SHB Vermittlerhaftung zeigt deutliche Fragezeichen auf?

Wer im Rahmen einer Internetsuche bei Google das Stichwort „SHB Fonds“ eingibt, der stößt auf eher reißerisch gehaltene Schlageworte wie „Anlegerschutzverein“, „Soforthilfe für geschädigte Anleger“, „Exitstrategie“ und auf eine Welle an kostenpflichtigen Werbeanzeigen. Die einstmals von der SHB umworbenen und inzwischen reichlich geschädigten Anleger werden nun von der Anwaltschaft umworben. Ein Teil der umworbenen „Exitstrategie“ besteht darin, den bei Vertragsunterzeichnung aufgetretenen Vermittler auf Schadensersatz zu verklagen. Sowohl Anleger, als auch Vermittler, fragen sich nun, ob die Haftung für den Schaden tatsächlich besteht? Die Antwort von ilex Rechtsanwälte, setzt deutliche Fragezeichen zur Vermittlerhaftung und fällt differenziert aus. In einer ganzen Reihe von Urteilen wurde die Haftung des Vermittlers nämlich inzwischen verneint.

                                                

Was war bei der SHB geschehen?

 

Einige der SHB Fonds gerieten im Jahre 2012 in den Strudel der mutmaßlich betrügerisch agierenden Angeklagten rund um Stephan Schäfer und Jonas Köller (S&K Skandal). Fast alle Anleger erhielten per 28. Januar 2013 ein Schreiben des inzwischen ebenfalls angeklagten Geschäftsführers der SHB Marc Christian Schraut, der schon kurz darauf in Untersuchungshaft geriet. Dieses Schreiben warf in der Tat im Hinblick auf die unternehmerische Integrität der beteiligten Herren berechtigte Fragen auf. Doch diese Vorgänge aus dem Jahre 2012 und 2013 sind derzeit Gegenstand der strafrechtlichen Beurteilung einer Wirtschaftsstrafkammer des Landgerichtes Frankfurt am Main. Mit der Vermittlungsleistung von Anlageberatern viele Jahre vorher hat das aber nichts zu tun. Oder anders ausgedrückt: für einen Schaden, der im Jahre 2012 durch das Handeln der mutmaßlich betrügerisch agierenden Herren Schäfer, Köller, Schraut etc. ausgelöst wurde, kann ein Anleger nicht den Vermittler in Haftung nehmen. Aussichten auf Erfolg hat der Anleger vielmehr nur, wenn er das konkrete Beratungsverschulden beim Abschluss der Kapitalanlage nachweist und die Sache zudem nicht verjährt ist. Das aber setzt in der Regel einen Vortrag und einen Beweisantritt am konkreten Einzelfall voraus, der offensichtlich nicht immer von den klagenden Anlegern geleistet wird.

 

Die Entscheidung des Bundesgerichtshofes zur Vermittlerhaftung

 

Das Landgericht Hamburg sah schon im Jahre 2008 die auf Beratungsverschulden gestützte Klage (betraf u. a. die SHB Innovative Fondskonzepte AG & Co. Objekte Fürstenfeldbruck und München Fonds KG) gegen einen freier, nicht bankmäßig gebundener Anlageberater ab (LG Hamburg, Urt. v. 11.07.2008 – 322 O 189/07), da dem Klägerin kein Schadensersatzanspruch aus Falschberatung zustehen würde. Die Entscheidung wurde zwar später vom Oberlandesgericht Hamburg aufgehoben und dem Schadensersatzbegehren stattgegen. Die Entscheidung des Oberlandesgerichtes Hamburg wurde aber im Anschluss daran vom Bundesgerichtshof wieder aufgehoben und die Sache zurückverwiesen. Der Bundesgerichtshof legte dar, dass ein „freier, nicht bankmäßig gebundener Anlageberater nicht verpflichtet“ sei, „den Kapitalanleger ungefragt über ihm zufließende Vertriebsprovisionen aufzuklären, wenn der Anleger selbst keine Provisionen an den Berater zahlt und offen ein Agio oder Kosten für die Eigenkapitalbeschaffung ausgewiesen“ werde. Allerdings treffen den Anlageberater die generelle Pflicht, im Rahmen der objektgerechten Beratung unaufgefordert über Vertriebsprovisionen Aufklärung zu geben, wenn diese eine Größenordnung von 15% des von den Anlegern einzubringenden Kapitals überschreitet und etwaige irreführende oder unrichtige Angaben zu Vertriebsprovisionen zu unterlassen (BGH, Urt. v. 05.052011 – III ZR 84/10)

 

Die Entscheidung des Landgerichtes Magdeburg zur Vermittlerhaftung

 

Das Landgericht Magdeburg hatte im Jahre 2012 einen Fall zu beurteilen, bei dem der Anleger sowohl gegen die Emittentin der Kapitalanlage (hier die SHB Innovative Fondskonzepte GmbH & Co. Altersvorsorgefonds KG), als auch gegen den freien, nicht bankmäßig gebundenen Anlageberater vorging (Az. 9 O 2210/10 (562). Nachdem das Gericht in der mündlichen Verhandlung den Hinweis erteilte, dass der Schadensersatz begehrende Kläger mit seiner Klage gegen den Vermittler „in der Hauptsache keinerlei Aussichten auf Erfolg habe“, nahm der Kläger die Klage zurück.

 

Aus diesem Verfahren nun die generelle Aussage abzuleiten, alle Klagen gegen den Vermittler seien stets unbegründet, ist so nicht richtig. Genauso falsch ist es aber auch, jedem geschädigten Anleger pauschal die Vermittlerhaftung zu empfehlen. Die Entscheidung des Landgerichtes Magdeburg ist vielmehr eine Einzelfallentscheidung, bei dem der anspruchsbegehrende Anleger schlechte Karten hatte, weil sein Sachvortrag nicht einmal im Ansatz für eine Vermittlerhaftung reichte und das Landgericht zudem davon ausging, dass der Anspruch bei einer Zeichnung im Jahre 2006 ohnehin inzwischen verjährt war.

 

Die Entscheidung des Landgerichtes Potsdam zur Vermittlerhaftung

 

Das Landgericht Potsdam entschied per Urteil vom 12 O 122/15 gegen den klagenden Anleger, dass der Anspruch auf Schadensersatz wegen eines behaupteten angeblichen Anlageberatungsverschuldens bei einer Zeichnung im Jahre 2007 verjährt war und die Verjährung auch schon abgelaufen war, als der Anleger erstmals im Jahre 2015 Klage erhob. Der verjährte Anspruch konnte insofern nicht mehr durch die verspätete erhobene Klage gehemmt werden. Auch diesmal ging es um eine Anlage bei der SHB Innovative Fondskonzepte GmbH & Co. Altersvorsorgefonds KG.

 

Dr. Ulrich Schulte am Hülse
Rechtsanwalt und Fachanwalt
für Bank und Kapitalmarktrecht

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