welche zum Verlust der Ästhetik des Straßenbildes beitragen. Auch gehen einige der Straßenhändler illegalen Geschäften, wie dem Drogenhandel nach. In den letzten Jahren haben die Behörden zwar vielerorts die Geschäfte der fliegenden Händler untersagt, doch die Situation hat sich auf Grund fehlender Ausweichmöglichkeiten nicht entscheidend geändert. Ziel war es, eine zivilisierte, saubere, schöne und moderne Atmosphäre in der Stadt zu schaffen. Die Umsetzung ließ jedoch leider zu wünschen übrig und führte eher zum Gegenteil. Es fand eine regelrechte Jagd auf die fliegenden Händler statt, welche oft in Gewalt ausuferte. Fliegende Händler wurden von der den staatlichen Sicherheitskräften zu Boden geworfen, an Händen, sowie Füßen gefesselt, verhaftet und deren Waren wurden beschlagnahmt. Dies deprimierte zahlreiche Passanten und Einheimische welche Augenzeugen solcher dramatischen Aktionen wurden.
Das Problem für die staatlichen Behörden ist, dass die fliegenden Händler zunehmend die Verarmung der Gesellschaft repräsentieren und somit ein schlechtes Bild von Vietnam in der Welt entstehen lassen. Die fliegenden Händler gehören zur untersten Klasse der Gesellschaft und alles was diese Menschen möchten ist zu überleben und ihren täglichen Lebensunterhalt verdienen zu können. Dies schien für die Führung und Führer der Stadt seit Jahren ein unlösbares Problem. Mit dem neuartigen Pilotprojekt sollen nunmehr beide Probleme gelöst werden. Zum Einen sollen durch das Bereitstellen von festgelegten Standorten die fliegenden Händler aus dem Stadtbild verschwinden. Zum Anderen soll den Händlern die Möglichkeit zum Erwerb des Lebensunterhaltes erhalten bleiben. Geplant ist diese Maßnahme derzeit nur für den Stadtteil 1 in Ho Chi Minh Stadt und ob das Projekt erfolgreich sein wird bleibt abzuwarten. Abhängig vom Erfolg, welcher entscheidend von der Bereitschaft der Straßenhändler mitbestimmt werden wird, gibt es vielleicht schon in der gesamten Stadt derartige Marktplätze.
25.04.2016: Silvia Huynh – ITI-HOLIDAY