Qualitätsmanagement in der Serienproduktion
- Ausgefeilte Messtechnik verhindert Rückrufaktionen
- Schraubvorgänge in der Montage überwachen und Fehler rechtzeitig erkennen
Rückrufaktionen fürchtet jede Branche. Besonders im Fokus der Öffentlichkeit stehen Produktmängel bei Kraftfahrzeugen. Eine Rückrufpflicht besteht, wenn von einem Mangel eine plötzliche, unvorhersehbare, unabwendbare und unmittelbare ernste Gefahr ausgeht. Stellt sich bei einem bestimmten Fahrzeugtyp eine Gefährdung heraus, leistet das Kraftfahrtbundesamt den Automobilherstellern Unterstützung: Es leitet die relevanten Fahrzeughalter-Daten weiter, damit die Betroffenen direkt angeschrieben werden können. Darüber hinaus führt das Kraftfahrtbundesamt auch offiziell Buch über eingeleitete Rückrufe. Der Jahresbericht 2008 dokumentiert 148 Fälle, ungefähr 726 000 Fahrzeuge wurden zur Mängelbeseitigung in die Werkstatt beordert.
Dabei registrierte die Marktüberwachung möglicherweise eine Trendwende. Wurden im Jahr 2008 148 Rückrufaktionen gezählt, waren es im Jahr 2007 noch 157 Rückrufe und im vorausgegangenen Jahr 2006 sogar noch 167. Wahrscheinlich greifen hier die allgemeinen Anstrengungen, in der Fertigung sicherheitsrelevanter Bauteile die Prozesssicherheit immer weiter zu erhöhen. Nicht nur die Automobilhersteller sind davon betroffen, sondern auch die weit verzweigte Zulieferindustrie. Wegen der vom Gesetzgeber festgeschriebenen Produkthaftung des Herstellers genießt Qualitätsmanagement in der automatisierten Massenfertigung zunehmend auch in anderen Branchen höchste Priorität.
Besonders anspruchsvoll in der Montage sind Schraubvorgänge. Sie zu überwachen und zu dokumentieren ist die Aufgabe der Messtechnik in Automationsprozessen. Ziel ist, fehlerhafte Verschraubungen zu verhindern oder noch während der Produktion zu erkennen und als „nicht in Ordnung“ auszusortieren. In der Sparte Schraubtechnik hat sich die bayerische DEPRAG SCHULZ GMBH u. CO. mit hochwertigen Elektroschraubern und Druckluftschraubern für Handarbeitsplätze und zum Einbau in Industrieanlagen einen Namen gemacht. Ausgestattet mit einem akkreditierten DKD-Kalibrierlaboratorium verfügt das Unternehmen, das in über 50 Ländern weltweit rund 600 Mitarbeiter zählt, über ein hohes Know-how im Bereich der dazu gehörigen Messtechnik.
Schraubvorgänge unterliegen physikalischen Gesetzen, die sich die Messtechnik zu Nutze macht. Ziel der Verschraubungsaufgabe ist ja entweder das Aufbringen einer definierten Haltekraft (Vorspannkraft) oder das Ausführen bestimmter Justage- oder Demontagebewegungen. Bei Justageaufgaben ist die beschreibende Prozessgröße entweder ein Längenmaß (Ein- und Ausschraubtiefe) oder ein Winkelmaß (Anzahl der Umdrehungen). Diese Größen lassen sich direkt mit NC-Messsystemen oder indirekt über den Zeitfaktor messen.
In den meisten Fällen werden Verschraubungen zum Aufbringen definierter Vorspannkräfte angewendet. Die Haltekraft ist so zu wählen, dass einerseits bei jeder möglichen Betriebskraft die vorgesehene Funktion der Schraubverbindung bestehen bleibt (siehe Diagramm 1), andererseits ihre zulässige Belastung nicht überschritten wird. Problematisch sind dabei häufig unbekannte Setzerscheinungen der Verbindungen und montagebedingte Schwankungen der erreichten Vorspannkraft.
Das Drehmoment gilt als die bestimmende Prozessgröße in der Verschraubung. Denn die wirklich erzielte Vorspannkraft lässt sich in der Serienverschraubung faktisch nicht ermitteln. Daher muss zur Steuerung des Montageprozesses auf indirekte Messgrößen ausgewichen werden. In der Regel ist dies das Anzugsmoment der Verschraubung: ein Wert, der sich nach den Formeln der VDI-Richtlinie 2230 aus der benötigten Vorspannkraft errechnen und als Maß für die Verschraubung nutzen lässt.
Messen heißt vergleichen ? ein Messgerät vergleicht etwas Unbekanntes mit etwas Bekanntem. Soll also das Drehmoment gemessen werden, wird es mit dem „Nationale Normal“ der Physikalisch-Technischen-Bundesanstalt Braunschweig verglichen – dem obersten nationalen Vergleichswert. Eine zentrale Forderung der Qualitätssicherung ist die Rückführbarkeit der verwendeten Messsysteme auf die „Nationale Normale“. Diese Rückführbarkeit ist gegeben, wenn ein Messmittel oder eine Messeinrichtung mit einer Referenz kalibriert wurde, deren Kalibrierung wiederum in einer ununterbrochenen Kette bis hin zum „Nationale Normal“ nachgewiesen werden kann. Seit 1977 besteht der Deutsche Kalibrierdienst DKD. Dadurch kann sich die Braunschweiger Behörde auf High Level Kalibrierungen beschränken, die DKD-Laboratorien übernehmen die Kalibrierungen für die Industrie.
Die DEPRAG SCHULZ GMBH u. CO. verfügt seit 2008 über ein akkreditiertes DKD Prüflaboratorium. Ein weiterer Beweis, der die langjährige Kompetenz des Unternehmens im Bereich Drehmomentmessung unterstreicht. Darüber hinaus fertigt der Spezialist für Schraubwerkzeuge und Automation selbst eine breite Palette von Messplattformen, Messschlüsseln, Vorsatzaufnehmern und Messgeräten zur Erfassung des Drehmoments. Zum Angebot gehört auch die Ausstattung eines Messlabors: vom Arbeitstisch angefangen bis hin zum präzisen Messsystem. Im zeitgemäßen Qualitätsmanagement ist die Überprüfung und Kalibrierung der hochwertigen technischen Anlagen mit geeigneter Messtechnik eine Voraussetzung für die Zertifizierung.
Messmittel
Die Wahl des richtigen Messmittels richtet sich ganz nach der individuellen Anwendung.
Beispiel 1:
Ein Werker verschraubt mit dem DEPRAG Druckluftschrauber MICROMAT® oder MINIMAT® immer denselben Schraubentyp. Durch das Abschalten des Schraubers bei Erreichen des eingestellten Abschaltdrehmoments besteht die Kontrolle, dass die Verschraubung ordnungsgemäß ausgeführt wurde. In bestimmten Zyklen werden die Schrauber mit Drehmoment-Aufnehmern überprüft und bei Abweichungen neu justiert. Für diese Prüfung eignen sich DEPRAG Messplattformen, die für den stationären Einsatz in einem Messlabor oder auch auf einem mobilen Messwagen bestimmt sind. Mit der hochwertig plangeschliffenen Unterseite auf einer Tischplatte befestigt, liefern die Messplattformen genaueste Werte und werden dabei nicht von Querkräften oder Durchbiegung beeinflusst.
Beispiel 2:
In einer automatisierten Montage soll der routinemäßige Check der Einbauschrauber erfolgen. DEPRAG Messschlüssel in gerader oder Winkelbauform erlauben im mobilen Einsatz auf einem Messwagen die Drehmomenterfassung von Einbauschraubern ohne Ausbau aus der Automationsanlage. Auch das Nachmessen bereits montierter Verbindungen durch Nachziehen oder Lösen ist durch diesen Messschlüssel möglich.
Beispiel 3:
DEPRAG Vorsatzaufnehmer messen das Drehmoment direkt am Bauteil und übermitteln die relevanten Drehmomentwerte zum geprüften Schraubfall an eine übergeordnete Maschinensteuerung oder an ein „Data Collection Device“, einer sogen. Datensammelstelle. Der Schraubprozess wird so überwacht, was besonders bei sicherheitsrelevanten Bauteilen von Bedeutung ist. In Verbindung mit ausgefeilter DEPRAG Messelektronik genügen Drehmomenterfassung und Schraubfallanalyse höchsten Prozessanforderungen und sind Bestandteil optimaler Qualitätssicherung.
Beispiel 4:
Eine In-Prozess Messung könnte jedoch auch durch die Verwendung eines DEPRAG Druckluft Messschraubers MICROMAT®/MINIMAT® C, eines elektronisch gesteuerten Schraubers mit Steuerung über Stromaufnahme MICROMAT®/MINIMAT® EC oder eines elektronisch gesteuerten Schraubers mit Steuerung über Sensorik MICROMAT®/MINIMAT® EC-Servo durchgeführt werden.
In diesem Fall ist die Drehmomentmessung bereits im Schrauber selbst integriert.
EC-Servoschrauber finden z.B. immer dann Verwendung, wenn ein sicherheitsrelevantes Bauteil der Kategorie A „Gefahr für Leib und Leben“ verschraubt werden soll, für welche höchste Prozesssicherheitsanforderungen gelten.
Für EC-Schrauber und EC-Servoschrauber ist die Kontrolle und Steuerung des Drehwinkels selbstverständlich.
Messprinzipien
Für die Messung von Drehmomenten finden bestimmte Messprinzipien Verwendung. Bei der DEPRAG stützt sich die Messtechnik auf die Dehnmessstreifen-Technik (DMS) und das Piezoelektrische Messverfahren (PE). Welcher Messwertaufnehmer der Richtige ist, liegt im einzelnen Anwendungsfall begründet. Jürgen Hierold, Vertriebsleiter der DEPRAG: „Durch eine Vielzahl von Adaptionen für alle üblichen Schraubaufgaben sind wir in der Lage für jeden Anwendungsfall einen passenden Messwertaufnehmer anzubieten“. DMS-Aufnehmer gelten als besonders kostengünstig, PE-Aufnehmer überzeugen durch ihren weiten Messbereich und ihre sehr robuste mechanische Ausführung.
Dokumentation
Modernes Qualitätsmanagement verlangt mehr als nur die Prüfung des Drehmoments – die Dokumentation und Bewertung der erfassten Messergebnisse ist Pflicht. Dazu bietet der Schraubspezialist DEPRAG eine breite Palette von elektronischen Messgeräten an. Sie ermöglichen in Verbindung mit den DMS- oder PE-Aufnehmern nicht nur die korrekte Anzeige der ermittelten Werte, sondern auch ihre elektronische Speicherung und Auswertung. So können die korrekten Drehmomente der Hand- und Einbauschrauber eingestellt, überwacht und kontrolliert werden. Die Kontrolle und Kalibrierung von einem Drehmomentschlüssel ist ebenso gegeben wie die Überprüfung und Dokumentation der Montagequalität.
Die mobile Version ME5000 mit integriertem Akku und Dockingstation gestattet die flexible Handhabung direkt in der Montage. Sie lässt sich an DMS, PE- und Vorsatzaufnehmer anschließen und die Messergebnisse können durch optionale Software zum PC übertragen werden. Für den Einsatz im Messlabor ist die ME5400 entwickelt, die an einen Standard-PC angeschlossen wird. Das elektronische Messgerät leitet über USB 2.0 Schnittstelle beliebig große Datenmengen weiter, die im ASCII-Code vorliegen und somit bequem in Statistikprogrammen weiterverarbeitet werden können. Ein integriertes Kurvenanalyse-Programm ermöglicht die vollständige Schraubfallanalyse. Die Version ME5600 enthält dazu noch einen Touch-Screen und ein integriertes Netzteil. Die analoge Momentanwertanzeige ist ein weiterer Vorzug wie auch die besonders hohe Auflösung der Messdaten.
Rückführbarkeit
Mit dem akkreditierten DKD-Kalibrierlaboratorium ist die DEPRAG SCHULZ GMBH u. CO. in Amberg ein gefragter Ansprechpartner für alle Fragen des Qualitätsmanagements bei Schraubfällen. Mit ihrem Prüflabor bietet sie das vollständige Programm zur Verifizierung von Messmitteln: Werkskalibrierung beim Anwender oder sogar bei Herstellern von Druckluft- oder Elektrowerkzeugen, Werkskalibrierung mit Messprotokoll sowie die Nachkalibrierung einer vollständigen Messkette. Dagmar Hierl, DEPRAG Marketing: „In modernen Fertigungen ist es nicht nur notwendig, langlebige und zuverlässige Technik einzusetzen. Im Zuge der eigenen Zertifizierung ist es unerlässlich, diese in bestimmten Zyklen zuverlässig auf ihre Maß- und Wiederholgenauigkeit hin zu prüfen. Nur so ist die Prozesssicherheit gewährleistet“.
Pressekontakt:
Dagmar Hierl
DEPRAG SCHULZ GMBH u. CO.
Kurfürstenring 12-18
D-92224 Amberg
Tel: 09621 371-343
Fax: 09621 371-199
Email: d.hierl@deprag.de
Internet: www.deprag.com