Pkw-Maut: Einige Fakten zu populären Thesen

München (pressrelations) –

Pkw-Maut: Einige Fakten zu populären Thesen

Immer wieder erregt das emotionale Thema „Autobahngebühr für Pkw“ die Gemüter. Der ADAC hat sich deshalb auf Basis von Fakten und Sachargumenten detailliert mit dieser Thematik auseinandergesetzt. Eine Übersicht von Argumenten und Gegenargumenten, die in der privaten wie auch öffentlichen Diskussion häufig verwendet werden, findet sich hier:

„Eine Autobahngebühr in Deutschland ist gerecht, weil so auch die ausländischen Fahrzeuge an den Infrastrukturkosten beteiligt werden“
Dieses Argument gilt ausschließlich für ausländische Lkw, die aufgrund ihrer großen Kraftstofftanks und entsprechender Reichweiten problemlos durch Deutschland fahren können, ohne beim Tanken Mineralölsteuer zu bezahlen, gleichzeitig aber durch ihr hohes Gewicht unsere Straßen sehr belasten und erhebliche Kosten verursachen. Deshalb gab es in Deutschland auch bereits seit dem Jahr 1995 eine Autobahngebühr für schwere Lkw ab zwölf Tonnen zulässiges Gesamtgewicht, die so genannte. „Eurovignette“. Als Ersatz für diese zeitabhängige Gebühr gilt seit Anfang 2005 eine streckenabhängige Autobahnmaut. Sie belastet schwere Lkw deutlich stärker als die frühere Gebühr und trägt deshalb auch zu der politisch angestrebten gerechteren Beteiligung der ausländischen Lkw an den in von ihnen in Deutschland verursachten Infrastrukturkosten bei.
Völlig anders ist die Situation jedoch bei den Pkw. Hier zahlen nicht nur die deutschen, sondern auch die ausländischen Fahrzeuge durch ihre Mineralölsteuerzahlungen nach wissenschaftlichen Berechnungen des DIW weit mehr an den deutschen Fiskus als sie an Infrastrukturkosten verursachen. Bekanntlich liegt inzwischen der Steueranteil je in Deutschland getanktem Liter Benzin bei über 85 Cent. Ausländische Pkw-Fahrer erbringen 193 Prozent, also fast das Doppelte, der auf sie entfallenden Kosten. Somit gehört auch diese Nutzergruppe zu den Nettozahlern in den deutschen Bundeshaushalt. Einen zusätzlichen finanziellen Anlastungsbedarf über neue Gebühren für Pkw gibt es daher aus Sicht der Wegekostengerechtigkeit auf keinen Fall.
Ohnehin wird der Anteil ausländischer Pkw an der gesamten Pkw-Fahrleistung auf deutschen Autobahnen häufig überschätzt: In der Realität liegt er ? über alle Jahreszeiten und Strecken gerechnet ? lediglich bei fünf Prozent. Demgegenüber beträgt der ausländische Anteil am Verkehr schwerer Lkw auf deutschen Autobahnen mindestens 25 Prozent.

„Eine Pkw-Autobahngebühr kann eingeführt werden, ohne die deutschen Autofahrer zusätzlich finanziell zu belasten“
Die immer wieder verbreitete These, eine Gebühr für Pkw könne aufkommensneutral eingeführt werden, weil parallel andere Autofahrersteuern gesenkt oder gar abgeschafft würden, gehört nach allen Erfahrungen der Vergangenheit ganz eindeutig ins Reich der politischen Illusion. Hierzu mangelt es nicht nur bei den verantwortlichen Politikern am notwendigen Willen zur Begrenzung der finanziellen Last der Autofahrer, sondern es sind auch die Erhebungskosten einer Gebühr zusätzlich zu berücksichtigen, die sowohl bei einer streckenabhängigen Maut als auch bei einer zeitabhängigen Vignette anfallen. Die Mineralölsteuer ist einer Nutzungsgebühr unter dem Gesichtspunkt der Erhebungseffizienz klar überlegen.
Es ist völlig unbestreitbar, dass die Verwaltungs- und Erhebungskosten jeder Form der Gebührenbewirtschaftung wesentlich mehr als fünf Prozent der erzielbaren Einnahmen betragen. Bei der Lkw-Maut liegen die Kosten sogar deutlich über 20 Prozent der Einnahmen. Somit würden mögliche Mautzahlungen ausländischer Pkw nicht einmal ausreichen, die Systemkosten zu decken. Folglich müssten dann ? da der ausländische Anteil am Pkw-Verkehr auf deutschen Autobahnen nur bei fünf Prozent liegt ? die gesamten Nettoeinnahmen aus einer Autobahngebühr für Pkw allein von den deutschen Autofahrern aufgebracht werden. Genau dies ist aufgrund deren bereits heute sehr hoher finanziellen Belastung nicht zu rechtfertigen. Eine Gebühr ausschließlich für ausländische Fahrzeuge verstößt gegen geltendes EU-Recht und wäre daher ohnehin unzulässig.

„Wir brauchen eine Autobahngebühr für Pkw, da sonst nicht genug Mittel für notwendigen Straßenbau zur Verfügung stehen“
Jahr für Jahr bezahlen die Straßenbenutzer in Deutschland auch ohne Pkw-Autobahngebühr insgesamt ein Mehrfaches an spezifischen Abgaben wie Mineralölsteuer, Kfz-Steuer, anteilige Mehrwertsteuer auf die Mineralölsteuer und Lkw-Autobahngebühr an den deutschen Fiskus als dieser auf allen föderalen Ebenen für Bau und Unterhalt der Straßen aufwendet. Den hieraus resultierenden Gesamteinnahmen von jährlich rund 51 Mrd. Euro stehen lediglich rund 17 Mrd. Euro pro Jahr gegenüber, die Bund, Länder und Gemeinden zusammen für das Straßennetz ausgeben. Das bedeutet, dass zwei Drittel der Steuerzahlungen der Autofahrer für straßenverkehrsfremde Zwecke ausgegeben werden.
Es fehlt also im Grundsatz nicht an Geld für zusätzliche Straßenbaumaßnahmen, sondern insbesondere am politischen Willen, die vorhandenen Mittel entsprechend zu verwenden. Vielmehr stellt der Straßenverkehr für den Staat eine sprudelnde Nettoeinnahmequelle dar, der er sich regelmäßig zur Finanzierung anderer Aufgaben bedient. Der Wegekostendeckungsgrad inländischer Pkw auf Autobahnen hat in Deutschland den Wert von 415 Prozent erreicht. Konkret wird also jeder Euro an von dieser Nutzergruppe verursachten Infrastrukturkosten durch Steuerzahlungen von 4,15 Euro beglichen.
Folglich sind keine neuen Autofahrerabgaben notwendig, um zusätzliche Investitionen in die Verkehrsinfrastruktur finanzieren zu können. In der Vergangenheit standen der ständig steigenden fiskalischen Belastung der Autofahrer keine entsprechenden Zuwächse bei den Ausgaben für die Straßeninfrastruktur gegenüber. Auch die beträchtlichen zusätzlichen Einnahmen aus der Umstellung der Lkw-Autobahngebühr von der Vignette auf die Streckenmaut führten trotz gegenteiliger Zusagen der Politik nicht zu einer adäquaten Erhöhung der Straßenbaumittel. Insofern wäre es illusorisch zu glauben, eine Pkw-Maut führe zu mehr Straßenbauinvestitionen.

„Im Urlaub muss ich Autobahngebühren bezahlen, während die Ausländer in Deutschland umsonst fahren“
Die Verärgerung vieler Autofahrer über die in verschiedenen Staaten zu entrichtenden Straßenbenutzungsgebühren kann sicherlich jeder gut verstehen, der mit dem Auto in den Urlaub fährt. Tatsache ist allerdings, dass heute die Mehrheit der EU-Länder keine Autobahngebühren für Pkw erhebt. Zu berücksichtigen ist in diesem Zusammenhang auch die von Land zu Land völlig unterschiedliche Historie der Straßenbaufinanzierung. So wurde und wird in manchen Ländern der Bau neuer Strecken grundsätzlich über Gebühren der in- und ausländischen Benutzer finanziert. Dabei sind die Rahmenbedingungen hinsichtlich des Verkehrsanteils und der Wegekostendeckung ausländischer Fahrzeuge häufig (z. B. Österreich) nicht mit denen in Deutschland vergleichbar.
In Deutschland stellen die Autobahnen einen integralen Bestandteil eines gewachsenen Gesamt-Straßennetzes dar, der nicht durch Maßnahmen der Gebührenbewirtschaftung künstlich vom Restnetz separiert werden darf. Zu berücksichtigen ist dabei auch die Tatsache, dass die vorhandenen Autobahnen in Deutschland bereits in vollem Umfang durch die in- und ausländischen Benutzer bezahlt worden sind. Auch unter diesem Aspekt ist die Einführung von Pkw-Gebühren für das bestehende Netz in Deutschland nicht zu rechtfertigen.
Noch ein weiterer Effekt ist zu bedenken: Im Falle einer flächendeckenden Etablierung von Autobahnbenutzungsgebühren für Pkw in Deutschland wäre sicherlich damit zu rechnen, dass weitere Länder diesem Schritt folgen und ebenfalls eine Gebührenpflicht für ihr eigenes Netz mit entsprechenden zusätzlichen finanziellen Belastungen für die deutschen Urlauber installieren würden.

„Eine Autobahngebühr für Pkw schadet der Verkehrssicherheit nicht“
Ohne Zweifel kann die Einführung einer Maut für Pkw keine Verkehrsprobleme lösen. Vielmehr drohen sogar unter verschiedenen Aspekten erhebliche negative Auswirkungen. Denn gerade im Bereich des privaten, d. h. aus privaten Geldbeuteln bezahlten Pkw-Verkehrs, der sich vom gewerblichen Lkw-Verkehr fundamental unterscheidet, wäre eine teilweise Verlagerung von Verkehrsmengen weg von den Autobahnen und hin zu nachgeordneten Straßen wie Bundes- und Landesstraßen die unausweichliche Folge einer Pkw-Gebühr.
Auf diesen Straßen sind allerdings die Unfallrisiken und die Belastung von Anwohnern ungleich größer als auf unseren Autobahnen, die nicht nur national gesehen, sondern auch im internationalen Vergleich einen ausgesprochen hohen Sicherheitsstandard aufweisen. Bei einer ? keineswegs utopischen ? Verlagerung von 20 Prozent des Pkw-Verkehrs von den Autobahnen zu den nachgeordneten Straßen wäre rein rechnerisch pro Jahr mit rund 350 zusätzlichen Verkehrstoten sowie rund 13 000 zusätzlichen Verletzten zu rechnen.

Rückfragen:
Maximilian Maurer
089/7676-2632