Ohne Bildung keine Chance Alltagskompetenzen vermitteln ist oberstes Gebot

(BSOZD.com-NEWS) Bonn. (aid) – Hauptschule ist gleich „Restschule“ mit schlechten Startchancen – Vorurteil oder Realität? Tatsache ist, dass heute die meisten jungen Menschen die Realschule oder das Gymnasium absolvieren. Das war früher anders: Mehr als die Hälfte aller jetzt 70- bis 75-Jährigen hat einen Haupt- bzw. Volksschulabschluss und die Arbeitslosigkeit lag in deren Jugend nur bei etwa einem Prozent. Seit vielen Jahren ist die offizielle Arbeitslosenquote ungleich höher (im Oktober 2008 7,2 Prozent).

Das heißt, obwohl die Schulabgänger im Laufe der Zeit formal immer besser ausgebildet worden sind, müssen sie um weniger Jobs konkurrieren als früher. Das Klima ist härter geworden. Deshalb ist es nicht verwunderlich, dass fast jeder siebte Hauptschulabgänger „armutsgefährdet“ ist, aber nur jeder elfte Abiturient. Von denjenigen, die komplett ohne Schulabschluss dastehen, ist sogar jeder vierte bedroht. „Armutsgefährdet“ ist nach einer Definition der OECD, wer weniger als 60 Prozent des durchschnittlichen Gehalts in seinem Land verdient. Das betrifft in Deutschland 13 Prozent der Bevölkerung, entsprechend 10,7 Millionen Menschen. Darunter sind 1,7 Millionen Kinder und Jugendliche bis 16 Jahre.

Mangelnde Bildung ist ein Armutsrisiko, aber umgekehrt ist es für Kinder aus einkommensschwachen Haushalten oft sehr schwierig, eine gute Bildung zu erlangen. Die betroffenen Familien müssen Geld für Lebensmittel und Wohnraum ausgeben, bevor sie Kurse, Nachhilfe oder Musikunterricht finanzieren können. Dies begünstigt von klein auf eine gewisse Bildungsferne, die von Generation zu Generation weitergegeben wird, auch in Fragen der Haushalts- und Ernährungskompetenz.

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Armut verhindern und überwinden durch nachhaltig mehr Bildung für die sozial schwächeren Bevölkerungsgruppen ist eine wichtige Voraussetzung, um den Teufelskreis zu durchbrechen. Haushaltswissenschaftler Prof. Rainer Hufnagel von der Universität Münster weist zudem auf weitere Einflüsse hin, die es zu beachten und zu diskutieren gilt und ohne die ein Bildungskonzept nicht aufgehen könne. Er kritisiert die knapp kalkulierten pauschalen Hartz IV-Sätze pro Kind, die Extra-Ausgaben so gut wie unmöglich machten. Zudem müsse eine höhere Qualifizierung auch in eine tatsächliche Perspektive münden, das heißt in Jobs und in Einkommen, die oberhalb der Armutsgrenze liegen. Er sieht eine Lösungsmöglichkeit in einer expansiveren Wirtschaftspolitik, die die Binnennachfrage bzw. -konjunktur wieder stärker in den Mittelpunkt stellt. Um nachhaltig lernen zu können, wie man mit Geld wirtschaftet oder sich gut ernährt, fordert Hufnagel die Bildung von Alltagskompetenzen in der Schule, sei es im Bereich Ernährung, Haushaltsführung oder die Förderung des Kindeswohls. Verbraucherbildung als integrativer Bestandteil des Unterrichts kommt schließlich allen zu Gute.
aid, Kirsten Jänisch-Dolle

Weitere Informationen: Einen ausführlichen Artikel von Professor Rainer Hufnagel zum Thema „Armut und Bildung“ finden Sie in der aid-Zeitschrift „Ernährung im Fokus“, Ausgabe 06/08, S. 200-205, zu bestellen über eif@aid.de

Veranstaltungshinweis: Am 25. und 26. November 2008 widmet sich die 30. Jahrestagung der Arbeitsgemeinschaft Ernährungsverhalten e.V. (AGEV) in Kooperation mit dem aid infodienst dem Thema „Abgehängt und allein gelassen? Herausforderung Ernährungsarmut“

Programm und Anmeldung finden Sie unter: www.aid.de
Veranstaltungstermin: 25. und 26. November 2008, 9.00 bis 16.45 Uhr
Veranstaltungsort: Wissenschaftszentrum Bonn, Ahrstr. 45, 53175 Bonn

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