RÖSLER-Interview für die „Leipziger Volkszeitung“

Berlin (pressrelations) –

RÖSLER-Interview für die „Leipziger Volkszeitung“

Berlin. Der FDP-Bundesvorsitzende und Bundeswirtschaftsminister, DR. PHILIPP RÖSLER, gab der „Leipziger Volkszeitung“ (Dienstag-Ausgabe) das folgende Interview. Die Fragen stellte THILO BOSS:

Frage: Herr Minister, nach dem Unglück von Fukushima hat die Bundesregierung die acht ältesten Atomkraftwerke in Deutschland vom Netz genommen. Wie es scheint, ist damit die Energieversorgung in Deutschland allen Warnungen zum Trotz doch nicht unsicherer geworden. Oder?

RÖSLER: Die Netzbetreiber haben zu Recht darauf hingewiesen, dass bei der Versorgung nach wie vor Risiken bestehen. Sie mussten im vergangenen Jahr deutlich häufiger in das Marktgeschehen eingreifen, als es noch vor einigen Jahren der Fall war. Die Lage war insgesamt beherrschbar, die Anzahl der Eingriffe zeigt aber, dass das System an der Grenze der Belastbarkeit war. Mit dem geplanten Bau neuer Stromleitungen und Kraftwerke wird sich die Lage deutlich entspannen.

Frage: Neben 2022, wenn das letzte deutsche Atomkraftwerk abgeschaltet wird, soll bei der Umsetzung der Energiewende bereits zwei Jahre zuvor ein wichtiges Etappenziel mit einem anvisierten Anteil von 35% am Endenergieverbrauch der erneuerbaren Energien erreicht werden. Ist das zu schaffen?

RÖSLER: Die Herausforderung liegt nicht nur darin, den Anteil erneuerbarer Energien zu erhöhen. Es kommt auch darauf an, die erneuerbaren Energien zügig an den Markt heranzuführen und die Förderkosten für die Stromverbraucher zu begrenzen. Denn Strom muss weiter bezahlbar bleiben. Zudem muss der Anstieg der Erneuerbaren mit dem Ausbau der Stromnetze Hand in Hand gehen.

Frage: Ein Nadelöhr bei der Energiewende bleibt der Leitungsbau. Sie haben zwar dafür ein Beschleunigungsgesetz vorgelegt. Aber der Ausbau hat in den vergangenen zwölf Monaten noch keine Fahrt aufgenommen. Wo hakt es?

RÖSLER: Die Leitungen müssen von den Bundesländern genehmigt und von den Netzbetreibern gebaut werden. Es kommt darauf an, dass die Genehmigungsbehörden die Verfahren zügig in Kooperation mit den Netzbetreibern vorantreiben. Alle Beteiligten müssen hier an einem Strang ziehen. Wir wollen aber auch die Verfahren weiter optimieren, etwa bei der Straffung der Rechtswege. Das schafft den richtigen Investitionsrahmen für die Wirtschaft. Auch europäische Vorgaben müssen geprüft werden, ob sie einem schnellen Ausbau entgegen stehen.

Frage: Der Leitungsbau kostet und wird vor allem in Ostdeutschland die Netzgebühren in die Höhe treiben. Thüringens Wirtschaftsminister Matthias Machnig hat deshalb ein bundesweites Umlageverfahren vorgeschlagen, damit der Strompreis in den ohnehin wirtschaftlich schwächeren neuen Ländern im Vergleich zur Bundesrepublik-Alt nicht überproportional steigt. Gehen Sie da mit?

RÖSLER: Hier gibt es unterschiedliche Meinungen innerhalb der Länder. Ich gehe davon aus, dass die Länder das zunächst klären.

Frage: Sie haben eine Novelle des EEG vorgelegt, in dem eine Absenkung der Einspeisevergütung für Solarstrom festgeschrieben wurde. Kritiker sagen, dies sei der Todesstoß für die Photovoltaik-Branche in Deutschland. Was sagen Sie?

RÖSLER: Es ist abwegig, einen Zusammenhang zwischen der Anpassung der Vergütung und der Lage der Solarbranche herzustellen. Das zeigt auch der hohe Zubau bei Photovoltaik im ersten Quartal 2012, von dem alle Experten ausgehen. Die Gründe sind andere. Der internationale Wettbewerb ist intensiver geworden. Damit einher gehen massive Überkapazitäten und deutlich fallende Preise. Dadurch, dass die Branche nun stärker an den Markt herangeführt wird, werden die Voraussetzungen für innovative Produkte geschaffen. Das ist der richtige Weg, um die Unternehmen im internationalen Wettbewerb zu stärken. Damit können auch neue, zukunftsfähige Arbeitsplätze entstehen.

Frage: Sollten die 35 Prozent Anteil der Erneuerbaren in 2020 und die 80 Prozent in 2050 umgesetzt werden, welche Rolle spielt dann noch die Braunkohleverstromung?

RÖSLER: Der dynamische Ausbau der erneuerbaren Energien ist wesentlicher Bestandteil der Beschlüsse zur Energiewende. Um eine sichere Energieversorgung gewährleisten zu können, werden wir aber auch langfristig fossile Energien nutzen müssen. Dies kann auch die Braunkohle und auf ihr aufbauende neue Technologien (beispielsweise CCS) betreffen. Braunkohle muss sich dabei jedoch dem Wettbewerb mit anderen Energieträgern, etwa dem Erdgas, stellen.

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