Sigmar Gabriel zum 20. Todestag von Herbert Wehner
Der Vorsitzende der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands Sigmar Gabriel würdigt den vor 20 Jahren verstorbenen SPD-Politiker Herbert Wehner mit folgenden Worten:
Am 19. Januar 1990 verlor die SPD durch den Tod von Herbert Wehner eine der prägendsten Persönlichkeiten ihrer Nachkriegsgeschichte. Herbert Wehner wurde am 11. Juli 1906 in Dresden als Kind einer Arbeiterfamilie geboren. Nach einer kaufmännischen Ausbildung begann er früh mit dem politischen Engagement. Zunächst in der SPD-Jugendorganisation und dann der Anarchistischen Jugend aktiv, schloss sich Herbert Wehner 1927 der KPD an. Nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten leistete er in der Illegalität Widerstand, bevor er 1935 nach Moskau floh. Herbert Wehner gehörte dort bis 1941 der Exilführung der KPD an. Mit dem Kommunismus brach er jedoch, nachdem ihn ein Parteiauftrag ins neutrale Schweden führte.
Nach seiner Rückkehr nach Deutschland 1946 schloss sich Herbert Wehner der SPD an. Er wurde rasch einer ihrer wichtigsten Köpfe. In seiner Zeit als stellvertretender Parteivorsitzender von 1958 bis 1973 war er es, der die Parteiorganisation umbaute und die SPD auf die Regierungsverantwortung vorbereitete. Wehner trug zur Durchsetzung des Godesberger Programms bei, bekannte sich 1960 in einer aufsehenerregenden Bundestagsrede zur Westbindung der Bundesrepublik und ebnete so den Weg zur Koalitionsfähigkeit der SPD, zunächst in der Großen Koalition mit der CDU (1966-1969) und dann in der sozialliberalen Koalition unter den Kanzlern Willy Brandt (1969-1974) und Helmut Schmidt (1974-1982).
Als Fraktionsvorsitzender der SPD von 1969 bis 1983 wurde Herbert Wehner für seine Nachfolger in diesem Amt zum Maßstab, für manche auch zum Vorbild. Oft als „Zuchtmeister“ bezeichnet, sorgte er dafür, dass die Abgeordneten auch bei den zeitweise knappen Mehrheiten der sozial-liberalen Koalition hinter ihrer Regierung standen.
Der Öffentlichkeit bleibt Herbert Wehner als scharfzüngiger, manchmal auch verletzender Debattenredner in Erinnerung. Seine Biographie hatte ihn gelehrt, dass Politik kein Spiel ist, sondern der Ernstfall, bei dem es um Menschen geht. Wehner war über 33 Jahre hinweg einer der fleißigsten Parlamentarier. Sein Ausscheiden aus dem Parlament nach der Bundestagswahl 1983 beendete nicht allein für die deutsche Sozialdemokratie eine Ära.
Herbert Wehner war zeitlebens und nach seinem Tode scharfen Angriffen von politischen Gegnern und Journalisten ausgesetzt. Er ist kein einfaches Vorbild. Wehner hat die politischen, ideologischen wie menschlichen Wege und Irrwege des 20. Jahrhunderts miterlebt und mit erlitten – und dabei auch Fehler begangen. Doch er hat sich nicht enttäuscht von der Politik abgewandt. Herbert Wehner hat seine Erfahrungen und seine Kraft in den Dienst der zweiten deutschen Demokratie gestellt und Verantwortung für das Land übernommen. Was er beitragen wollte, hat er 1964 so zusammengefasst: „Helfen. Und arbeiten und nicht verzweifeln. Und auch die skeptischen Leute die Erfahrung erleben lassen, dass es mit Ehrlichkeit geht.“
„Onkel Herbert“, wie ihn sozialdemokratische Parlamentarier lange Zeit respektvoll nannten, verbrachte die letzten Lebensjahre schwer krank. Er starb heute vor zwanzig Jahren in Bonn.
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