BSOZD.com-News Berlin. (pressrelations) –PINKWART-Interview für den „Deutschlandfunk“
Düsseldorf. Der stellvertretende FDP-Bundesvorsitzende und Landesvorsitzende der FDP-NRW, PROF. ANDREAS PINKWART, gab in der heutigen Deutschlandfunk-Sendung „Informationen am Morgen“ das folgende Interview. Die Fragen stellte JASPER BARENBERG:
Frage: Herr Pinkwart, ich will mal versuchen, Trittin noch einmal zu übersetzen: Besserstellung der Besserverdienenden zu Lasten der Allgemeinheit und die vage Hoffnung auf ein kräftiges Wirtschaftswachstum. Ist das der Königsweg für die nächsten Jahre auch der FDP aus der Krise?
PINKWART: Herr Trittin hat immer noch die Stereotypen von vor der Wahl parat, wo man einen Wahlkampf versucht hat, gegen Schwarz-Gelb zu führen und Ängste zu schüren. Die Wähler haben sich dadurch nicht beeindrucken lassen, zurecht nicht, denn diese neue Koalition von FDP und Union, sie stellt die soziale Gerechtigkeit wieder her in diesem Land, die nämlich wesentlich auch bedeutet, dass wir wieder Leistungsgerechtigkeit haben insbesondere für die kleinen und mittleren Einkommensbezieher, für die Familien mit Kindern, und dass wir damit auch sofort Ernst machen, zeigt ja dieses Wachstumspaket, was wir jetzt beschlossen haben, was schon ab Januar nächsten Jahres insbesondere die Familien mit Kindern entlastet. Ich denke, das ist ein ganz starkes Signal auch der Anerkennung für Leistung, Anerkennung für die Familien. Ich denke, das ist zentral, wenn wir mit Mut und Zuversicht in die Zukunft starten wollen.
Frage: Herr Pinkwart, Sie sprechen von sozialer Gerechtigkeit. Nun ist es ja aber so, dass in dem geplanten Gesetz beispielsweise was die Familienförderung angeht eine Verkäuferin ungefähr halb so viel profitiert von der Erhöhung des Kindergeldes als Besserverdienende. Ist das Ihre Vorstellung von sozialer Gerechtigkeit?
PINKWART: Sie müssen sehen, dass wir hier überhaupt eine Entlastung schaffen für Familien mit Kindern, die keine Steuern zahlen. Die Große Koalition hat ja auch eine steuerliche Entlastung beschlossen, die ab Januar in Kraft gesetzt wird. Von dieser steuerlichen Entlastung, die von der Großen Koalition noch beschlossen worden ist, hätten Familien mit geringen Einkommen überhaupt nicht profitiert. Wir schaffen jetzt durch die Erhöhung des Kindergeldes die Voraussetzung dafür, dass auch Familien, die gar keine und nur ganz wenig Steuern zahlen, eine deutliche Erhöhung ihres Nettoeinkommens haben und ihr Nettoeinkommen erhöht sich um einen viel höheren Prozentsatz als das Nettoeinkommen anderer Familien. Das zeigt, dass wir gerade dort stärker unterstützen wollen, wo auch die Notwendigkeit am meisten besteht.
Frage: Ein anderes Beispiel: die Koalition hat vor, den Anteil der Arbeitgeber, den Beitrag an die Krankenkassen einzufrieren. Auch da die Frage: Ist das Ihre Vorstellung von Solidarität?
PINKWART: Auch da muss man wieder auch der gesetzten Opposition doch zu bedenken geben, dass das ebenfalls bereits von Vorgängerregierungen auf den Weg gebracht worden ist. Es wird ja gesagt, jetzt sei erstmalig seit der Bismarckschen Einführung der Krankenversicherung eine Aufkündigung der Solidarität angezeigt. Das ist überhaupt nicht der Fall, sondern die Große Koalition hat auch den Arbeitgeberbeitrag gedeckelt, eingefroren, weil folgende Situation doch gegeben ist und damit müssen wir uns auseinandersetzen. Zum einen steigen die Gesundheitsaufwendungen in einem Land, das auch älter wird, das auch gesund älter werden möchte, womit wir auf der anderen Seite auch neue Arbeitsplätze schaffen, womit wir auch neue Wertschöpfung ermöglichen in der Gesundheitswirtschaft, die immer wichtiger auch für uns als Wohlstandsland wird. Wenn wir aber weiterhin die Gesundheitskosten ausschließlich am Faktor Arbeit anbinden, dann passiert uns folgendes, dass dann, wenn wir mehr für Gesundheit aufwenden wollen, wenn wir dort Arbeitsplätze schaffen wollen, auf der anderen Seite in anderen Branchen Arbeitsplätze verloren gehen. Das heißt, wir nehmen uns selbst die Möglichkeiten, im Gesundheitsbereich das zu tun, was die Menschen auch an Versorgung tatsächlich wollen, weil es uns an der notwendigen Wertschöpfung dann an anderer Stelle fehlt. Deswegen ist ein Stück Entkoppelung schon von der Großen Koalition völlig zurecht eingeleitet worden.
Frage: Herr Pinkwart, die FDP ist die Partei, die sich ein einfaches Steuersystem auf die Fahnen geschrieben hat. Jetzt ist allerdings angekündigt, den Mehrwertsteuerbetrag für das Hotel- und Gaststättengewerbe zu senken, also eine weitere Subvention einzuführen und genau das Gegenteil von einer Vereinfachung zu tun. Wie lösen Sie diesen Widerspruch auf?
PINKWART: Das ist keine Subvention, sondern das ist die Beseitigung einer Wettbewerbsverzerrung. Es war ja Finanzminister Steinbrück, der auf der Ebene der EU den Weg dafür frei gemacht hatte, dass die europäischen Länder für das Hotel- und Gaststättengewerbe einen niedrigeren Mehrwertsteuersatz einführen konnten. Das war ein großer Wunsch vieler europäischer Länder, etwa Frankreichs, und die anderen Länder haben, nachdem Deutschland dem zugestimmt hat, dass der Mehrwertsteuersatz abgesenkt werden konnte, dieses auch umgehend eingeführt: in Frankreich, in den Niederlanden, in anderen europäischen Nachbarländern. Dadurch ist dem hiesigen Hotel- und Gaststättengewerbe natürlich ein Wettbewerbsnachteil entstanden, wenn Deutschland weiter diesen hohen Mehrwertsteuersatz hätte aufrecht erhalten wollen. Wir haben also im Prinzip das angepasst, was auf europäischer Ebene mit Zustimmung von Herrn Steinbrück seinerzeit beschlossen worden ist.
Frage: Nun ist es ja so, Herr Pinkwart, dass es für alle Subventionen dieser Art, für alle Wettbewerbshilfen gute Begründungen gibt, wie Sie diese genannt haben. Wie soll man denn wegkommen von dieser großen Zahl an Subventionen und Hilfen?
PINKWART: Das ist aus meinem Blickwinkel heraus dann, wenn es in Europa so geregelt ist, keine Subvention, sondern es ist eine Gleichbehandlung in dieser steuerlichen Frage und es ist eine Gleichbehandlung in einem wichtigen Dienstleistungsbereich. Wir müssen uns ja auch mal fragen, wo sollen denn Arbeitsplätze in Zukunft zusätzlich entstehen, wenn wir wollen, dass wir die Arbeitslosigkeit auch wirklich nachhaltig zurückführen können. Dann müssen wir auch gerade in diesen Dienstleistungsbereichen attraktive Arbeitsplätze schaffen können. Da ist es doch wichtig, dass wir auch durch Wettbewerbsgleichheit sicherstellen, dass bei uns auch solche Dienstleistungsarbeitsplätze entstehen und nicht durch Export dann in den Nachbarländern.
Frage: Herr Pinkwart, die Kanzlerin will erreichen, dass die Steuereinnahmen wieder fließen, und zwar will sie das erreichen, indem sie das Wachstum ankurbelt. Was, wenn diese gigantische Wette auf die Zukunft nicht aufgeht?
PINKWART: Das ist keine gigantische Wette, sondern das ist eine Frage der Fairness den Leistungsträgern in unserem Land gegenüber, vor allen Dingen bei den kleinen und mittleren Einkommensbeziehern, und gerade für jene wollen wir eine Tarifabsenkung erreichen. Man muss sich doch eines mal vor Augen führen, was in dieser ganzen Debatte aus meiner Sicht völlig aus dem Blick zu geraten droht. Wir werden nach der aktuellen Steuerschätzung trotz der Krise im Jahr 2013, also noch in dieser Legislaturperiode, gegenüber 2005, dem Jahr der letzten Steuerreform, im Gesamtstaat jährlich mehr Steuereinnahmen von 124 Milliarden Euro pro Jahr haben. Und wenn wir jetzt sagen, FDP und Union, dass wir davon mit Jahreswirkung in dieser Periode eine Absenkung um 24 Milliarden Euro vornehmen wollen, dann hat der Gesamtstaat immer noch 100 Milliarden Euro mehr pro Jahr, als es im Jahr 2005 der Fall war. Das heißt, der Staat hat nicht zu wenig Geld, sondern er muss sich in den nächsten Jahren darauf konzentrieren, das Geld im Interesse der Bürger auch wirksam einzusetzen.
Frage: Und Sie sagen im Ernst, dass der gigantische Schuldenberg dadurch abzutragen sein wird?
PINKWART: Wir werden das, was an Neuverschuldung von der Großen Koalition geplant worden ist – das sind ja alles Zahlen der Großen Koalition; das sind ja nicht die Zahlen der neuen Koalition, sondern die Zahlen der Großen Koalition -, nur in den nächsten Jahren verringern können, wenn es uns gelingt, zweierlei zu tun: zum einen durch wirksame Wachstumsimpulse zu einer schnelleren Belebung unserer Wirtschaft und zu einer nachhaltigen Belebung unserer Wirtschaft zu kommen, damit wir nicht eine so hohe Arbeitslosigkeit bekommen, wie sie von der Großen Koalition noch eingeplant werden musste. Und dann werden wir eine nachhaltige Entlastung haben. Das geht nur über Wachstum, das geht nur über Beschäftigung. Das zweite wird sein, dass man sich im öffentlichen Haushalt auf einzelne Punkte wird konzentrieren müssen, was wir gesagt haben: der Bereich Bildung, Bildung und noch mal Bildung. Darauf wollen wir uns konzentrieren. Alle anderen Bereiche müssen kürzer treten. Das war das Versäumnis der Großen Koalition, denn dort ist in guten Jahren in allen Bereichen mehr gemacht worden, mit der Gießkanne durchs Land gegangen worden, und das hat auch dazu geführt, dass man in guten Jahren nicht die Konsolidierung erreicht hat, die notwendig gewesen wäre, um jetzt in Krisenzeiten dann auch eine höhere Neuverschuldung tragen zu können.
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