Blutleere Sprache der Political Correctness ist nicht authentisch
Von Ansgar Lange +++ Der Aufstieg der „Alternative für Deutschland“, der Brexit oder jüngst der Sieg von Donald Trump bei den amerikanischen Präsidentenwahlen: In der letzten Zeit häufen sich Ereignisse, die so nicht von der Elite in Politik und Publizistik vorhergesagt wurden und ihr offenkundig auch nicht ins Konzept passen. „Es gibt sehr gute Gründe, diese drei Phänomene nicht für besonders erfreulich zu halten. Ja, ihnen ist gemeinsam, dass sich eine große Zahl der Bürger mittlerweile wenig rational verhält. Anstatt aber weiter zu machen wie bisher, sollten wir darüber nachdenken, welche Lehren wir hieraus ziehen können“, sagt der Stuttgarter Personalexperte Michael Zondler vom Beratungsunternehmen CENTOMO http://www.centomo.de
Ulf Poschardt, Chefredakteur der Tageszeitung „Die Welt“, sagt: „Die deutschen Eliten brauchten diesen Trump-Schock“. Politik und Publizistik in Deutschland stünden „vor den Scherben ihrer Weltanschauung“. Der Bezug zur Realität sei ihnen verlorengegangen. Trump war auch deshalb so erfolgreich, weil er sich der „stalinistischen politischen Korrektheiten der Elite-Unis“ konsequent verweigert und so gesprochen hat, dass ihn auch „einfache“ Wähler verstehen.
Der Publizist Jan Fleischhauer hat jüngst ebenfalls Alarm geschlagen, dass wir uns hin zu einer Gesellschaft der „Pussys“ bewegen http://www.spiegel.de/politik/ausland/narzissmus-und-politik-heulsusen-alarm-kolumne-a-1117993.html (wobei er Trump – im Gegensatz zum Beispiel zum Trump-Befürworter Clint Eastwood – ausdrücklich auch als Narzissten und wehleidige „Heulsuse“ sieht). „Wenn jedes Wort auf die Goldwaage gelegt wird, stirbt jede Inspiration und Innovation. Wir reden uns gerne ein, dass wir quasi im freiesten Deutschland aller Zeiten leben. Dabei werden doch Interviews mit Führungskräften in der Wirtschaft oder Politikern so lange glatt gebügelt und tot redigiert, dass jegliche Spannung, jeglicher Geist und Witz flöten geht“, so Zondler.
Um zum Beispiel als Sexist durchzugehen, genüge es inzwischen auch in Deutschland, dass man einer sexistischen Äußerung nicht entschieden genug widersprochen habe, so Fleischhauer. „“Rein optisch wäre sie ein Gewinn“, heißt es über eine Parteifreundin in einem E-Mail-Austausch zwischen dem CDU-Generalsekretär Peter Tauber und weiteren Funktionären, der hohe Wellen geschlagen hat. Nicht Tauber hat das geschrieben, sondern ein anderer. Aber Tauber hat nicht protestiert, unter anderem deshalb steht er am Pranger.“ Die Schere im Kopf und die Angst, verbal ins Fettnäpfchen zu treten, lege sich mittlerweile wie Mehltau auf das Land, meint der CENTOMO-Chef. „Die Menschen spüren, dass die Vertreter der Elite in Politik, Wirtschaft und Gesellschaft häufig so sprechen, dass sich auch ja niemand auf den Schlips getreten fühlt. Dadurch wirkt diese blutleere Sprache nicht authentisch. Mitarbeiter in Unternehmen können sich nicht mit Managern identifizieren, die nur geklonte Sprechblasen von sich geben. Und der Graben zwischen Politikern und Wählern wird immer größer, je mehr diese Angst haben müssen, dass Medien aus einer Mücke einen Elefanten machen. Der damalige Kanzlerkandidat Peer Steinbrück stand damals schwer unter medialem Beschuss, weil er Silvio Berlusconi einen Clown genannt hat. Wie heuchlerisch war das damals! Es ist doch pervers, wenn eine Mehrheit der Menschen – und auch der Journalisten – eigentlich das Gleiche denkt wie ein Politiker, man ihm aber aus irgendwelchen herbeigeholten Gründe der Politischen Korrektheit einen Strick drehen will. Ein normaler Diskurs ist dann nicht mehr möglich, wenn wir mehr auf die Form als auf den Inhalt schauen“, so Zondler.
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