Mediatorengruppe legt Reformvorschläge für Beamtenrecht vor
Umfangreicher Bericht an Ministerpräsident Koch und Innenminister Bouffier übergeben/ Grundlage für einen leistungsstarken und attraktiven Öffentlichen Dienst
Für das Land Hessen ist der Grundstein für ein neues Beamtenrecht gelegt. Die im August 2008 von Ministerpräsident Roland Koch einberufene Mediatorengruppe hat heute ihre Vorstellungen für eine Reform vorgelegt. Die Gruppe, die aus Bundesminister a.D. Friedrich Bohl, dem Wetzlarer Oberbürgermeister Wolfram Dette, Staatsminister a.D. Lothar Klemm und Staatsminister a.D. Rupert von Plottnitz besteht, übergab ihren umfangreichen Bericht heute in Wiesbaden an Ministerpräsident Roland Koch und Innenminister Volker Bouffier. Die Modernisierung des Dienstrechts, die Stärkung der Leistungsfähigkeit, die Wirtschaftlichkeit und Wettbewerbsfähigkeit des öffentlichen Dienstes und die Motivation seiner Beschäftigten sind die Ziele des Reformpakets. „Die Mediatoren haben eine Basis zur Reform des Dienstrechts geschaffen. Nun gilt es, den hessischen Beamtinnen und Beamten ein attraktives Arbeitsumfeld zu schaffen und sicherzustellen, dass die Bürgerinnen und Bürger auch zukünftig hochqualifizierte Dienstleistungen des Staates erhalten“, sagte Koch und dankte den Mediatoren für die in den vergangenen 15 Monaten geleistete Arbeit. Es gehe nun darum, mit breiter Mehrheit im Landtag ein neues Dienstrecht zu verabschieden, das für die hessischen Beamtinnen und Beamten für einen langen Zeitraum verlässliche Rahmenbedingungen schafft.
Die Mediatoren unterstrichen die Kernelemente, auf die sie besonderen Wert gelegt haben. So sollen die Beamten nach ihren beruflichen Erfahrungszeiten (inklusive der Berufserfahrung außerhalb des Öffentlichen Dienstes) und nicht wie bisher nach ihrem Lebensalter besoldet werden. Damit sich Leistung noch mehr lohnt, sollen nach Ansicht der Mediatoren die bestehenden Elemente wie die Leistungsprämie, die Leistungszulage oder die Leistungsstufe fortentwickelt und ergänzt werden. Dazu zähle auch die Einführung eines Sonderurlaubs von bis zu drei Tagen als zusätzlichen nicht-monetären Leistungsanreiz. „Dieser attraktive Sonderurlaub wäre eine bundesweit wohl einmalige Form der Leistungshonorierung“, so die Mediatoren. Die Obergrenzen für die bereits bestehenden Teamprämien sollen verdreifacht werden, um das Wir-Gefühl in der Verwaltung zu stärken.
Ein weiterer Vorschlag aus dem Bericht der Mediatoren zielt dahin, dass Beamtinnen und Beamte, die den öffentlichen Dienst freiwillig verlassen, ihre Ansprüche auf Altersversorgung mitnehmen können. Auf diese Weise würden die finanziellen Nachteile, die durch eine Nachversicherung in der gesetzlichen Rentenversicherung entstünden, ausgeräumt. Bisher droht bei einem Wechsel in die freie Wirtschaft der Verlust von erworbenen Anwartschaften. „Die Möglichkeit der Mitnahme kann zu einem verbesserten Austausch zwischen öffentlichem Dienst und Privatwirtschaft beitragen und macht gleichermaßen die öffentliche Verwaltung für leistungsstarke und gut ausgebildete Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer interessant“, sagten Bohl, Dette, Klemm und von Plottnitz.
Darüber hinaus haben die Mediatoren vorschlagen, schrittweise die Altersgrenze für den Eintritt in den Ruhestand auf 67 Jahre anzuheben und damit eine Angleichung mit der gesetzlichen Rentenversicherung vorzunehmen. Ausnahmen für besonders belastete Berufsgruppe, wie beispielsweise die Polizei oder die Feuerwehr, sollten bestehen bleiben.
Innenminister Volker Bouffier, in dessen Ressort die Zuständigkeit für das Beamtenrecht liegt, betonte, dass sich die Landesregierung nun eingehend mit den Vorschlägen aus dem Bericht auseinandersetzen werde, um in der Folge einen Gesetzentwurf zu erstellen. „Durch die angestrebte Reform soll der Öffentliche Dienst aber keinesfalls kostspieliger werden, sondern effizienter“, betonte Bouffier. Seiner Einschätzung nach biete der Bericht „intelligente Lösungsansätze, den öffentlichen Dienst weiter zu verbessern, und zwar im Sinne der Bürgerinnen und Bürger wie auch der Beschäftigten“. Allein auf Grund der demographischen Entwicklung stehe man bei der Suche nach gutem Personal auch im Wettbewerb mit anderen Arbeitgebern. Deshalb gelte es, die Landesverwaltung auch künftig konkurrenzfähig zu erhalten. Dazu gehöre auch, den Öffentlichen Dienst in Hessen insbesondere für Berufsanfänger attraktiver zu machen, so Bouffier weiter. Um dies zu erreichen, schlügen die Mediatoren unter anderem vor, Laufbahnen zusammenzufassen. Dieser Vorschlag zum Beispiel erhöhe die Flexibilität für Beamte und räume unnötige bürokratische Hindernisse bei Seite, so Bouffier. Ein modernes Dienstrecht, das den technischen Fortschritt berücksichtige, sei zudem eine unabdingbare Voraussetzung für die Verwaltung, um täglich die Leistung zu erbringen, die die Bürgerinnen und Bürger in Hessen erwarten.
„Es ist ein wichtiges Ziel des Reformprozesses, die Grundpfeiler des Beamtenrechts an die modernen Erfordernisse eines Staats anzupassen“, stellten die Mediatoren übereinstimmend heraus. Sowohl die Gesellschaft als auch die Privatwirtschaft seien auf eine leistungsfähige Verwaltung angewiesen. Diese sei ein wichtiger Standortfaktor im globalen Wettbewerb. Aus Sicht der Mediatoren erscheine zukünftig eine Konzentration des Einsatzes von Beamtinnen und Beamten auf die Kernbereiche hoheitlicher Tätigkeiten, wie beispielsweise den Polizeidienst, sinnvoll. Dies ermögliche eine flexiblere Personalplanung und sichere langfristig finanzielle Handlungsspielräume.
Auch Ministerpräsident Roland Koch bewertete die Vorschläge der Mediatorengruppe als klares Signal, den öffentlichen Dienst attraktiver zu machen. „Angesichts knapper Haushaltmittel können wir keine Geschenke verteilen, aber wir werden die Möglichkeiten nutzen, die sich nach der Föderalismusreform für uns eröffnen.“ Die Bürger hätten einen Anspruch darauf, dass sich der Dienstherr um die Wettbewerbsfähigkeit des öffentlichen Dienstes kümmere, damit dieser seine Aufgaben effizient und qualitätsbewusst wahrnehmen könne, sagte Koch. Er dankte abschließend den vier Mediatoren für ihre Arbeit. „Sie haben parteiübergreifend die Grundideen für eine Reform des Beamtenrechts in Hessen geschaffen.“
Hintergrund:
Die parteiübergreifende Mediatorengruppe zum Thema Dienstrechtsreform war im August 2008 durch Ministerpräsident Roland Koch berufen worden. Sie hatte den Auftrag, der Hessischen Landesregierung und den Fraktionen des Hessischen Landtags Vorschläge zur künftigen Gestaltung des Hessischen Beamten-, Besoldungs- und Versorgungsrechts zu unterbreiten. Gleichzeitig sollten sie dafür Sorge zu tragen, dass die hessische Verwaltung ein eigenständiges, leistungsorientiertes und den Zukunftsaufgaben gerecht werdendes Dienstrecht erhält.
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