Personalüberleitungstarifverträge: Langfristiges Denken zahlt sich aus

(BSOZD.com-NEWS) Bochum/Essen. (pressrelations) Bei der Privatisierung und Umstrukturierung kommunaler Unternehmen wird von den Beteiligten auf Arbeitgeber- wie auf Arbeitnehmerseite meistens ganz selbstverständlich über einen Personalüberleitungstarifvertrag gesprochen. Die Schwierigkeiten dieser Verträge stecken im Detail. – Anlässlich der Hauptversammlung des deutschen Städtetages – „Städtisches Handeln in Zeiten der Krise“ vom 12. bis 14. Mai 2009 in Bochum – erläutert die Arbeitsrechtlerin Inken Hansen aus der Bochumer Kanzlei Aulinger Rechtsanwälte die wichtigsten Fragestellungen zum Thema.

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1. Personalüberleitungstarifverträge – worum handelt es sich konkret?
Personalüberleitungstarifverträge sind Tarifverträge, die flankierend zu einem Betriebsübergang abgeschlossen werden. Das ist bei einem Wechsel der Mitarbeiter von einem Arbeitgeber (Gemeinde, kommunale Beteiligungsgesellschaft) zu einem anderen Unternehmen (kommunale Beteiligungsgesellschaft, privatwirtschaftliches Unternehmen) der Fall. Diese Verträge sollen zum einen die Rahmenbedingungen dieses Arbeitgeberwechsels festhalten und den Arbeitnehmern einen Überblick über seine Auswirkungen verschaffen. Zum anderen sollen sie sie vor Nachteilen absichern, die im Zusammenhang mit dem Wechsel zu einem privaten Arbeitgeber entstehen könnten. Gerade diese Funktion wirkt der Sorge entgegen, dass Privatunternehmen ihr Handeln allein an ihrem wirtschaftlichen Interesse ausrichten und sich ihr „Profitstreben“ zuungunsten der übernommenen Arbeitnehmer auswirken könnte.

2. Wer schließt den Vertrag ab und für wen hat er Geltung?
Der Tarifvertrag wird auf Arbeitgeberseite entweder vom Arbeitgeber selbst oder von dem ihn vertretenden Verband abgeschlossen. Er gilt unmittelbar nur für die Tarifvertragsparteien, das heißt nur für gewerkschaftsangehörige Arbeitnehmer. Häufig enthalten die Arbeitsverträge jedoch umfassende Verweisungsklauseln auf sämtliche beim Arbeitgeber geltenden Tarifverträge. Dann findet auch der Personalüberleitungstarifvertrag auf dieses Arbeitsverhältnis Anwendung. Zur Absicherung jener Mitarbeiter, für die keine derartigen „Jeweiligkeitsklauseln“ gelten, wird in der Regel im Tarifvertrag vereinbart, dass er sämtlichen vom Betriebsübergang betroffenen Arbeitnehmern noch einmal individualvertraglich zugesagt wird. Dieser Zusage stimmen Arbeitgeber meist zu, weil sie zu Gleichbehandlung führt – und auch den massenhaften Eintritt in die Gewerkschaft verhindert. Insofern unterscheidet sich der Tarifvertrag also von einer Betriebs- beziehungsweise Dienstvereinbarung, die ohne weitere Regelung für sämtliche Betriebsangehörigen gilt und deshalb für Arbeitnehmer durchaus von Vorteil sein kann.

3. Ist der Vertrag immer notwendig?
Schlägt der Arbeitnehmervertreter dem kommunalen Arbeitgeber etwa einen Personalüberleitungstarifvertrag vor, so ist eines zu beachten: Der Abschluss einer Betriebs- oder Dienstvereinbarung kann rechtlich erforderlich sein, der Abschluss eines Tarifvertrages ist dies auf keinen Fall. Wenn bei der Übertragung von Aufgaben auf einen Dritten der bisherige Betrieb gespalten beziehungsweise eine bestehende Dienststelle geteilt wird, kann der zuständige Betriebs- oder Personalrat seine Mitbestimmungsrechte auch gegen den Willen des Arbeitgebers gerichtlich erzwingen. Die Gewerkschaft hat eine solche Möglichkeit nicht. Ein Tarifvertrag ist ausschließlich durch Verhandlungen zu erreichen und nur durch Streik – oder durch politischen Druck – erzwingbar. Sich dessen stets bewusst zu sein ist vor allem bei schwierigen Tarifverhandlungen wichtig: Im Notfall lässt sich die Maßnahme auch ohne Beteiligungen der Gewerkschaft realisieren.

Unbestreitbar hat der Personalüberleitungstarifvertrag jedoch den Vorteil, dass er den Mitarbeitern ein starkes Gefühl von Sicherheit vermittelt. Da er schon traditionell bei Privatisierungsvorhaben verhandelt wird, würde das Ablehnen einer solchen Tarifverhandlung die Arbeitnehmerseite verunsichern.

4. Was ist idealerweise Inhalt des Vertrages?
Die inhaltliche Ausgestaltung hängt insbesondere davon ab, was Ziel der Umstrukturierungsmaßnahme ist. Ein Kernpunkt ist die Gestaltung der Arbeitsbedingungen nach dem Übergang, beispielsweise die Frage von künftiger Tarifbindung, Übergangsregelungen und Besitzstandswahrung. Wichtig aus Arbeitnehmersicht ist die tarifliche Garantie der betrieblichen Altersversorgung. Sinnvoll können des Weiteren Regelungen zur künftigen betrieblichen Struktur und zur Vertretung der Arbeitnehmer im neuen Unternehmen sein. Da es ein gesetzliches Übergangsmandant des Personalrates im Falle von Privatisierungen nicht gibt, ist eine interessengerechte Lösung für die Zeit bis zur Wahl eines Betriebsrates zu finden. Ähnliches gilt für die Übergangszeit bei Zusammenschlüssen von kommunalen Unternehmen. In beiden Fällen können Tarifverträge diesen Weg ebnen. Im Kern der Verhandlungen stehen jedoch meist Regelungen zur Beschäftigungssicherung, insbesondere Kündigungsverbote nicht nur im sachlichen Zusammenhang mit dem Betriebsübergang, sondern häufig weit darüber hinaus. Auch die künftige Anwendung von Rationalisierungstarifverträgen des öffentlichen Dienstes oder das Recht auf die Rückkehr zum kommunalen Arbeitgeber sind ein probates Mittel der Beschäftigungssicherung.

5. Was sind die Folgen des Vertrags?
Bei all diesen Regelungen darf allerdings die Zukunft nicht aus dem Blick geraten. Eine Änderung von Tarifverträgen vor Ablauf ihrer Laufzeit ist in der Regel nur durch Neuverhandlungen und Abschluss eines Änderungstarifvertrages möglich. Und selbst dafür gibt es Grenzen: In bereits erworbene Rechte, wie den Ausschluss ordentlicher Kündigungen, kann beispielsweise nur aus wichtigem Grund eingegriffen werden. Durch Betriebsvereinbarungen können Bestimmungen des Personalüberleitungstarifvertrages nur dann geändert werden, wenn der Tarifvertrag selbst betriebsvereinbarungsoffen gestaltet ist, also solche Änderungen ausdrücklich zulässt. Sogar Vereinbarungen mit Arbeitnehmern, die einer Gewerkschaft angehören, sind unwirksam, sofern sie ungünstigere Bedingungen vorsehen. Die Planung der wirtschaftlichen Zukunft des Unternehmens ist daher im Auge zu behalten, bevor es in seiner Handlungsfähigkeit durch zu weit gehende Zusagen in Personalüberleitungstarifverträgen eingeschränkt wird.

INFO:
AULINGER Rechtsanwälte ist offizieller Sponsor und Aussteller der 35. Hauptversammlung des Deutschen Städtetags 2009 in Bochum vom 12. bis 14. Mai 2009. Für den fachlichen Dialog stehen die Rechtsanwälte allen Teilnehmerinnen und Teilnehmern der Veranstaltung am Stand Nr. 2. im Foyer // im Eingangsbereich des RuhrCongress – schräg gegenüber dem Stand der Stadt Bochum – gerne zur Verfügung.

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Informationen im Internet: www.aulinger.eu

Über AULINGER Rechtsanwälte:
AULINGER Rechtsanwälte ist eine mittelständische Anwaltskanzlei mit 27 Anwälten, davon 8 Notaren, an den Standorten Bochum und Essen. Zu den Mandanten zählen Unternehmer und Unternehmen aller Größen, vom Freiberufler über den Mittelstand bis zu internationalen Konzernen. Auch die öffentliche Hand und kommunale Unternehmen werden laufend vertreten.
AULINGER Rechtsanwälte betreuen ihre Mandanten umfassend auf allen Gebieten des Unternehmensrechts, so im Gesellschafts- und Steuerrecht, im Arbeits- und Immobilienrecht, bei Nachfolgeplanung und beim Unternehmenskauf. Daneben verfügt die Kanzlei über besondere Expertise auch in Spezialbereichen, etwa im Kartell- und Vergaberecht, im Infrastrukturrecht, dem Energiewirtschaftsrecht und dem Recht der Telekommunikation. Mit dieser Kombination klassischer Beratungsfelder und aktuellem Expertenwissen genießt die Partnerschaft, die 2008 ihr 60-jähriges Bestehen feiern konnte, einen exzellenten Ruf weit über das Ruhrgebiet hinaus.

Pressekontakt:
AULINGER Rechtsanwälte,
Presse- und Öffentlichkeitsarbeit: Jeannette Peters, M.A.
ABC-Straße 5, 44787 Bochum, Tel.: 0234-68779-75, Fax: 0234-680642
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